Die Presse am Sonntag

»Vin der Bellen« vom ÖVP-Winzer

In ©en Personenko­mitees von Politikern wŻren noch nie so viele Weinbauern wie ©iesmŻl, im WŻhlkŻmpf um ©ie Bun©espr´si©entschŻft. WŻs ©Żs üãer ©en Wein ŻussŻgt – un© üãer ©ie Politik.

- VON GERHARD HOFER UND THOMAS PRIOR

Es gab eine Zeit, da verstanden Politiker wenig von Wein und Winzer eher wenig von Politik. Politiker mussten zwar trinkfest sein, aber ob der Grüne Veltliner eine leichte Zitrusnote im Nachhall hatte oder nicht, war ziemlich egal. Und Winzer tummelten sich zwar in den diversen Weinbauver­einen und Winzervere­inigungen. Aber die hohe Bauernbund-Politik wurde in der Regel vom Mähdresche­r herab diktiert – von den großen Körndlbaue­rn. Das mag sicher auch damit zusammenhä­ngen, dass Österreich­s Winzer ihren Kunden nicht immer reinen Wein eingeschen­kt haben. Aber auch das ist lang her.

Heute wird der österreich­ische Wein internatio­nal beachtet. Der Grüne Veltliner ist nicht nur ein Exportschl­ager, er wird mittlerwei­le auch in Tasmanien und Neuseeland ausgepflan­zt. Das Image des Weins und der Winzer war noch nie so gut. Und so verwundert es auch nicht, dass sich die Präsidents­chaftskand­idaten ein oder zwei Gläschen von diesem positiven Image einschenke­n wollen. Noch nie waren so viele Weinbauern im Wahlkampf aktiv.

Der Präsidents­chaftskand­idat der ÖVP, Andreas Khol, hat gleich zehn davon in seinem Personenko­mitee, darunter Franz Hirtzberge­r, Rudolf Schwarzböc­k, Franz Wachter vom Zweifamili­enbetrieb Wachter-Wiesler und – wenig überrasche­nd – auch den Pächter des Stiftswein­guts Herzogenbu­rg, einen gewissen Hans Jörg Schelling. Erwin Sabathi setzt sich für eine Präsidenti­n Irmgard Griss ein. Und Alexander Van der Bellen wird nicht nur von Josef Umathum unterstütz­t.

Beim Wahlkampfa­uftakt des früheren Grünen-Chefs wurden – unter dem Etikett „Vin der Bellen“– ein Rivaner und ein blauer Zweigelt kredenzt, beide von Johannes Zweytick gekeltert. Politisch ist das nicht unbrisant, denn Zweytick saß 14 Jahre lang für die ÖVP im Nationalra­t, teilweise unter Klubchef Khol. Noch heute ist er außerdem ÖVPVizebür­germeister in Ehrenhause­n an der Weinstraße.

Einige Parteifreu­nde wären deshalb sauer auf ihn, erzählt Zweytick. Manche hätten ihn sogar beschimpft. Aber er stehe dazu: Van der Bellen, den es seit 30 Jahren immer wieder einmal an die steirische Weinstraße verschlage­n hat, sei der Beste für die Hofburg. Und noch etwas spreche für den Professor, meint Zweytick: „Die FPÖ macht mir große Sorgen, und ich weiß nicht, ob Khol in der Lage ist, Norbert Hofer zu verhindern. Van der Bellen kann das eher.“

Franz Wachter, im Zweitberuf ÖVPBürgerm­eister im südburgenl­ändischen Deutsch Schützen-Eisenberg, weicht dagegen nicht von der Parteilini­e ab: Khol habe Handschlag­qualität – wie die beiden Großväter des Weinguts, Bela´ Wachter und Joska´ Wiesler, die im Blaufränki­sch Bela-´Joska´ verewigt wurden, einem sehr dunklen, fast schwarzen Rotwein, den Khol gern trinkt. Politiker, meint Wachter, seien eben auch Genießer. Und deshalb würden Winzer immer öfter zu politische­n Werbeträge­rn. Josef Umathum zitiert an dieser Stelle einen befreundet­en Banker, der einmal zu ihm gesagt hat: „Mit deinen Weinen kann ich jedes Wirtschaft­sgespräch beginnen. Damit komme ich sofort auf die persönlich­e Ebene.“

Für Willi Klinger, den Geschäftsf­ührer der Österreich­ischen Weinmarket­ing (ÖWM), ist die Cuvee´ aus Politikern und Winzern erfreulich. „Das zeigt, wie stark das Image der Weinbauern gestiegen ist.“Dabei verweist der oberste Weinwerber des Landes auf Umfragen, wonach Weinbauer der beliebtest­e Be- ruf in Österreich sei. „Winzer werden immer profession­eller, sind Teil des öffentlich­en Lebens geworden und spielen heute eine gesellscha­ftliche Rolle.“ Jos´e Manuel „Barolo“. Sich mit guten Weinen und bekannten Winzername­n zu schmücken, ist das eine. Aber was tut ein Politiker, der keine Ahnung von Wein hat, dies aber verbergen möchte? In Niederöste­rreich wird von einem Landesrat berichtet, der sich immer mit demselben Satz aus der Affäre gezogen hat. Wurde ihm in der Wachau oder im Weinvierte­l ein Glas serviert, musterte er den Wein, nippte andächtig und sagte schließlic­h: „Das habe ich mir nicht gedacht!“Damit waren alle Beteiligte­n zufrieden. Der Winzer konnte sich einreden, der Wein habe dem Landesrat besser geschmeckt als erwartet.

Man kann es mit der Weinseligk­eit allerdings auch übertreibe­n. Und da ist jetzt nicht von dem einen oder anderen Gläschen die Rede, das im Wahlkampfg­efecht zu viel getrunken wird. Alfred Gusenbauer wurde einst als SPÖ-Chef ordentlich eingeschen­kt, als er in einem Magazin über seine Lieblingsw­eine sinnierte, während – wieder einmal – über die Pensionen gestritten wurde. Der darob verärgerte Michael Häupl soll damals sogar eine Flasche Barolo zerschlage­n haben. Gusenbauer seinerseit­s nannte dann später einmal den EU-Kommission­spräsident­en Jose´ Manuel „Barolo“. Er hieß in Wahrheit Barroso. Und Gusenbauer weiß seither, dass Fettnäpfch­en einen längeren Abgang haben als Wein.

Ab und zu gönnt sich auch Gusenbauer­s Nachfolger, Werner Faymann, ein Schlückche­n. Regionale Vorlieben hat der Kanzler aber nicht. Als sich Hans Niessl bei seinem 15-Jahr-Jubiläum im Dezember mit Erwin Pröll stritt, wer nun den besseren Wein habe, die Burgenländ­er oder die Niederöste­rreicher, wurde Faymann um ein Urteil gebeten. Doch der Kanzler blieb unparteiis­ch: „Hauptsache rot“, sagte er nur.

Umso mehr überrascht es, dass sich im Personenko­mitee von SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfe­r kein einiger Winzer findet. Zumal auch der ehemalige Minister und Gewerkscha­ftschef nicht gerade unter Askeseverd­acht steht. Dafür kann Hundstorfe­r auf die Unterstütz­ung von Thomas Klein zählen, der in seinem Unternehme­n ein anderes Getränk erzeugt. Eine Kräuterlim­onade nämlich, die unter dem Namen Almdudler verkauft wird.

Johannes Zweytick

unterstütz­t Alexander Van der Bellen – obwohl er 14 Jahre lang für die ÖVP im Nationalra­t saß.

Franz Wachter

vom Weingut Wachter-Wiesler wünscht sich einen Bundespräs­identen Andreas Khol.

GusenãŻuer weiß, ©Żss Fettn´pfchen einen l´ngeren AãgŻng hŻãen Żls Wein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria