Putschgegner gingen auch in Österreich auf der Straße
Tausende Austro-Türken folgten dem Ruf von Präsident Erdo˘gan, gegen die Verschwörer und für ihn zu demonstrieren.
Der Putschversuch in der Türkei bewegte auch die Türken in Österreich, die eine der größten Migrantencommunitys im Land stellen. Zur Unterstützung des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan˘ fanden sich kurz nach ein Uhr Samstagfrüh rund 4000 Personen vor der türkischen Botschaft in der PrinzEugen-Straße im vierten Bezirk ein und zogen fahnenschwingend Richtung Stephansplatz. Bis drei Uhr früh wurde demonstriert.
Am Nachmittag darauf ging es mit den Unmutsbekundungen gleich weiter: Ab 15 Uhr fanden sich auf dem Christian-Broda-Platz beim Westbahnhof rund 1200 Personen ein und marschierten ab 16 Uhr brüllend, pfeifend über die Mariahilfer Straße Richtung Heldenplatz. Sie skandierten „Sokaklar Bizim“, was so viel bedeutet wie „Die Straßen gehören uns“, „Recep Tayyip Erdogan“˘ und „Allahu Akbar“(Gott ist groß). Und: „Hoch die internationale Solidarität“– ungewöhnlicherweise hatte nämlich die Linkswende gemeinsam mit der Union Europäischer Demokraten (UETD) spontan zum Protest aufgerufen. Angemeldet wurde die Veranstaltung nicht: Beim kurdischen Restaurant Türkis in der Mariahilfer Straße wurde eine Scheibe eingeschlagen, eine Person wurde leicht verletzt. Großdemo gegen Gezi. Die UETD gilt als verlängerter Arm von Erdogans˘ Partei AKP – auch wenn sie das offiziell bestreitet. Die Organisation hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass sie in kurzer Zeit Massen mobilisieren kann.
Rund um die Proteste im Gezi-Park gegen die türkische Regierung im Jahr 2013 fand in Wien eine Großdemo mit rund 8000 Austro-Türken statt. Sie ka- men aus allen Bundesländern mit Bussen angereist. Ihr Anliegen: Gegen die westliche Berichterstattung über Erdogan˘ zu demonstrieren – es sei falsch, die türkische Regierung als Diktatur darzustellen und die Polizei zu kritisieren. Erdogan˘ wurde damals sogar live zugeschaltet, der sich für die Unterstützung aus Österreich bedankte. Die UETD wollte offiziell nichts mit der Demonstration zu tun haben – einer der Organisatoren, Abdurrahman Karayazili, wurde wenig später zum Obmann ernannt.
2014 stattete Präsident Erdogan˘ Wien unter heftiger Kritik einen Besuch ab, hielt eine Brandrede in der Albert-Schultz-Halle. Rund 7000 AustroTürken hörten diese in und vor der Halle, wo eine große Videoleinwand aufgebaut war. Organisiert hatte die Veranstaltung die UETD – die einigen Journalisten auch den Zutritt zur Veranstaltung verweigerte.
Neben den Türkeistämmigen in Österreich betrifft der Putschversuch auch die Österreicher in der Türkei. Derzeit sollen sich rund 10.000 dort auf Urlaub befinden. Nachdem Putschisten versucht hatten, Flughäfen unter ihre Kontrolle zu bringen, wurden ab Wien zwölf von 39 Flügen gestrichen.
Als sich die Lage in der Türkei ab Samstagmittag wieder beruhigte, nahmen die Fluglinien den Betrieb wieder auf. Auch auf dem Wiener Flughafen, wo es wegen gestrandeter Fluggäste kurzfristig zu Chaos gekommen war, entspannte sich die Situation. Etliche Reiseveranstalter zeigten Verständnis dafür, dass Kunden dennoch die Lust am Türkei-Urlaub vergangen war. Sie boten kostenlose Stornierungen und Umbuchungen an.