Brennheißer Frühling im Ennstal
Frühling und Winter spielten in diesem März Katz und Maus im Ennstal. In der Polizeiinspektion Schladming saß Anna Bergmann mit den drei anderen Mitgliedern der Kriminalgruppe und hörte dem Sohn einer toten Frau zu. Es war seit einer Stunde Frühling.
„Als Roswitha am frühen Morgen die Schlafzimmertüre öffnete, schlug ihr dicker Rauch entgegen. Sie schrie laut um Hilfe, und ich rannte aus meinem Zimmer und zog sie ins Freie. Dann rannte ich zurück und entdeckte, dass meine kranke Mutter in ihrem Bett lag und nicht mehr atmete. Ich rief sofort die Rettung an. Es war alles so schrecklich.“
Die Rettung hatte auch die Polizei angerufen. Revierinspektorin Erika Müller hatte berichtet, dass der Arzt den Tod durch Rauchgasvergiftung bestätigt hatte. Die drei Fenster seien bei ihrem Eintreffen noch fest verschlossen gewesen. Die Ursache des tödlichen Unglücks sei eine brennende Kerze gewesen, der Brand war mangels Sauerstoff erloschen. Es war nicht der erste Fall in diesem Winter im Lande Steiermark. Die Batterie des Rauchmelders war leer gewesen.
Alles hatte so klar nach einem Unglück mit tödlichem Ausgang ausgesehen, dass Anna sich geniert hatte, Nachforschungen anzuordnen. Sie hatte Sohn und Pflegerin unter die Lupe nehmen lassen, den nicht unbeträchtlichen Reichtum der Toten herausfinden lassen – eine Million auf der Bank, das zwar kleine, aber sehr schmucke Haus in bester Sonnenlage war auch seine halbe Million wert. Teurer Schmuck lag im Depot, nicht unvorsichtig daheim. Als geizig galt die Tote auch. Sohn und Pflegerin hatten in ihrem bisherigen Leben keinen Zugang zum Wohlstand gefunden. Sie schlitterten so zwischen unten und noch weiter unten hin und her.
„Aber deshalb sind sie keine Mörder“, hatte Annas Stellvertreter, Hannes Trinkl, entgegengehalten. „Natürlich nicht“, hatte Anna geantwortet, „aber wir sollten die Unschuldsvermutung bestätigen.“Wir fragen sie deshalb so ausführlich, hatte Anna dem Sohn und der Pflegerin erklärt, damit sie den Gerüchten der Leute erhobenen Hauptes entgegentreten können. Deshalb saß nun Sohn Georg Hütten-
HONIGWABE
Günter Lehofer
war Politikredakteur in der „Kleinen Zeitung“. In der Pension begann er, Krimis zu schreiben. Sein erster liegt nun vor: „Anna und die Südwand“, ein Schladming-Krimi. Besonders freut ihn, dass es ihm gelungen ist, eine Frau als Kommandantin einer Polizeiinspektion durchzusetzen.
www.krimiautoren.at brenner ihnen gegenüber. Draußen wartete Roswitha Angerer, die Pflegerin, auf ihren Auftritt.
„Wie können sie sich erklären, dass der Rauchmelder nicht angeschlagen hat?“, wollte Erika Müller wissen. „Ich vermute, dass die Batterie leer war. Vor ein paar Monaten gab es einen ähnlichen Vorfall und auch keinen Alarm. Roswitha und ich bemerkten die Rauchentwicklung und konnten rasch eingreifen. Aber meine Mutter wollte keine neue Batterie. ,Die alte lebt länger als ich‘, hat sie geantwortet. So war sie, meine Mutter“, betonte Georg und schaute überzeugend treuherzig drein.
„Sie sollen einen Riesenstreit mit ihr gehabt haben, weil ihre Mutter die Reparatur ihres Autos nicht zahlen wollte“, las Revierinspektor Peter Pihorner aus seinen Unterlagen vor. „Ach, das Zeug haben sie also auch gehört. Wahrscheinlich von der Nachbarin gegenüber. Das war ganz anders. Ich brauchte das Auto, um die Besorgungen für meine Mutter machen zu können. Nachdem ich ihr das erklärt hatte, zahlte sie ohne Widerrede.“
Anna hatte das Gegenteil gehört. Sie schickte Georg hinaus und rief Roswitha Angerer herein. Im Gegensatz zu Georg, der höchst nachlässig gekleidet und körperlich ungepflegt gewesen war, entpuppte sich Roswitha Angerer als modisch angehauchte Mittdreißigerin. „Ich möchte zuerst sagen, dass ich nur aus Freundschaft zu meinem Schulkollegen Georg bereit war, die äußerst schwierige Patientin zu pflegen. Sie hat ständig genörgelt. Gezahlt hat sie auch miserabel. Als ob ich eine illegale Rumänin gewesen wäre.“
„Sie sollen ein Verhältnis mit Georg haben.“Revierinspektorin Erika Müller schlug zu. „Hätte er gern. Mit so einem Nulltypen will ich nichts zu tun haben.“„Aber beim Tod der Mutter würde er ein wohlhabender Mann sein.“Erika ließ nicht locker.
„Andere Leute sagten, dass sie ihm schöne Augen machten.“„Absoluter Blödsinn.“„Sie waren vor vier Wochen im Dienst, als ein Feuerwehrmann die alte Frau besucht hat.“„Es war der Mayer Sepp. Was sie geredet haben, weiß ich nicht. Die Frau hat mich hinausgeschickt, und die Türe schließt fast schalldicht. Deshalb haben wir nichts gehört und nichts gerochen, als sie im Rauch erstickt ist.“
BUCHSTABENBUND
„Georg Hüttenbrenner hat erzählt, dass schon einmal die Kerze gebrannt hat?“„Einmal? Mehrmals. Aber sie war so uneinsichtig.“„Sie haben Georg erzählt, dass der Feuerwehrmann auf Besuch war?“„Nein, wozu?“Vor dem Fenster der Polizeiinspektion begann der nächste Wintereinbruch mit kräftigen, feuchten Schneeflocken. Es würde wieder einige Stunden bis zum nächsten Frühling dauern.
„Es gibt einen Vertrag bei einem Notar in Liezen, dass sie das kleine Haus am Sonnenhang bekommen würden, wäre die alte Frau nur einmal unter der Erde.“Roswitha antwortete körpersprachlich empört auf Annas Information. „Frau Kommandantin, meinen sie im Ernst, dass ich mich von der alten Frau wie eine Sklavin behandeln lasse und von ihrem halb verrückten Sohn betatscheln, ohne dass ich auch etwas bekommen würde?“
Anna entschied, dass nun Georg dazukommen sollte. Er kam herein, begrüßte Roswitha auf das freundlichste, diese reagierte stark ablehnend. Georg schien verwirrt. Anna ließ ihm keine Zeit. „Der Feuerwehrmann Sepp Mayer hat ausgesagt, er habe im Auftrag von Frau Hüttenbrenner vor drei Wochen die Batterie beim Rauchmelder ausgetauscht.“
„Mir hat das falsche Biest hier erzählt, meine Mutter habe die neue Batterie abgelehnt.“„Ich habe dir überhaupt nichts erzählt“, schlug Roswitha zurück. „Aber wir wollten doch mit dem Geld meiner Mutter weg von Schladming und ein neues Leben beginnen!“„Aber nicht mit dir.“
„Dann hast du meine Gutmütigkeit ausgenützt und meine Mutter umgebracht, und nun willst du das mir in die Schuhe schieben.“Anna fand, dass es genug sei. „Ich werdet beide längere Zeit nicht wegfahren.“
Wie sah Anna den Tathergang? Lösung der vergangenen Woche: Lizzy, die Kellnerin, hatte als Einzige einen wirklich unauffälligen Zugang zur Colaflasche mit der Fliege. Sie wusste außerdem, dass ihr Freund Bruce bewusst verlieren und Franz gegen Stevie gewinnen würde, würde dieser seines Talismans verlustig gehen und dadurch beim Spiel unsicher werden.
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