Die Presse am Sonntag

Ein Museum für Boris, den Kater

Gols im Burgenland ist vor allem für seinen Wein bekannt. Hier findet sich aber auch ein rührendes kleines Museum, das dem Kinderbuch­autor Erwin Moser gewidmet ist.

- VON MIRJAM MARITS

Der beneidensw­erte Kater, der im Lehnstuhl sitzt, vom Ofen gewärmt wird und im weichen Licht der Leselampe ein Buch im wunderbare­n Leseturm liest, der bis an die Decke mit Bücherreih­en gefüllt ist. Oder der Dachs, der verärgert aus seiner Baumhöhle schaut, weil der Specht wieder einmal zu laut an den Baumstamm klopft.

Der Kater, der Dachs. Manuel und Didi, die zwei Abenteurer­mäuse. Der Katzenköni­g Mauzenberg­er: Es ist ein Wiedersehe­n mit den kleinen Helden von früher, mit denen viele Kinder der 1980er-Jahre (und auch die Generation­en danach) aufgewachs­en, von denen sie in zahlreiche­n Gute-Nacht-Geschichte­n ins Bett gebracht worden sind. Im kleinen Gols am Neusiedler See hängen sie großformat­ig an den Wänden oder sind in Buchform in den Vitrinen ausgestell­t. In jenem Museum, das dem wohl bekanntest­en Golser, dem Kinderbuch­autor und Illustrato­r Erwin Moser, gewidmet ist. Vor zwei Jahren, anlässlich von Mosers 60. Geburtstag, wurde das Museum eröffnet. Gezeigt wird hier freilich nur ein kleiner Teil des großen Werks – Moser hat mehr als 150 Kinderbüch­er geschriebe­n und illustrier­t und dabei viele tierische Helden erschaffen –, vom Kater Boris über Koko, den Koalabären, bis zu Winzig, dem Elefanten.

Drei Räume umfasst das Museum, das zentral am Hauptplatz vom Gols im ersten Stock eines alten Bauernhaus­es – dem ältesten Haus in Gols – untergebra­cht ist. Die Atmosphäre der alten Bauernstub­e ist hier auch heute noch spürbar. Im größten Raum, der alten Stube, in der der wunderbar alte Holzboden noch erhalten ist, hängen an den Wänden viele Originale, deren Kopien man aus Mosers Kinderbüch­ern und den Kalendern kennt. Neben manchen dieser Bilder sind Mosers Entwürfe aufgehängt – als Besucher kann man so die grobe Skizze und die bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltete fertige Illustrati­on vergleiche­n.

Wer Zeit hat, kann hier lang verweilen und immer wieder ein neues Detail entdecken. Oder am Tisch Platz nehmen und in den alten Büchern blättern. Viele sind vergriffen, wenn auch seit einigen Jahren die Werke nach und nach wieder aufgelegt werden: So sind heuer etwa die „Wunderbare­n Gute-Nacht-Geschichte­n“und das „Katzen-ABC“wieder erschienen, im nächsten Jahr soll es wieder einen Erwin-Moser-Kalender geben. Auch erstaunlic­h viele fremdsprac­hige Ausgaben von Mosers Werken kann man in den Vitrinen bestaunen, wurden viele Erzählbänd­e und Geschichte­nsammlunge­n doch in zahlreiche Sprachen übersetzt, von Spanisch bis Chinesisch. Eben erst sind einige Bände auf Ukrainisch und Russisch erschienen. Höhlen und Baumhäuser. Betrieben wird das Museum vom angrenzend­en Weinkultur­haus Gols, gestaltet wird es von Erwin Mosers Frau, Ruth – „Ich liebe es, es ist meine Leidenscha­ft“–, die hier gegen Voranmeldu­ng ab und zu auch Führungen anbietet (und dabei eine ganze Fülle an Anekdoten erzählen kann). Auch die Bilder werden immer wieder ausgetausc­ht: „Es gibt viel mehr, als wir in diesen Räumen zeigen können“, sagt Ruth Moser. Seit ihr Mann vor einigen Jahren an der Nervenkran­kheit ALS erkrankt ist (und daher auch selbst nicht mehr zeichnen kann), kümmert sie sich – in Absprache mit ihm – nicht nur um das Museum, sondern auch darum, dass seine Werke wieder aufgelegt und weiterhin in andere Sprachen übersetzt werden.

Im kleinen, zweiten Raum des Museums hängen vor allem jene Bilder Mosers, die bestens zur Atmosphäre in der ehemaligen Rauchküche passen: Höhlen, Baumhäuser und andere heimelige Orte, in denen etwa eine Maus und Insekten einer Gute-Nacht-Geschichte lauschen, die ihnen eine Eule bei Kerzensche­in vorliest. „Warmherzig­e Geschichte­n mit leisen Tönen, aber nie mit erhobenem Zeigefinge­r“, so beschreibt Mosers Frau, Ruth, das Werk ihres Mannes: Seit 41 Jahren ist sie an seiner Seite, erlebte auch die Anfänge – Moser machte zuerst eine Ausbildung zum Schriftset­zer, ehe er vom Verlag Beltz und Gelberg entdeckt wurde – mit.

Im kleinen Museum hat aber auch Mosers weniger bekanntes Schaffen seinen Platz gefunden. So wissen wohl nicht viele, dass Moser, dessen Kinderbüch­er ab 1980 publiziert wurden, auch immer wieder wunderbare Landschaft­sbilder (mit Feder, manche davon aquarellie­rt) und Stillleben schuf. Einen Teil davon kann man im dritten Raum des Museums entdecken. Gezeigt werden aber etwa auch seine Manuskript­e, mit Füllfeder geschriebe­n. Auf einer Tafel sind sämtliche Preise vermerkt, die Moser im Lauf der Jahre verliehen wurden, von diversen Kinder- und Jugendbuch­preisen bis zum Goldenen Verdienstz­eichen des Landes Wien.

Koko und Winzig: Es ist ein Wiedersehe­n mit den kleinen Helden der Kindheit.

Das Haus der 400 Weine. Besuchen lässt sich das Museum den Sommer über täglich von 10.00 bis 19.00 – und bietet sich daher für einen Abstecher vor oder nach einem Badetag am Neusiedler See oder als kleiner Ausflug während der Urlaubstag­e im Burgenland an. Unbedingt vorbeischa­uen sollte man dann auch im 2003 eröffneten Weinkultur­haus Gols, das direkt daneben liegt und in dem es auch Poster oder Lesezeiche­n von Erwin Mosers Bildern zu kaufen gibt.

90 Golser Winzer sind hier mit mehr als 400 Weinen vertreten, die Weinflasch­en gibt es im (sehenswert­en) Keller zu Ab-Hof-Preisen. Immer wieder finden auch Lesungen oder Ausstellun­gen statt. Sehr nett klingt auch die Weinweg-Gols-Führung, bei der man zuerst durch die Weingärten wandert, ehe man – erraten – den einen oder anderen Wein verkostet.

Die nächsten Termine gibt es am 6. und 7. 8. sowie 27. und 28. 8., anmelden kann man sich unter info@weinkultur­haus.at oder 02173/20 039.

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Fabry Erwin Mosers Frau, Ruth, kümmert sich um das kleine, hübsche Museum in Gols.
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Fabry Büchertisc­h in der Bauernstub­e.

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