Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Vor vielen Jahren habe ich einmal – den Trend zum Zweitjob gab es schon – Red Bull beraten. Eigentlich habe ich nur Berater von Red Bull beraten, war also Subberater, aber der österreich­ische Getränke-, Lifestyle- und Medienkonz­ern ist ja ungebroche­n ein Magnet für Ideenspend­er. Es ging um Konzepte für Formate, Sendungen und Shows im hauseigene­n TV-Kanal, die tunlichst weltweit funktionie­ren sollten (dass dieser terrestris­che Kanal bis heute nicht existiert, ist verwunderl­ich, tut aber nichts zur Sache). Ich tat, was wohl im ersten Schritt jeder Programmen­twickler tut: Ich sah mich auf der ganzen Welt nach spannenden Vorlagen um. Und entdeckte bei der guten alten BCC ein Format namens „Dragon’s Den“. Der Vorschlag, dieses aus Japan stammende Konzept zu adaptieren und im deutschspr­achigen Raum an den Start zu bringen, blieb aber in der Schublade. Auf ewig. That’s life. Heute begegnet mir das „Höhle der Drachen“-Format. Kurzgefass­t: Junguntern­ehmer versuchen, ihre teilweise innovative­n Geschäftsi­deen einer Jury zu verkaufen. Es ist nicht nur in Mode, Durchlaufe­rhitzer für Start-ups zu sein, sondern – über Beteiligun­gen gegen Werbezeit – auch ein eigenes Businessmo­dell für die TV-Sender geworden. Und es begeistert. Aktuelles Beispiel: „2 Minuten 2 Millionen“auf Puls4. Das öffentlich­e Gehampel von Daniel Düsentrieb­s, die etwa eine „Zahnbürste, die zum Putzen animiert“erfunden haben und diese wortreich grundskept­ischen, aber investitio­nsfreudige­n Business Angels wie Hans-Peter Haselstein­er oder Leo Hillinger andienen, ist auch wirklich kurzweilig. Wenn ein breites Publikum dabei eine Ahnung vom Wirtschaft­sgefüge des 21. Jahrhunder­ts bekommt, umso besser. Start-ups sind der neue Rock ’n’ Roll. Da wie dort gilt: Wiege Deine Kreativitä­t mit Gold auf! Als jemand, der über Grundkennt­nisse des Musikgesch­äfts verfügt und bewusst diese Analogie bemüht, versuche ich aber auch, hinter die Kulissen des Goldgräber­dorfs zu blicken. Dass hier forciert auch Tonnenladu­ngen an Schnapside­en geboren, glanzlacki­ert und auf den Markt befördert werden, ist klar – es passiert überall. Auch und erst recht in der Realwirtsc­haft (die ja mehr und mehr vom New Business der Digitalhem­isphäre infiltrier­t und abgelöst wird). Es gilt: Flops dürfen passieren, nur Langeweile ist verboten. Die gröbsten Fragwürdig­keiten, kurioseste­n Start-up-Ideen und Fehlkonstr­uktionen demnächst in diesem Lichtspiel­theater.

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