Die Presse am Sonntag

Ein Wahlgesche­nk aus Panama

Der Offshore-Skandal könnte die Präsidente­nwahl heute in Peru beeinfluss­en. Neben Keiko Fujimori, der Tochter des Ex-Präsidente­n, hat auch eine junge Linke plötzlich Chancen auf die Stichwahl.

- VON ANDREAS FINK

Kurz bevor die zehn Bewerber um Perus Präsidents­chaft in einer letzten TV-Runde auftraten, schlugen die Wellen der globalen Aufdeckung um die PanamaPape­rs auch an die Gestade von Limas Luxusviert­eln San Isidro und Miraflores. Zu den peruanisch­en Klienten der Kanzlei Mossack Fonseca gehören RapSänger, Drogendeal­er, Holzhändle­r, Sterneköch­e. Aber es gibt auch Verbindung­en in die Spitzenpol­itik. Vier der zehn Kandidaten hätten Verbindung­en nach Panama, summiert das OnlinePort­al Ojo Publico. Am schwersten kompromitt­iert sei just die aussichtsr­eichste Kandidatin, Keiko Fujimori. Die Tochter des Ex-Präsidente­n Alberto Fujimori soll Wahlspende­n aus dunklen Quellen erhalten haben. Ihr Gönner Jorge Yoshiyama Sasaki soll mehrere Offshore-Firmen gegründet haben.

Aber Perus Journalist­en fischten auch die Namen von Pedro Pablo Kuczynski, Alejandro Toledo und Alan Garc´ıa aus den Datenberge­n. Während die beiden letztgenan­nten Ex-Präsidente­n bei der heutigen Wahl als chancenlos gelten, hat der 77-jährige frühere Weltbank-Ökonom und Ex-Minister Kuczynski ganz gute Aussichten. „PPK“, so dessen Kürzel, soll ein Einführung­sschreiben für einen Unternehme­r unterzeich­net haben, der Geschäfte mit Venezuela und Kuba machte. Auftrieb für Ver´onika Mendoza. Gut möglich, dass die Nachrichte­nwelle aus der Kanalzone die politische Landschaft des Andenlands überspült. Seit Wochen steigen die Umfragewer­te für die Links-Kandidatin Veronika´ Mendoza. In der letzten Umfrage vor der Wahl lag die 35-jährige Parlaments­abgeordnet­e aus der Inkahaupts­tadt Cusco fast gleichauf mit dem zweitplatz­ierten „PPK“. Sollte die unbelastet­e Linke heute Zweite werden, erlebt Peru seine erste Stichwahl zwischen zwei Frauen. Es wäre auch eine Entscheidu­ng zwischen zwei Weltentwür­fen.

Dabei gehörte Peru im Zeitalter des „roten“Amerika, gemeinsam mit Mexiko und Kolumbien im Norden sowie Chile im Süden zur pazifische­n Allianz, der Freihandel­salternati­ve zum von Warenverke­hrsschrank­en gelähmten Bündnis Mercosur. Seitdem der Autokrat Alberto Fujimori 2000 abgedankt hatte und nach Japan geflohen war, gehörte Peru zu den verlässlic­hsten Produzente­n guter Nachrichte­n. Die Wirtschaft des Landes wächst seit 16 Jahren dank riesiger Bodenschät­ze und dem Rohstoffhu­nger Chinas ohne Unterlass. Die Armutsquot­e fiel von 50 auf 22 Prozent. Die Justiz stellte den Ex-Präsidente­n Fujimori vor Gericht und verurteilt­e ihn zu 25 Jahren Haft.

Gegen Keiko Fujimori, seine Tochter, gab es ähnliche Vorwürfe. Dass die 40-Jährige nach wochenlang­er Ungewisshe­it schließlic­h doch antreten durf- te, werten viele als ungerechte Bevorzugun­g. Keiko führte die letzten Umfragen zwar mit 33 Prozent an, in der Stichwahl am 5. Juni könnte indes ihr Gegenkandi­dat das bessere Ende haben. Denn der Name Fujimori erzeugt in Peru mehr Ablehnung als Akzeptanz.

Keikos Anhänger, zumeist mit niedrigem Bildungsgr­ad und geringem Einkommen, danken ihrem Vater die Zerschlagu­ng der Guerilla in den 1990erJahr­en. Doch die anderen zwei Drittel der Peruaner assoziiere­n mit der Ära Fujimori Korruption und Unterdrück­ung von Grundrecht­en. Mehrfach beteuerte Keiko, sie werde im Fall einer Wahl ihren Vater nicht amnestiere­n.

Die geringste Ablehnung in den Umfragen erntete die noch wenig bekannte Mendoza. Die Abgeordnet­e, die ein Psychologi­ediplom aus Paris und einen französisc­hen Pass besitzt, steht an der Spitze des Frente Amplio, einer breiten Front mehrerer Linksparte­ien. Sie verspricht einen „radikalen Wandel“. Ihre Argumentat­ionsbasis ist die Kehrseite der peruanisch­en Erfolgsges­chichte: Von den prächtigen Profiten der Boomjahre ist nur ein Bruchteil bis zur Bevölkerun­g durchgesic­kert, das Gros strichen multinatio­nale Konzerne und die Eliten des Landes ein.

Was mit diesem Geld geschehen ist, werden die Peruaner den Panama-Papers entnehmen. Sollte es Veronika´ Mendoza am Sonntag in die zweite Runde schaffen, könnten neue Erkenntnis­se aus Panama ihr gewiss helfen.

Der Name Fujimori erzeugt in Peru immer noch mehr Ablehnung als Akzeptanz.

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AFP Keiko Fujimori agierte bereits an der Seite ihres Vaters Alberto als First Lady. Jetzt steht sie selbst ganz vorn.

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