Die Presse am Sonntag

Portugal oder Marokko? Yoga oder Kräuter?

Der Sommer ist oft gŻr nicht ©ie ãeste Surfzeit, ©Żfür setzen viele CŻmps Żuf ZusŻtzŻnge­bote.

- VON EVA WINROITHER

am heimatlich­en Testmarkt und fortan in ganz Europa zu ordnen. Nebenbei müsse sie die Businesssc­hule abschließe­n und einen Lebenspart­ner finden, wie sie sagte. Ganz schön viel zu tun. Das Leben ihrer Generation sei überhaupt sehr stressig, vor allem wegen der sozialen Medien. Sie selbst wäre zwar nicht gerade süchtig nach Instagram, Snapchat und Co., aber „diese ständigen Vergleiche sind so anstrengen­d“.

Auch wenn Victoria weiß, dass die geposteten Lebensauss­chnitte ihrer Freunde und Follower nicht viel mit dem richtigen Leben zu tun haben, fühlt sie sich unter Druck gesetzt. „Ständig muss man sich, ob man will oder nicht, vergleiche­n.“Wer ist erfolgreic­her, schöner, cooler? Im Surfcamp gönnte sich Victoria eine Pause von all dem, auch sie war allein dort. Auf das obligatori­sche Foto mit dem Brett in der Hand hat sie trotzdem nicht verzichtet – für Facebook. Singles un© P´rchen. Doch nicht nur Singles finden Spaß am Surfen. Dort, wo das Surfcamp nicht aus Mehrbettzi­mmern und Stockbette­n besteht, sondern aus Appartemen­ts, finden sich auch überrasche­nd viele Pärchen unter den Surfern. Gemeinsam Sport zu machen ist für viele eben lustiger, als nebeneinan­der am Strand zu lesen.

Andere hoffen, gerade im Surfcamp leichter Anschluss zu finden. Kathi, eine Wienerin auf Auszeit, arbeitet diese Saison im Camp in Ericeira. „Wenn Gäste allein kommen, dann ist das kein Problem, weil man binnen 15 Minuten jemanden kennenlern­t, spätestens wenn man im Schlafraum auf seine Mitbewohne­r trifft.“Manche kommen gar nicht so weit: „Oft freunden sich die Leute schon auf der Bank vor dem Haus an.“Neue Leute wollte auch der in Wien arbeitende Belgier Kim kennenlern­en, der nur über das Wochenende in das Surfcamp geflogen ist. Er besuchte einen Freund – der dort eine Auszeit nimmt. Der Freund war Berater, wie Kim, und hat die gesammelte­n Honorare in ein Surfcamp investiert. Ein Kindheitst­raum. Dabei ist in Surfcamps auch für Familien Platz. Zumindest könnte es das nächste Thema auf dem Markt sein, der sich gegen Preisdumpi­ng der zahlreiche­n Anbieter wehrt. „Es ist sicher schon eine leichte Sättigung da“, sagt Sturies. Immer mehr Betreiber suchen für sich eine Nische. Etwa Eltern mit Kindern. Für den Vorarlberg­er Simon Eiler, der selbst Vater eines kleinen Buben ist, wäre das eine Option. Zwar konzentrie­rt er sich derzeit noch auf junges Publikum. Aber das könnte er ja schließlic­h ändern. In den vergangene­n Jahren ist die Zahl der Surfcamps nicht nur in Europa drastisch gestiegen. Überall dort, wo sich Wellen über einen stabilen Zeitraum surfen lassen und wo es halbwegs Infrastruk­tur in der Nähe gibt, sind auch Surfcamps entstanden – vereinfach­t gesagt. Der österreich­ische Surfstaats­meister Philipp Sturies, selbst Campbetrei­ber von Liquid Mountain in Aljezur in Portugal, spricht bereits von einer leichten Sättigung.

Dennoch sperren jeden Sommer neue Camps auf. Beliebt sind etwa die Atlantikkü­ste Portugals, die kanarische­n Inseln (zum Beispiel Fuertevent­ura), die Nordküste Spaniens, die Küsten Frankreich­s und freilich Marokkos. Der Konkurrenz­kampf ist hart. Da es in Portugal, wo Sturies sein Camp hat, keine neuen Strandlize­nzen mehr für Surfschule­n gibt, können neue Campbetrei­ber nur mehr mit vorhandene­n Schulen kooperiere­n. Die Campbetrei­ber besor- gen sich eine Unterkunft und vermitteln die Schüler an die Schulen – und jeder bekommt dafür einen Teil vom Kuchen. Im Kampf um die Surfschüle­r sind die Campbetrei­ber mittlerwei­le findig geworden. Zwar gibt es nach wie vor noch reine Surfcamps mit Unterkunft und mehreren Tagen Surfkurs, doch die Zahl der Zusatzange­bote wächst stetig. Aloe VerŻ un© LŻven©el. Sturies bietet etwa Surfkurse kombiniert mit Yogastunde­n an (ein überall beliebtes Package, da die Yogaübunge­n, den oft verkrampft­en Surfkörper entspannen). Weiters im Programm gibt es Surfen mit Pilates und Blackroll-Stunden. Das ist eine kleine schwarze Rolle, mit der der Körper gedehnt wird. Neu ist auch ein Naturkosme­tik-Workshop im Oktober, in dem Surfer lernen, ihre eigenen Kosmetikpr­odukte herzustell­en. Die Kurse im Sommer bewirbt Sturies schon gar nicht mehr, da sich sehr viele Menschen auf wenigen Strandmete­rn tummeln. Auch weil die Sommermona­te oft nicht am besten zum Surfen geeignet sind – oder nur für echte Anfänger. In der Hauptsaiso­n dürfen die Schulen meistens auch die Strandabsc­hnitte nicht wechseln. Das Surfen lebt aber vom Wechsel. Gesurft wird dort, wo die Bedingunge­n am besten sind. Lieber führt Sturies daher in der Nebensaiso­n kleine Gruppen an gut surfbare Strände, wo auch fortgeschr­ittene Anfänger „grüne Wellen“, also richtige Wellen, surfen können.

Dass der Sommer nicht automatisc­h die besten Surfbeding­ungen bringt, trifft nicht nur auf Portugal zu. Auf den kanarische­n Inseln haben fortgeschr­ittene Surfer erst im Herbst ihre wahre Freude. Wer mit dem Surfen beginnen will, informiert sich am besten bei Surfcamps und -schulen über Reisezeit und Angebote.

Wellen un© Community ersetzen ©ie gewohnten Bequemlich­keiten.

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Getty ImŻges Push up. Was am trockenen Strand noch ganz einfach aussieht, ist auf der Welle plötzlich ziemlich schwer.

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