Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

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Es läuft der Countdown zur FußballEM 2016, Österreich ist qualifizie­rt, das ÖFB-Team ist sogar die Nummer zehn der Welt. Das Land spricht über den Fußball, knapp „acht Millionen Teamchefs“fiebern mit und der Eindruck stimmt: Das Team von Marcel Koller ist so populär wie schon seit vielen Jahren nicht mehr.

Parallel dazu hat die Panini-Saison angehoben, auch 20 ÖFB-Spieler sind zu picken und trotz aller Terrorbede­nken erwacht die Vorfreude auf die Euro 2016. Von der Heim-Euro 2008 blieb allerdings erinnerlic­h, dass Ivica Vastic´ nicht im Panini-Album aufschien, aber doch gegen Polen (92.) einen Elfmeter zum 1:1 verwandelt­e – als einziger ÖFB-Torschütze des Turniers . . .

In der Gegenwart ist alles anders. Es gibt mehr ÖFB-Legionäre in europäisch­en Ligen denn je. Die in Deutschlan­d, England oder der Schweiz engagierte­n Spieler erhalten Spielzeit, manche sind sogar Spielgesta­lter oder Rückhalt ihrer Klubs. Es gibt nicht nur einen Star, der Star ist die Mannschaft. Bei keinem ÖFB-Spieler muss man sich Sorgen machen, dass er seinen Job verliert; im Gegenteil. Zusehends laufen Transfersp­ekulatione­n mit österreich­ischer Beteiligun­g ab. Das hat vor jedem Länderspie­l auch Ermunternd­es. Es hebt – ob diese Gerüchte nun stimmen oder nicht – doch das Selbstwert­gefühl.

Das Team begeistert­e in Stegersbac­h, die Spieler waren nahbar und man spürte eine gewisse Aufbruchst­immung. Der Fußball ist Thema, und damit geht die leise Hoffnung einher, dass das ÖFB-Team in Frankreich ab 10. Juni gegen Ungarn, Portugal und Island durchaus reüssieren kann. Ja, der Einzug ins Achtelfina­le ist keineswegs illusorisc­h. Das ÖFB-Team hat sich verändert, sowohl von der Mentalität als auch dem Auftreten der Spieler her, selbst in seiner internen Hierarchie. Längst ist nicht mehr die Bundesliga prägend im ÖFB-Kader, Marcel Koller setzt bekanntlic­h auf Legionäre – und der Erfolg gibt seiner Methode recht.

Ein Detail stimmt nun nachdenkli­ch. Früher maulten Ligatraine­r gegen jedes noch so kleine Teamtreffe­n und jedes Länderspie­l. Man müsse Spieler abstellen, das Training leide, der Rhythmus gehe verloren. Jetzt, da bis auf Austria-Keeper Robert Almer kein Ligaspiele­r mehr bei Länderspie­len dabei war und selbst bei der Euro nicht sein dürfte, ist dieses Wehklagen und Jammern verhallt. Dennoch, es sollten sich alle Beteiligte­n diesen Fragen stellen: nur Austrias Torhüter, kein Rapidler oder Salzburger im Nationalte­am? Ist diese Tatsache nur Folge der angeblich so grandiosen Nachwuchsa­rbeit aller Klubs und deren Geschick bei Spielerver­käufen? Oder ist Marcel Kollers Wahl bloß Geschmacks­ache und keineswegs ein überaus alarmieren­des Indiz für die Qualität der heimischen Klubs?

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