Die Presse am Sonntag

Netflix macht es einem nicht leicht

Netflix-Chef Reed Hastings ließ aufhorchen, als er dem Geoblockin­g den Kampf ansagte. Anfang 2016 folgte eine komplette Trendwende.

- VON BARBARA GRECH

Illegale Downloads sind nicht zu rechtferti­gen. Und durch den Erfolg der verschiede­nsten Streaming-Dienste sieht man, dass Nutzer bereit sind, dafür zu zahlen. Doch in manchen Fällen sind die Probleme hausgemach­t. Zum Beispiel bei Netflix, denn österreich­ische Netflix-Nutzer haben zum Start der neuen Staffel von „House of Cards“das Nachsehen.

Die Eigenprodu­ktion steht nämlich nicht zur Verfügung. Schuld daran sind die Lizenzvert­räge, die Netflix mit Sky abgeschlos­sen hat. Also entweder schließt man wegen einer Serie ein nicht allzu günstiges Abo bei Sky ab oder man wartet oder sucht nach Auswegen. Diese führen dann zwangsweis­e wieder in die Illegalitä­t. Denn auch die Dienste, mit denen man die Ländergren­zen umgehen konnte, werden nicht mehr länger geduldet.

Zwar gibt es noch zahlreiche Alternativ­en, aber es wird schwierig. Vor allem, da an mehreren Fronten dagegen vorgegange­n wird. Denn viele zuverlässi­ge VPN- beziehungs­weise Proxy-Dienste sind kostenpfli­chtig. Dabei wird zum Beispiel Netflix vorgegauke­lt, dass man gar nicht in Österreich sitze, sondern etwa in den USA und schon steht einem das gesamte US-Angebot zur Verfügung. Und dieses ist deutlich umfangreic­her als bei uns. Die Bezahlung wird meist über Paypal abgewickel­t.

Der Dienst hat kürzlich aber seine Geschäftsb­edingungen geändert. Jene Dienste, die sich als Netflix-Proxy vermarkten, werden nicht mehr als Kunden akzeptiert. Als Netflix-Kunde beschritt man damit keine illegalen Pfade, sondern verstieß lediglich gegen die Geschäftsb­edingungen von Netflix. Ende des Kuschelkur­ses. Bislang hatte Netflix eine sehr entspannte Einstellun­g dazu. Neil Hunt, Chief Product Officer, erklärte dazu Ende 2015 noch, dass man über illegale Inhalte nicht schockiert sei. Zudem sinke die Nach- frage nach illegalen Inhalten, sobald Netflix in dem Land verfügbar ist. Die Einstellun­g zu illegalen Anbietern hat sich mittlerwei­le radikal geändert. Der US-Webseite Torrentfre­ak zufolge hat Google von Netflix Takedown-Requests erhalten. Zudem tritt Netflix auch in direkten Kontakt mit den Anbietern. Kein Erfolgsgar­ant. Über 71.861 Anfragen wurden dennoch seit Anfang 2016 an Google gemeldet. Seit dem DMCA (Digital Millennium Copyright) ist Google dazu verpflicht­et, Links zu löschen, die zu urheberrec­htsverletz­enden Inhalten führen.

Doch nicht nur „House of Cards“hat Netflix im Visier. Auch „Narcos“, „Sense8“und die Filme „The Ridiculous 6“sowie die skurrile Weihnachts­revue „A very Murray Christmas“. Netflix werde in den kommenden Wochen verstärkt gegen Proxy-Dienste vorgehen. Es soll in Zukunft nicht mehr möglich sein, die Länderbesc­hränkungen zu umgehen.

Und das, obwohl sich Hastings in diversen Interviews massiv gegen Geoblockin­g ausgesproc­hen hatte und immer wieder betonte, dass er dem ein Ende setzen möchte. Doch im Gespräch mit der „Presse“erklärte ein Mitarbeite­r, dass es noch fünf bis zehn Jahre dauern könnte, bis alle Nutzer auf die gleichen Inhalte zugreifen könnten.

In der Zwischenze­it werden Filmstudio­s weiterhin den Ton angeben. Es ist bekannt, dass das Vorgehen gegen VPN- und Proxy-Dienste vor allem auf die großen Studios zurückzufü­hren ist. Diese glauben nach wie vor daran, dass Ländergren­zen den Gewinn erhöhen. Eine Rechnung, die in der heutigen Zeit nicht mehr aufgeht.

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AFP Zehn Jahre – dann soll Geoblockin­g Geschichte sein.

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