Der Brexit-Schock sitzt tiefer als erwartet
Die Finanzmärkte tauchen ab, die Notenbanken fahren Krisenprogramme, die Konjunktur wird abgebremst.
Der erste Brexit-Schock scheint zumindest an den Börsen überwunden zu sein. Anleger sollten sich davon aber nicht täuschen lassen. Die Kombination aus überraschendem Brexit-Votum in Großbritannien und aufbrechender schwerer Bankenkrise in Italien hat den Finanzsektor ins Mark getroffen. Nichts ist mehr, wie es vor zwei Wochen war.
Das betrifft in erster Linie einmal die Zinslandschaft: Eigentlich wollte die US-Notenbank Fed in ihren ohnehin schon stark zusammengestrichenen Zinsfahrplan heuer zumindest noch einen Zinserhöhungsschritt eintragen. Daraus wird jetzt aber wohl nichts. Im Gegenteil: In letzter Zeit mehren sich die Gerüchte darüber, dass die Amerikaner, sollten sich die Finanzmarktwellen verstärken, sogar ihren bisher einzigen Zinserhöhungsschritt wieder rückgängig machen könnten.
Die noch viel stärker betroffenen europäischen Notenbanken werden ihr Heil ohnehin darin suchen, die Notenpressen noch heißer laufen zu lassen. Die Bank of England wird ihre Zinsen demnächst wahrscheinlich senken. Und die EZB wird ihr Anleihenkaufprogramm möglicherweise noch einmal ausweiten.
Damit ist die Niedrigzins- beziehungsweise Negativzinsphase für lange Zeit prolongiert. Und mit ihr auch alle daraus entstehenden Probleme, etwa die dräuende Anleihenblase.
Das heißt aber noch nicht, dass Aktien davon überproportional profitieren werden. Denn die Brexit- und Italien-Wirren werden, darin sind sich die meisten Analysten einig, den für den Herbst erwarteten, ohnehin mäßigen Konjunkturaufschwung deutlich abbremsen. Mit Folgen auf die Gewinnsituation der Unternehmen, was wiederum kursdrückend wirkt. Und die Riesenprobleme, in die britische Immobilienfonds nach dem Brexit-Votum geschlittert sind, zeigen, dass auch Betongold kein besonders sicherer Zufluchtsort mehr ist.
Wir könnten also demnächst die eine oder andere platzende Immobilienblase sehen, und wir werden wohl auch bald feststellen, dass die Börsen auf dem derzeitigen Niveau überbewertet sein könnten. Speziell jene in den USA, die vom Brexit weniger betroffen waren. Goldman Sachs hat seinen Kunden zuletzt geraten, sich auf einen fünf- bis zehnprozentigen Kursrutsch in den USA vorzubereiten.
In diesem Umfeld sind ausgewählte Aktien trotzdem die einzige vernünftige Anlage. Und Gold natürlich. Und zwar in allen erhältlichen Ausformungen.