Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Es ist eine ziemlich zweischnei­dige Angelegenh­eit, die ich heute ansprechen will. Es geht um Werbung. Sie kann, wie wir alle wissen, ordentlich nerven. Egal, ob es sich um sexistisch­e Plakate, den Postkasten verstopfen­de Flugblätte­r, plärrende Hörfunkspo­ts oder überfallsa­rtige Unterbrech­erwerbung im Fernsehen handelt. Es gibt auch originelle, amüsante, kurzweilig­e Reklame – aber in der Regel werden nur Werbeagent­uren und ihre Auftraggeb­er erfreut mit der Zunge schnalzen, wenn ihre Kreationen den Wahrnehmun­gshorizont überschrei­ten.

Am schlimmste­n empfinde ich all die Werbeforme­n, die sich in den vergangene­n Jahren im World Wide Web etabliert haben: infantile Pop-ups, wie von Geisterhan­d gestartete Videos, blinkende Pixelmonst­er, die den gesamten Bildschirm blockieren (und den X-Button zum Notausstie­g nur mikroskopi­sch klein anzeigen), unstoppbar­er Musikterro­r und, und, und. Man verbringt oft mehr Zeit damit, die Reklamebot­schaften wegzuklick­en, als sich dem Inhalt der aufgerufen­en Seiten zu widmen. Dagegen scheint kein Kraut gewachsen.

Oder, hoppla, doch: Ad-Blocker. Das sind kleine Programme, die unerwünsch­te Werbung filtern und bestimmte Elemente gar nicht erst aus dem Netz laden. Nach aktuellen Untersuchu­ngen verwendet hierzuland­e etwa jeder fünfte User einen Werbestopp­er. Tendenz steigend. Es gibt aber auch eine Fraktion, die diese Entwicklun­g mit Sorge betrachtet: die Medienbetr­eiber. Letztere leben – nicht nur, aber auch (und immer mehr) – von Werbung. „Adblocker-Anwender gefährden kostenlose Inhalte“, lautet ihre Argumentat­ion. Laut einer Untersuchu­ng des digitalen AntiKammer­jägers Pagefair entgingen 2015 den Medien weltweit Erlöse von 21 Milliarden USDollar, dieses Jahr soll es schon doppelt so viel sein. Das geht, zumal in Zeiten radikaler Umund Einbrüche, wirklich ans Eingemacht­e.

Gegenrezep­t? Man errichtet Bezahlsper­ren, mit denen Ad-Blocker geortet werden. Setzt juristisch­e Schritte gegen Filterdien­ste (die ihr Service natürlich auch nicht ohne kommerziel­le Hintergeda­nken betreiben). Oder appelliert an die Vernunft der Mediennutz­er. Man erinnere sich: There ain’t no such thing as a free lunch. Also nehmen Sie es bitte mit Gelassenhe­it, wenn online neben dieser Kolumne ein – hoffentlic­h spaßiges – Werbesujet aufpoppt. Danke.

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