Das Leben – ein Witz
In seinem Roman »Kommt ein Pferd in die Bar« lässt David Grossman einen Stand-up-Comedian sein Leben erzählen – fesselnd bis zum Schluss. Seit Antoine Watteaus berühmtem Gemälde des Harlekins steckt das Bild des traurigen Clowns in unseren Köpfen. Der Clown in David Grossmans Buch, Dovele Grinstein, Stand-up-Comedian, ist nicht nur melancholisch, sondern auch zornig. Mit großen Gesten schmettert er Zoten und zynische Kommentare ins Auditorium. Willkürlich brüskiert er die Zuschauer, gleich darauf verbrüdert er sich mit ihnen. Um seine Wirkung auf das Publikum mit fremden Augen zu sehen, bittet er einen Jugendfreund, eine Vorstellung zu besuchen und zu berichten, was er gesehen habe. Doch dieser Freund ist nicht der Einzige aus Doveles Vergangenheit. Eine ehemalige Nachbarin bringt Dovele aus dem Konzept, und statt des geplanten, hundertmal gespielten Auftritts folgt eine beklemmende Lebensbeichte.
Grossmans Buch ist in vielem erstaunlich. Die Reden Doveles entwickeln einen Sog, dem sich weder das Publikum im Buch noch die Leser entziehen können. Obwohl sich alles in uns sträubt, sehen wir der Selbstdemontage dieses Mannes gebannt zu. Das liegt auch an der Art des Schreibens. Unter der derben Oberfläche harren poetische Schilderungen, treffende Wortkreationen. Die Sprache spiegelt, was mit dem Publikum passiert: ein Oszillieren zwischen Abstoßung und Anziehung. Zum anderen ist in diesem Roman der Icherzähler nicht die Hauptfigur. Der Icherzähler ist jener Freund – ein passiver Zuschauer. Was für eine gelungene Metapher dafür, dass das Ich gar nicht so wichtig ist. cle David Grossman: „Kommt ein Pferd in die Bar“, übers. von Anne Birkenhauer, Hanser, 252 S., 19,90 Euro.