»Auch die Bilder in der ›Vogue‹ sind reine Fantasie«
Seine Bil©er seien Mo©efotos in©igener Völker, sŻgen Kritiker. WŻs ist schlecht ©ŻrŻn?, frŻgt Jimmy Nelson. Er will Menschen voll Stolz un© St´rke zeigen – Żus DŻnk für ©eren N´he un© Leãen©igkeit. DŻs hŻt Żuch mit seiner eigenen Geschichte zu tun.
Ganz früh am Morgen, Fische schwimmen im klaren, türkisfarbenen Wasser, Palmen leuchten im Licht der aufgehenden Sonne im Hintergrund. Stolz posieren die drei Jäger mit weiß bemaltem Oberkörper, Pfeil und Bogen in der Hand. Eine Woche, sagt Jimmy Nelson, habe er auf das ideale Licht gewartet, um die Männer vom Volk der Ni-Vanuatu so in Szene zu setzen. Es ist ein romantisches, idealisiertes Setting, an einem ohnehin schon idealisierten Ort: Vanuatu besteht aus 83 Inseln im Südpazifik, und er glaube, sagt Nelson, dass er auf der Welt keinen Ort gebe, „wo es so sauber ist wie hier. Kein Flöckchen Plastik weit und breit.“
Es sind Bilder wie dieses aus der Südsee, die Jimmy Nelson bekannt gemacht haben. Es sind auch Bilder wie dieses, die ihm Kritik eingebracht haben. Als „anmaßenden Quatsch“bezeichnete etwa Stephen Corry, Direktor der Hilfsorganisation Survival, die sich um indigene Völker kümmert, Nelsons Fotoprojekt „Before They Pass Away“, für das er mit einer 50 Jahre alten Plattenkamera mehrere Jahre um die Welt gereist ist. Und: Die Aufnahmen würden eher an High Fashion erinnern als an die Realität.
„Auf eine gewisse Art sind es ja wirklich Modebilder“, sagt Nelson selbst über seine Arbeit mit Gauchos in Südamerika, indonesischen Dani, Himba in Afrika. „Aber es ist ihre eigene Mode, ihre Identität, ihr Stolz.“Und ja, er gebe den Menschen Zeit, sich in Szene zu setzen. „Sie wären auch nicht glücklich, wenn ich Sonntagfrüh bei Ihnen läute, Sie noch einen Hang-over vom Vortag haben und ich Sie einfach fotografiere. Und wenn Sie aufs Cover des ,Time Magazine‘ kommen, holt man die besten Fotografen und braucht Stunden, um sie mit einem optimalen Foto zu feiern.“Die Menschen feiern, das will Jimmy Nelson mit seinen Bildern, „sie auf ein Podest heben“. Und nein, Reportagefotografie sei das natürlich nicht, genauso wenig wie eine Studie in Anthropologie oder Ethnologie.
Jimmy Nelsons Arbeit versteht man wohl am besten durch einen Blick auf seine eigene Biografie. Aufgewachsen ist der Sohn eines britischen Geologen in Entwicklungsländern auf der ganzen Welt, in Afrika, Asien, Südamerika. Sein Vater arbeitete in der Ölindustrie, führte Voruntersuchungen für Bohrungen durch. „Sehr autistisch“, sagt Nelson über ihn, „intellektuell, er sprach 15 Sprachen, aber hat nur sehr schlecht kommuniziert.“Er selbst habe Elemente des väterlichen Autismus geerbt. „Aber er war fasziniert von der Welt im Kontext der Natur, ich bin fasziniert von der Natur in Bezug auf die Menschen.“
Zwei Erlebnisse in seiner Kindheit, sagt der 48-Jährige, hätten sein späteres Leben geprägt. Mit sieben wurde er auf ein katholisches Internat geschickt. „Ich tauchte dort mit einer Schachtel mit Bildern meiner Freunde auf und wurde sofort gemobbt. Die anderen Buben haben mich in eine Schublade gesteckt: Als einen, der schwarze Leute mag. Ich hatte keine Ahnung, was los war. Für mich waren sie nicht schwarz, sondern meine Freunde.“Dass Missbrauch durch die Priester gang und gäbe war, trug auch nicht gerade zu einer entspannten Atmosphäre bei.
Das zweite einschneidende Erlebnis hatte er mit 16. Seine Familie lebte Ein Kasache in der Mongolei, Himba in Namibia, ein Mädchen der Rabari in Indien (von links). damals in Sierra Leone, Nelson war krank, er hatte zerebrale Malaria, wurde nach den Ferien trotzdem zurück ins Internat geschickt. Dort, am nächsten Morgen, sah er in den Spiegel und war kahl. Die Kombination aus Stress und Krankheit, glaubt er, habe den plötzlichen, totalen Haarverlust, im Fachjargon Alopecia totalis, ausgelöst. Dass er „immer noch der gleiche Jimmy“sei, wusste er zwar irgendwann selbst, aber die Außenwelt zweifelte. „Für sie war ich jetzt jemand anderer.“ Flucht nach Tibet. Bei der ersten Gelegenheit verschwand er nach Tibet, allein und auf eigene Faust. Weil er dort in der Menge junger Burschen ohne Haare untertauchen konnte, ohne dass man ihn für krank oder einen Skinhead hielt. „Ich habe ein Land verlassen, in dem man mich nicht haben wollte, und ein anderes gefunden, in dem man bereit war, sich um mich zu kümmern.“Das, sagt Nelson, sei ein unglaubliches Gefühl gewesen. „Davon wollte ich mehr.“
Er begann, ein Leben rund um sein Bedürfnis aufzubauen, wurde Kriegsfotograf. Den Krieg gab er später,
Am n´chsten Morgen sŻh Nelson in ©en Spiegel un© wŻr Żm gŻnzen Körper kŻhl.