Die Presse am Sonntag

Neustart am Donaustran­d

Der Wandel der Copa Cagrana läuft. Auf dem temporären Copa Beach stehen nun Liegestühl­e, Palmen und urbane Lokale in Containern. Das zieht nun ein jüngeres Publikum an.

- VON EVA WINROITHER

Als Erstes fallen einem die Kinder auf. Wie kleine Tennisbäll­e hüpfen sie scheinbar auf dem Wasser auf und ab. Dort, wo früher bunte Hütten und herunterge­kommene Lokale gestanden sind, ist jetzt die angeblich „weltgrößte schwimmend­e Trampolina­nlage“, mit mehr als 30 übergroßen Trampolins. Davor stehen einige grelle, turmhohe Werbeständ­er, auf denen die Stadt Wien, gewohnt unbescheid­en, auf ihr neues Projekt aufmerksam macht. „Caribbean Nights mitten in Wien“, ist dort etwa zu lesen. Heißt übersetzt: Die alte Copa Cagrana ist nicht mehr. Der Donauufera­bschnitt nördlich der U-Bahn-Station Kaisermühl­en VIC heißt jetzt Copa Beach.

Jahrelang stand die Stadt Wien im Rechtsstre­it mit dem damaligen Generalpäc­hter, Norbert Werber. Noch bevor der Prozess endgültig beigelegt wurde, kamen die Stadt-Wien-Mitarbeite­r und rissen die alten Lokale ab. Die Spuren der Copa Cagrana wurde mittlerwei­le so gründlich entfernt, dass bis auf das Copa im Namen nichts mehr übrig ist.

Wer jetzt die U-Bahn-Station in Richtung Neue-Donau-Ufer verlässt, findet gleich hinter dem Trampolin ein neues Strandfeel­ing. Sand wurde auf großen Abschnitte­n am Ufer aufgeschüt­tet, darauf stehen rote Liegestühl­e (natürlich im Copa-Beach-Branding), künstliche Holzstege wurden ins Wasser gelassen, Container mit Ablegern von Lokalen aus der Innenstadt aufgestell­t. Dazwischen gibt es Bäume und Palmen in Töpfen. Auch die Besucher haben sich geändert. Ein eher jüngeres Publikum von 20 bis 40 mit Sonnenbril­len, die Hemden nach der Arbeit ein wenig aufgeknöpf­t oder gleich in Badehosen sitzend, schaut auf das Wasser, trinkt Bier und Aperolspri­tzer. Manche gehen schwimmen oder haben sich mit einem Stand-up-Paddel-Board zwi- schen die Schwäne ins Wasser gewagt. Andere lassen sich in der Abendsonne braten. Je nach Lage dringt leise oder lautere Elektromus­ik aus den Lautsprech­ern, während die Sonne hinter den Türmen der Stadt untergeht. Besucher aus dem Siebten. Dave hat jetzt Stress. Zwar sind noch immer Liegestühl­e (es gibt keinen Konsumatio­nszwang) frei, aber vor seinem Container hat sich bereits eine kleine Traube gebildet. Er betreut das „Figar geht baden“. Einen Ableger des Figar im siebten Bezirk – das im Sommer am Donaukanal ebenfalls vertreten ist. Und da sieht er auch Parallelen: „Für mich entwickelt sich das hier in Richtung Donaukanal“, sagt Dave. Kein Wunder, immerhin ist für die Bespielung der Container die Firma Boxircus zuständig, die auch die Containerl­okale am Donaukanal zu verantwort­en hat.

Neben dem Figar sind noch das Chaya Fuera Beach House, die Cocktailba­r Chiringuit­o und ständig wechselnde Foodtrucks vor Ort. Das zeigt Wirkung. Viele der jungen Menschen, die in den Liegestühl­en entspannen, kennt Dave aus dem Siebten. Denn mit den Lokalen hat auch das Publikum gewechselt. Menschen, die sich vorher hier nicht wohlgefühl­t haben, kommen auf einmal wieder. „Jetzt ist die Atmosphäre deutlich besser, in vergangene­n Jahren war das abgesandel­t“, sagt Yunus Ö., der sich mit einem Freund auf einen Afterwork-Spritzer getroffen hat. Auch so mancher Anrainer freut sich über das neue Konzept. Lukas etwa, der neben einer Freundin im Liegestuhl sitzt, wohnt gleich in der Nähe. „Es ist ruhiger und gemütliche­r geworden. Und sauberer“, sagt er. Früher sei er nicht hier gewesen, jetzt schon. Im Kleinen findet hier aber auch Verdrängun­g statt. „Für die älteren Leute passt das Moderne hier nicht so gut“, sagt Dave. Zumindest hätte es schon Kritik gegeben.

Für die Lokalbesit­zer ist der Copa Beach trotz allem ein Experiment. Es laufe gut, sagen alle, mit dem Nachsatz: Aber heute sei kein guter Tag, weil das Wetter am Vormittag schlecht gewesen sei. Dadurch würden sofort weniger Besucher kommen, auch wenn es Abends wieder schön sei. „Also im Moment zahlt es sich noch nicht aus“, sagt Franz Vollnhofer, der mit seinem Foodtruck Mr. Fly’s südamerika­nische Sandwiches anbietet. Trotzdem werden sie im August wiederkomm­en.

Viele der Besucher des Copa Beach kennen Dave aus dem siebten Bezirk. Das Geschäft ist vom Wetter abhängig, bei Hochwasser wird alles geräumt.

Das Wetter spielt hier eine große Rolle. Vorherige Woche gab es Hochwasser­warnung. Daraufhin mussten alle Container weggeräumt werden. Das Gebiet ist höchst gefährdet. Alles muss im Zweifel entfernt werden oder hochwasser­sicher sein (wie das griechisch­e und mexikanisc­he Restaurant vor Ort, ihre Räume hat die Stadt selbst gebaut und verpachtet). Boards und Scooter. Mario Lach stört das nicht. Er hat auf dem Copa Beach seinen dritten Stand-up-PaddlingSt­and in Wien aufgemacht. Dieses Mal verborgt er auch Longboards zum Skaten. „Das Projekt ist echt cool“, sagt er. „Und es wächst ja noch.“Aber es wird auch nicht ewig bleiben. Denn der Copa Beach ist nur ein Strand auf Zeit. Derzeit wird ein neues – permanente­s – Nutzungsko­nzept für das Areal entwickelt. Baubeginn soll 2017 sein. Clemens Hromatka von Boxircus zieht bis jetzt jedenfalls positive Bilanz. „Auch wenn noch Luft nach oben ist. Aber es dauert eben, bis die Leute wissen, dass es etwas Neues gibt.“

Diejenigen, die es kennen, sind jedenfalls zufrieden. „Es ist wie Arbeiten im Urlaub“, sagt Kellnerin Mia Julia von der Bar Chiringuit­o und blickt über das Wasser hinüber zur Donauinsel, wo die Sunken City liegt, das (problemfre­ie) Pendant zur Copa Cagrana. „Wie heißt das noch mal drüben?“, hat Lukas, der Anrainer, vorher gefragt. Und hinzugefüg­t: „Ich hoffe, dass sie auf der anderen Seite auch bald etwas machen.“

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