»Das tun, was wir gern tun«
Der australische Schauspieler Hugh Jackman spielt in »Eddie the Eagle – Alles ist möglich« den Trainer des britischen Skispringers Michael »Eddie« Edwards. Im Interview zollt er dem Sportler Respekt und spricht über seinen (alleinerziehenden) Vater, seine
Hugh Jackman wollte eigentlich Journalist werden, wurde dann aber Musicaldarsteller und Schauspieler. In „Eddie the Eagle“spielt er diesmal keinen Helden, sondern den abgehalfterten Skispringer Michael „Eddie“Edwards, der die Achtung vor sich selbst verloren hat. Der Film ist an die Lebensgeschichte des seltsamen Briten mit der Riesenbrille und dem breiten Lächeln angelehnt, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, seinen Traum vom Skispringen wahr werden zu lassen. Die Premiere des Films feierten beide – Jackman und der „echte“Eddie – in München. Am nächsten Tag erscheint der 47-jährige Australier gut gelaunt im Bayerischen Hof zum Interview. Haben Sie je mit dem Gedanken gespielt, von einer Skischanze zu springen? Hugh Jackman: Tom Cruise wäre natürlich selbst von der Schanze gesprungen – das ist mir klar. Beim ersten Treffen mit dem Regisseur habe ich sogar vorgeschlagen zu springen. Ich dachte, wenn ich an einem Seil festgemacht werde, könnte ich die 40-Meter-Schanze schaffen. Aber als ich am ersten Drehtag in Oberstdorf in 90 Metern Höhe stand, auf der echten Schanze, wusste ich sofort, dass ich das auf keinen Fall mache. Ich liebe Eddie, aber der Kerl ist verrückt. Ich habe seitdem größten Respekt vor Skispringern, die den Flug auch noch so elegant aussehen lassen. Es ist und bleibt eine Sportart, bei der du ein hohes Maß an Todesverachtung aufbringen musst. Ich würde es nie selbst ausprobieren. In Actionstreifen mimen Sie gern den Helden. Hat Eddie mehr Schneid als Sie? Eddie ist mindestens zu 150 Prozent mutiger als ich. Ich hab ihn einmal gefragt, wie viele Knochen er sich schon beim Skispringen gebrochen hat. Er meinte, es sei einfacher aufzuzählen, wie viele er sich nicht gebrochen habe – drei. Wir Schauspieler simulieren doch nur. In Filmen tue ich nur so, als ob – und mit Eddie kann ich nicht mithalten. Aber Action `a la Wolverine dürfte auch nicht so einfach sein. Schauen Sie einmal genau auf die Bonusszenen der DVD von „X-Men“: Da erkennt man, wie ich in den Outtakes vor Schmerzen andauernd jammere. Eddie dagegen ist nicht nur mutig, er hat bei alldem immer ein Lächeln auf den Lippen gehabt und vermittelt, wie sehr ihm das Skispringen Spaß macht. Erst gestern hat er mir erzählt, dass er sich jetzt bei Tanzwettbewerben versuchen will. Für ihn gilt das Motto: Alles ist möglich. Er hat einen JuraAbschluss, ist neugierig und sprüht nur so vor Energie. Seine Begeisterung ist ansteckend. Ich hoffe, dass das Publikum das Kino mit einem Lächeln und einer Träne im Gesicht verlässt. Warum finden Sie es wichtig, eine Botschaft wie „Alles ist möglich“zu vermitteln? Als Vater stehe ich noch stärker hinter der Botschaft: „Du musst nicht unbedingt siegen, um ein Gewinner zu sein.“In unserer Gesellschaft wird viel zu viel Wert darauf gelegt, dass man immer ganz oben mitspielt und der Star ist. Aber darum geht es nicht. Dafür ist Eddie das beste Beispiel. Seine Botschaft lautet alles auszuprobieren, von dem man glaubt, es würde einem wichtig sein – egal, ob man davon später leben kann oder nicht. Erinnert Sie das an Ihre eigenen Anfänge? Ja, ich habe schon in der Schule in Amateur-Musicals und Schulaufführungen mitgespielt, bevor es mir in den Sinn kam, das einmal zu meinem Beruf zu machen. Das war immer meine Leidenschaft. Selbst wenn ich Journalist
Hugh Jackman
wurde 1968 in Sydney geboren. Er studierte Journalistik, schwenkte dann auf die Schauspielerei (Musicals und Filme) um. Er ist mit der Schauspielerin Deborra-Lee Furness verheiratet, die beiden haben zwei Adoptivkinder. 2013 machte Jackman seine Hautkrebserkrankung öffentlich. Er war seit 1995 in zahlreichen Musicals zu sehen, u. a. in „Die Schöne und das Biest“, „Sunset Boulevard“, „Oklahoma!“und „The Boy from Oz“. Seit 1998 ist er in zahlreichen Filmen zu sehen, u. a. „X-Men“, „Wolverine“, „Scoop“, „Australia“, „Les Mis´erables“(Golden Globe Award als Bester Hauptdarsteller sowie eine Oscar-Nominierung), „Prisoners“. Aktuell ist er in „Eddie the Eagle“zu sehen.
Florian Asamers Kolumne »Walk of Häme«
erscheint wieder am 3. 4. 2016. geworden wäre, würde ich es immer noch als Hobby betreiben. Eddies Geschichte soll uns daran erinnern, das zu tun, was wir gern machen, selbst wenn andere es für uncool, daneben oder verrückt halten. Aber jeder sollte natürlich gut darüber nachdenken, bevor er dabei sein Leben riskiert. Sie spielen eine fiktive Person, Bronson Peary, einen verkappten Skispringer, der Eddie coacht. Oder eher sich selbst? Bronson Peary ist jemand, der das Talent und die Möglichkeiten hatte, ein Sieger zu sein. Aber vom Typ her ist er das genaue Gegenteil von Eddie, der mit Leidenschaft und Beharrlichkeit bei der Sache geblieben ist. Bronson fiel das Athletische leichter, er musste nicht so kämpfen, und trotzdem hat er seine Chance vertan. Mit Eddie kriegt er seine zweite Chance. Mir gefällt, dass zwei so unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen und Freunde werden. Sie sind einander gegenüber absolut ehrlich, weil beide nichts zu verlieren haben, und stacheln sich an, ihr Bestes zu geben. Sie wohnten während des Drehs auf Schloss Ellmau und waren in Bayern Skifahren. Pst! Das war natürlich eigentlich nicht genehmigt. Aber ich fahre leidenschaftlich gern Ski, es war unfassbar schön dort. Es war lustig, im Juni in Zeitungen die Fotos von Schloss Ellmau zu sehen, als der G7-Gipfel stattfand. Sie haben eine Kampagne gegen Hautkrebs gestartet. Eine Konsequenz dessen, dass bei Ihnen Hautkrebs entdeckt worden war? Ja, daher habe ich mich mit einem Partner zusammengetan, um eine neue Sonnencreme-Serie herauszubringen. Es geht darum, wirksame und leistbare Sonnencremen zu machen. Es wird unterschätzt, wie wichtig Son- nenschutz ist. Ich merke es ja selbst, wenn ich meine Kinder eincreme: Es ist ihnen lästig. Also habe ich mir mit einem Studio überlegt, Filmfiguren aus den „Avengers“oder den „Minions“auf die Flaschen zu drucken. Ähnlich ist ja die Zahnbürstenindustrie vorgegangen. Mit einem Barbie-Bild auf der Zahnbürste wurde die langweiligste Tätigkeit der Welt plötzlich interessant. Als Sie acht Jahre alt waren, hat Ihre Mutter die Familie verlassen. Wie hat Ihr Dad das damals gemacht, als alleinerziehender Vater von fünf Söhnen? Keine Ahnung. Ich schätze die Erziehung meines Vaters heute auch sehr. Dad war eher der ruhige Typ und hat keine langen Vorträge gehalten oder Ratschläge erteilt. Heute erkenne ich erst, was er alles richtig gemacht hat. Sind Sie Ihrem Vater ähnlich? Total. Das fiel mir vor 15 Jahren auf, als mein Sohn geboren wurde. Mein Vater heißt Chris, und immer, wenn ich strenger als sonst war, sagte meine Frau zu mir: „Hi Chris!“Ich wurde als Vater schlagartig so, wie er zu uns war, sehr streng, sehr korrekt, beinahe pedantisch. Davor war ich eigentlich eher ein lockerer Typ. Ich habe auch in meinem Perfektionswahn mehrere Bücher über Kindererziehung gelesen und wollte, dass alles planmäßig im VierStunden-Rhythmus abläuft. Meine Frau hat sehr über mich gestaunt und meinte nur, sie hofft, dass auch unser Sohn das Buch kennt. In gut zwei Jahren werden Sie 50. Gibt das neue Einsichten oder eher Krisengefühle? Ich hatte schon fest damit gerechnet, dass mich mit 46 die Midlife-Crisis heimsucht – das prophezeiten mir alle Freunde. Doch mit 47 habe ich festgestellt, dass die Klippe wohl umschifft ist.