Ein Lob kecker Kids und hochbegabter Mädchen
MATILDA
„Charles Dickens mag ich besonders gern“, sagte Matilda: „Bei ihm muss ich so viel lachen. Besonders über Mr. Pickwick.“Nicht nur die vierjährige Matilda schätzt Dickens, auch der Autor des Buches, Roald Dahl, der sich vielleicht von Dickens’ „Nicholas Nickleby“für seine „Matilda“-Geschichte inspirieren ließ. „Nicholas Nickleby“spielt teilweise in einer Erziehungsanstalt, wo, wie im 19. Jahrhundert üblich, grauenhafte Zustände herrschen. Dahls Matilda ist ein hochbegabtes Kind, das in die falsche Familie hineingeboren wurde.
Ihr Vater ist ein Betrüger, er frisiert Gebrauchtwagen. Die Mutter spielt am liebsten Bingo. Gefördert wird der Sohn, Michael. Abends sieht die Familie fern – mit Fertiggerichten auf den Knien. Der Umgangston ist brutal. Matilda schreibt sich heimlich in die Bibliothek ein und absolviert mit- hilfe einer freundlichen Bibliothekarin eine stattliche Leseliste: Auf dieser stehen Romane von Jane Austen, Rudyard Kipling, Charlotte Bronte¨ und eben auch Dickens. Als Matilda in die Schule kommt, ist sie ihren Mitschülern haushoch überlegen. Die Lehrerin, Fräulein Honig, nimmt sich ihrer an. Doch die Schulleiterin, Frau Knüppelkuh, eine schaurige Walküre, hasst Kinder, besonders kluge.
Dahl erweist sich in diesem Buch als Übertreibungskünstler: Frau Knüppelkuh, eine olympische Hammerwerferin, übt bei den Kindern, wirbelt sie durch die Luft und wirft sie aus dem Fenster. Und sie hütet ein schreckliches Geheimnis, das auch mit Fräulein Honig zu tun hat. „Matilda“ist zugleich eine Satire, eine Rückblende auf die schrecklichen Erziehungsmethoden der Vergangenheit, die durchaus nicht völlig überwunden sind, das Buch ist ein Lob der klugen Mädchen, eine Variation von Lindgrens „Pippi Langstrumpf“, und es bietet nebenbei eine kundige und witzige Einführung in Kinderseelen: vom pfiffigen Dickwanst Theo bis zum Punk en miniature, Hortensia.