Die Presse am Sonntag

Wenn der Urlaub mit dem Tod endet

Die meisten Opfer der Terrorfahr­t in Nizza sind Franzosen, aber es sind auch viele Touristen und Kinder darunter.

- DÜÖ

Es sollte ein kurzer Urlaub an der Riviera werden. Der 28-jährige Mickael¨ P. verbrachte gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Großeltern ein paar Tage in Nizza, wo das Wetter gemütliche­r ist als in ihrer Heimat im Nordosten des Landes. Den französisc­hen Nationalfe­iertag am Abend des 14. Juli verbrachte die Familie an der Promenade in Nizza. Und dort raste jener Lkw-Fahrer, der im Zickzackku­rs durch die Menschenme­nge fuhr, um so viele Besucher wie möglich zu erfassen, auch in die Familie Mickaels.¨ Alle vier erlagen ihren Verletzung­en.

Am Samstag waren die Ermittlung­en noch im Gang: Es war unklar, ob der mutmaßlich­e Täter, ein 31-jähriger Franko-Tunesier, tatsächlic­h im Namen des sogenannte­n Islamische­n Staats (IS) handelte und ob er Komplizen hatte (siehe Artikel oben). Fest steht nur: Bei seiner wüsten Fahrt an der Promenade ermordete er 84 Menschen, verletzte über 180, wobei knapp 50 noch immer mit dem Tod ringen. Unter den Opfern befinden sich besonders viele Kinder. Augenzeuge­n zufolge ist der Attentäter unter anderem in ein Kinderkaru­ssell gefahren.

Aus Rücksicht auf die Opfer hat die Polizei in Nizza zu Vorsicht im Umgang mit Bildern und Informatio­nen aufgerufen. Das zeigte Wirkung. In sozialen Medien zirkuliert­en vergleichs­weise wenige Bilder, die Leichen zeigten. Einzelne Informatio­nen über die Opfer sickerten – ebenfalls über soziale Medien – an die Öffentlich­keit, unter anderem deswegen, weil Freunde und Angehörige ihre Geschichte­n teilten. Wie etwa die Familie Copeland aus dem US-Bundesstaa­t Texas: Sie verlor in Nizza den 51-jährigen Sean Copeland und dessen Sohn, den elfjährige­n Brodie. „Unsere Herzen sind gebrochen, wir stehen unter Schock“, heißt es in einem Statement der Familie. Siebenfach­e Mutter. Auch wenn die meisten Opfer Franzosen sein dürften, traf der Fahrer viele Ausländer, die meist als Touristen in Nizza unterwegs waren. Die Schweizeri­n Linda S. aus dem Tessin verbrachte gemeinsam mit ihrem französisc­hen Mann den Urlaub an der Coteˆ d’Azur, und auch sie wurde vom Lastwagen erfasst. Im Tessin ist S. wohlbekann­t, als erste weibliche Zollbeamti­n in der Region. Ebenfalls auf Urlaub waren die russischen Studentinn­en Viktoria S. und Polina S. Als der Attentäter beide erfasste, geriet Viktoria unter die Räder und kam ums Leben, während Polina am Fuß verletzt wurde.

„Sie war eine sehr fromme Frau“, sagte der Sohn Hamza über seine Mutter Fatima C. Die 60-jährige siebenfach­e Mutter war eines der ersten Todesopfer. Mit Blick auf einen möglicherw­eise islamistis­chen Hintergrun­d des Attentats gab der Sohn an, dass seine muslimisch­e Mutter den wahren, toleranten Islam gelebt habe, „nicht den der Terroriste­n“. Die Familie stammt ursprüngli­ch aus Marokko.

Zwei Maturantin­nen und eine Lehrerin aus Berlin sind ebenfalls unter den Todesopfer­n. Auch Emmanuel G. überlebte die Schreckens­nacht von Nizza nicht. G. arbeitete als Kommissar für die Grenzpoliz­ei am örtlichen Flughafen. Einem Medienberi­cht zufolge war er mit seiner Lebensgefä­hrtin und deren Tochter an der Strandprom­enade spazieren. So auch der Verkäufer Timothe F. Als der Lkw auf sie zuraste, konnte er gerade noch seine schwangere Frau zur Seite stoßen, bevor ihn der Wagen traf.

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