Die Presse am Sonntag

»Ein Meilenstei­n für Rapid«

Die grün-weiße Tormannleg­ende Herbert »Funki« Feurer über neue und alte Heimstätte­n seines Klubs, Trifon Iwanows Zigaretten­pause und seine makellose Bilanz gegen Anton´ın Panenka.

- VON JOSEF EBNER

Was sagt der von Ihnen einberufen­e RapidLegen­denklub: Muss mit dem neuen Stadion der Meistertit­el her? Herbert Feurer: Schlagbar ist jeder. Aber die Spiele werden bei uns nicht so sehr kritisiert. Dafür gibt es Schmähs, viel Theater und Geschichte­n von früher. Das ist noch die alte Schule, der harte Kern besteht aus ungefähr 30 Leuten. Auch Anton´ın Panenka war bei der Eröffnung des Allianz Stadions. Ganz ehrlich: Wie viele Elfer hat bei er Ihnen versenkt? Keinen einzigen. Weil ich nicht ins Tor gegangen bin, wenn er geschossen hat. Auch bei seinen Freistößen nicht. Er hat immer versucht, mich zu irritieren. Wir spielen öfter Golf, seine Bananensch­läge sind ungefähr so, wie er sie damals beim Freistoß um die Mauer geschossen hat. (Panenka hat Handicap zehn, Feurer 28, Anm.) Vor knapp vierzig Jahren, im Mai 1977, standen Sie im Eröffnungs­spiel des alten Weststadio­ns (später Hanappi-Stadion) im Tor. Rapid gegen Austria, wir haben 1:0 gewonnen, Paul Pawlek hat das Tor geschossen. Der Herr Prohaska hat etliche Chancen gehabt, ich habe sie alle zunichtege­macht. Das Weststadio­n war total überfüllt, mindestens 2000 Zuschauer waren zu viel. Das war gefährlich, die sind in den Auf- und Abgängen gesessen. Zum Allianz Stadion muss ich sagen: Alle Achtung für Präsident Krammer und sein Team, da muss man sich erst einmal drübertrau­en. Ein Meilenstei­n für Rapid. Sie haben auch noch die Pfarrwiese erlebt. 1976 bin ich von Wiener Neustadt zu Rapid auf die Pfarrwiese gekommen. Wie ich das alte Stadion gesehen habe, hat mich der Schlag getroffen. Es war eine Katastroph­e: Nur Sand vor dem Tor, veraltete Kabinen, als Dusche gab es nur ein Röhrl, unter dem sich 16 Leute geduscht haben. Gestunken hat es auch in dieser Baracke, das war ein Wahnsinn. Die Infrastruk­tur bei Rapid ist nun europacupr­eif, ist es die Mannschaft auch? Das kommt auf die Spielerper­sönlichkei­ten an. Wir haben früher gute Spieler gehabt, ein paar Gfraster natürlich auch, du kannst nicht nur mit Ministrant­en gewinnen. Trifon Iwanow, Didi Kühbauer, da waren ein paar echte Männer dabei, an die haben sich die anderen gehalten. Damals wurde noch geraucht in der Halbzeitpa­use? Einmal bei einem Europacupm­atch gab es zwei nach oben offene Toiletten in der Kabine. In einer war der Iwanow und hat sich eine angezündet. Aber als erfahrener Trainer mit ein bisschen Gespür sieht man über gewisse Sachen hinweg. Eine Ihrer besten Partien als Tormann war im Old Trafford 1984. Ein Wiederholu­ngsspiel auf neutralem Boden in Manchester gegen Celtic Glasgow. Irgendwann ist ein Celtic-Fan herangespr­intet und hat mich niedergeha­uen. Wir haben 1:0 gewonnen, das ganze Duell war hasserfüll­t. Steine wurden auf unseren Bus geschmisse­n, Scheiben sind zerbrochen, wir und die Journalist­en sind auf dem Gangboden gelegen. Mein „Schutzschi­ld“war Edi Finger jr., er hatte danach einen braunen Beistrich in der Hose. Auch Rapid hat seine Problemfan­s. Ist der Verein hier in der Verantwort­ung? Ein heikles Thema. Da halte ich mich heraus. Wieso wird man eigentlich Tormann? Da fragen sie den Falschen. Ich war nie ein Tormann, ich war ein Künstler zwischen den Pfosten. Tormänner und Linksaußen hat man früher nie so ernst genommen, der Tormann hat ja auch im Sommer bei 30 Grad Handschuhe an. Darum war ich kein Tormann. Und was war Ihre Kunst genau? Dass ich die Bälle gehalten und fast nie ein Tor bekommen habe. War das damals leichter als heute? Es ist schwierige­r geworden. Die Flan-

Herbert Feurer

wurde am 14. Jänner 1954 in Aspang geboren.

Spieler

bei SC Aspang (1969 − 1974), 1. Wiener Neustädter SC (1974 − 1976), Rapid (1976 − 1989). Hütete 358-mal das Tor beim Rekordmeis­ter, siebenmal in der Nationalma­nnschaft.

Fußballer des Jahres

1980 und 1981. Vier Meistertit­el, vier Cupsiege.

Trainer

Mit zwei Unterbrech­ungen von 1989 bis 2006 Tormann-, Co- und Interimstr­ainer bei Rapid. 1993 bis 2002 Tormanntra­iner des Nationalte­ams.

Chelsea

gab wenige Stunden vor dem Freundscha­ftsspiel gegen Rapid im Allianz Stadion die Verpflicht­ung von Mittelfeld­spieler N’Golo Kant´e, 25, von Leicester City bis 2021 bekannt. ken, die Schüsse, die Bälle sind extremer. Der Tormann muss den Libero spielen, er muss ein guter Kicker sein. Werden J´an Novota und Richard Strebinger diesen Anforderun­gen gerecht? Ich habe keinen internen Einblick mehr, ich sehe sie nur im Spiel. Bei der letzten Weihnachts­feier ist der Herr Novota zu mir gekommen und hat mich Verschiede­nes gefragt. Ich habe dann zu ihm gesagt: Von mir bekommst du jetzt Handschuhe, die picken. Zu dieser Zeit hat er so viel gefaustet. Sprechen Sie mit Sportdirek­tor Andreas Müller oder Coach Mike Büskens? Ich kenne sie nur vom Sehen, wir haben noch keine ernsten Gespräche geführt. Mit Zoran Bariˇsi´c war das anders. Wie geht es ihm denn? Ich war schon sein Trainer, wir haben auch danach Kontakt gehabt. Es geht ihm, wie es einem Trainer eben geht, der entlassen worden ist. Sie selbst haben 2006 nach einem Burn-out als Tormanntra­iner aufgehört. Das war alles ein bisschen zu viel für mich. Rapid, die Nationalma­nnschaft, mein Geschäft (Feurer hat bis vor drei Jahren eine Trafik in Ottakring betrieben, Anm.). Ich habe keine Luft mehr bekommen. Irgendwann sagt dir der Körper, was los ist. Sind auch Fußballpro­fis heute überlastet? Wir haben früher den Winter fast durchgespi­elt, ich habe überhaupt keinen Urlaub gehabt. Heute haben sie immerhin ein paar Wochen. Wir haben damals auch noch dem Verein gehört, konnten selbst überhaupt nichts machen. Es war aber auch ruhiger um uns, man hat sich noch etwas erlauben können. Wie kam es eigentlich zu „Funki“? Das hat sich so ergeben. Die meisten Leute kennen ja meinen Vornamen gar nicht.

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