Roger Ailes’ Problem mit den Frauen
Sex gegen KŻrriere, Rufsch´©igung ãei Wi©erstŻn©: So setzt ©er Grün©er un© Chef von Fox News FrŻuen seit JŻhrzehnten unter Druck. Die erste KlŻge gegen ihn l´sst immer mehr Opfer hervortreten un© sorgt im Mur©och-Imperium für Unruhe.
An einem Winterabend des Jahres 1967 klopfte eine junge Frau an die Tür des Fernsehstudios der „Mike Douglas Show“in Philadelphia. Roger Ailes, deren 26-jähriger Produzent, hatte ihr eine kleine Rolle vor den Kameras dieser beliebten Talkshow versprochen.
Während das Gebäude nach und nach verwaiste, führte Ailes die junge Frau in sein Büro, schloss dessen Tür, versperrte sie und machte es sich auf einer Couch bequem. Dann tat er laut ihren Aussagen dies: „Er ließ seine Hosen fallen, zog seine Genitalien hervor und sagte: ,Küss sie.‘ Und sie sahen wie rohe Fleischleibchen aus. Ich sprang auf, aber die Tür war versperrt, und es war niemand draußen. Er wurde sehr zornig, rannte zum Schreibtisch und öffnete eine Lade, in der ein Tonbandgerät lief. Er sagte zu mir: ,Erzähle niemandem davon. Ich habe alles auf Band.‘ Ich glaube, er wusste, dass ich 16 Jahre alt war.“ Die Besetzungscouch. Auch ein halbes Jahrhundert nach diesem mutmaßlichen Vergewaltigungsversuch hat die Frau Angst, öffentlich gegen Ailes vorzusprechen. Unter dem Pseudonym „Andrea“gab sie ihre Erfahrung mit dem Gründer und Chef des erfolgreichsten amerikanischen Kabelnachrichtensenders Fox News dem Reporter Gabriel Sherman vom „New York Magazine“zu Protokoll. Sherman hat sich mit Ailes und dessen Aufstieg vom Lokalfernsehproduzenten zum ebenso geschickten wie ruchlosen Wahlkampfmanager von Richard Nixon und George H. W. Bush so eingehend befasst wie kaum ein anderer Journalist. In seinem Buch „The Loudest Voice in the Room“schildert er ein Vorstellungsgespräch, zu dem Ailes die junge Produktionsassistentin Randi Harrison Mitte der Achtzigerjahre in sein Büro geladen hat, als er für NBC die nächtliche Talkshow „Tomorrow“geleitet hat. Ailes habe einen Blick auf die Bürocouch geworfen und zu ihr gesagt: „Ich habe vielen Frauen dabei geholfen, ihre Karrieren im Fernsehgeschäft voranzubringen.“Als sie über Harrisons Gehalt verhandelten, erklärte Ailes: „Wenn du zustimmst, mit mir jederzeit Sex zu haben, wann ich das will, werde ich hundert Dollar pro Woche drauflegen.“Harrison lehnte ab, doch Ailes’ Avancen brachten sie in eine schwierige Lage. „Das war NBC. Das war New York. Und ich brauchte den Job.“
Karriere gegen geschlechtliche Gefügigkeit, abgesichert durch Knebelverträge, die ruinöse Folgen für jede Frau nach sich zögen, die an die Öffentlichkeit ginge: Lange Zeit konnte Ailes sicher sein, dass sein Verhalten, das zwischen onkelhafter Zudringlichkeit und zutiefst vulgärer sexueller Nötigung schwankte, ohne Folgen für ihn bliebe. Zu reizvoll war die Aussicht für viele junge Frauen, einen der gut bezahlten Arbeitsplätze in einer „Fox News“-Sendung zu ergattern, vom Sender als Star propagiert zu werden und binnen Kürze dank lukrativer Buchverträge ein kleines Vermögen zu verdienen. Viele nahmen es dafür in Kauf, in Ailes’ Büro den berüchtigten „Twirl“zu machen, eine Pirouette, die ihm die Begutachtung des Gesäßes und der Brüste der Bewerberin ermöglichte. „Trägst du ein Höschen? Ich wünschte, du würdest keines tragen“, soll Ailes einer früheren Moderatorin zugerufen haben, als sie während einer Grillparty des Teams der Show „Fox & Friends“mit kleinen Kindern auf einem Trampolin herumhüpfte.
Mit diesem Verhaltensmuster ist seit voriger Woche Schluss. Gretchen Carlson, eine frühere „Fox & Friends“Moderatorin, wirft Ailes in ihrer Klage gegen ihn die Schaffung eines sexistischen Arbeitsklimas ebenso vor wie geschlechtliche Nötigung. „Wir beide hätten schon vor Jahren ein sexuelles Verhältnis beginnen sollen“, habe Ailes ihr vorgeschlagen. Als sie das ablehnte, sei ihr Vertrag gekündigt worden. Besorgte Murdochs. Ailes und seine Verbündeten beim Sender versuchen, Carlson als frustrierte, abgehalfterte Fernsehmoderatorin hinzustellen, deren Quoten im Sinkflug waren. Doch die Murdoch-Familie, welche die Konzernmutter 21st Century Fox kontrolliert, nimmt die Anschuldigungen von Carlson und mittlerweile einem Dutzend weiterer Frauen bitterernst. Vor allem die Söhne von Rupert Murdoch, James und Lachlan, versuchen im Zuge ihrer schrittweisen Übernahme des Familienimperiums eine moderne Konzernkultur einzuführen. Sie haben die Anwaltsfirma Paul, Weiss, Rifkind, Wharton & Garrison damit beauftragt, Fox News systematisch auf sexuelle Belästigung zu untersuchen.
Beobachter meinen, es gehe für die Murdochs jetzt nur mehr darum, wie sie ihren Star Ailes möglichst schonend in den Ruhestand befördern. Fox News brachte zuletzt ein Fünftel des Reingewinns von 21st Century Fox ein. Doch mit Managern, die verhaltensmäßig im 20. Jahrhundert steckengeblieben zu sein scheinen, wollen die Murdochs nichts zu tun haben.
Fox News ist hochprofitŻãel. Doch Ailes’ Sexismus ist ©en Mur©ochs zusehen©s peinlich.