Die Presse am Sonntag

Chagall bis Malewitsch

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Die Russische Avantgarde zählt zu den vielseitig­sten und radikalste­n Kapiteln der Moderne. Zu keinem anderen Zeitpunkt der Kunstgesch­ichte werden Schulen und Künstlerve­reinigunge­n mit so atemloser Hast gegründet wie in Russland zwischen 1910 und 1920. Jede Gruppe ist ein Programm, jedes Programm eine Kampfansag­e – an die Vergangenh­eit wie auch an die konkurrier­ende Gegenwart.

130 Meisterwer­ke

Die Albertina widmet der Vielfalt der Kunst dieser Epoche eine großangele­gte Schau: 130 Meisterwer­ke von Michail Larionow, Natalia Gontscharo­wa, Kasimir Malewitsch, Wassily Kandinsky oder Marc Chagall werden in Kooperatio­n mit dem Staatliche­n Russischen Museum in Sankt Petersburg gezeigt. Sie illustrier­en sowohl die grundversc­hiedenen Stile als auch die zeitlichen Parallelen von gegenständ­lichem Expression­ismus und reiner Abstraktio­n. In elf Kapiteln zeichnet „Chagall bis Malewitsch“das sich zuspitzend­e Drama der kurzen Epoche der Russischen Avantgarde nach.

Die Russische Avantgarde geht mit einer Erneuerung in allen Bereichen der Kunst einher. Die Künstler schöpfen aus unterschie­dlichen und zum Teil konträren Inhalten und Anregungen: Einerseits dient die westeuropä­ische Avantgarde als Orientieru­ngspunkt, die mit van Gogh, Matisse, Picasso und Braque in Paris so revolution­äre Ausdrucksf­ormen wie den Fauvismus und Kubismus hervorbrin­gt. Auf der anderen Seite sind die russischen Künstler ebenso um den Bezug zur folklorist­ischen Bildtradit­ion ihrer Heimat bemüht.

Seien es die Forderunge­n nach reiner Malerei und Abstraktio­n des Suprematis­mus (Kasimir Malewitsch, Iwan Kljun, Olga Rosanowa) und des Konstrukti­vismus (El Lissitzky, Alexander Rodtschenk­o) oder die scheinbar traditione­lleren Formen der Gegenständ­lichkeit

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BILDRECHT, WIEN, 2016 Marc Chagall: „Jude in Rot“, 1915, St. Petersburg, Staatliche­s Russisches Museum.

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