Eine Tunika für zwei Generationen
Bei Tunibelle verkaufen Denise Brezovich und Mia Volmut seit wenigen Wochen ein etwas anderes Kleidungsstück: die Tunika. Denn was die Römer einst trugen, soll jetzt auch die Österreicher im Sommer begeistern.
Wer im Hochsommer schon einmal Röhrenjeans getragen hat, weiß: Bei über 30 Grad ist das richtige Outfit nicht mehr nur eine Frage der Optik, sondern auch des Komforts. Denise Brezovich, Gründerin von Tunibelle, weiß außerdem: Wer drei Kinder auf die Welt gebracht hat, möchte sich auch im Urlaub nicht immer und überall im Bikini zeigen. Das ist nicht weiter schlimm, denn gerade in heißen Gegenden haben sich Tuniken gewissermaßen seit der römischen Antike als Kleidungsstücke bewährt.
Mitten in Wien Penzing, im Souterrain eines Einfamilienhauses mit gepflegtem Vorgarten, hängen seit einigen Monaten Tuniken in bunten Farben an Kleiderständern. Erst vor Kurzem haben Denise Brezovich und ihre Kollegin Mia Volmut das Unternehmen Tunibelle gegründet. Seitdem finden sich immer wieder Kundinnen im Vorführraum ein, um die erste Tunikakollektion der beiden Freundinnen durchzuprobieren. Modelle gibt es nicht nur in unterschiedlichen Farbkombinationen, sondern auch in verschiedenen Größen für Kinder und Erwachsene. Eingebung im Urlaub. Die Geschäftsidee war entstanden, als Brezovich mit ihrer Familie Urlaub in Griechenland machte. Dort beobachtete sie eine Mutter und ihre Tochter, die jeden Tag im Partnerlook gekleidet zum Abendessen erschienen. Brezovich, selbst Mutter von drei Söhnen, war begeistert und beschloss, etwas Ähnliches auch zu Hause in Österreich anzubieten. Tuniken für Mütter und Töchter sollten es sein, in denen sich jede Frau wohlfühlt, von Konfektionsgröße und Körpergewicht unabhängig. „Frauen, die sich wohlfühlen, wirken anders“, sagt die 39-Jährige. „Wenn man sich gut fühlt, ist man automatisch schöner.“Brezovichs Ehemann ist selbst Unternehmer. Als seine Frau ihm von ihrer Idee erzählte, war er erst einmal skeptisch. Ob sie denn einen Businessplan habe, fragte er. Sie hatte keinen, doch der Wunsch, sich mit dem Vertrieb von Tuniken selbstständig zu machen, blieb. Auf einem Pop-up-Markt verkaufte sie ihre ersten Stücke.
Von der Idee ihrer Freundin begeistert, erkundigte sich Mia Volmut kurze Zeit später, ob sie sich an Tuni- belle beteiligen könne. Volmut hatte zuvor in London Marketing studiert. Ihre heutige Geschäftspartnerin kannte sie vom Fußballplatz. „Unsere Söhne spielen im gleichen Fußballverein. Wenn man als Mami immer zuschaut und sogar bei einem Eigentor jubelt, lernt man natürlich auch die anderen Eltern kennen“, erzählt Brezovich.
Heute sind die beiden Frauen ein Team, das sich in den meisten Bereichen einig ist, sich dafür weniger ergänzt. „Wir haben beide dieselben Leidenschaften. Wir lieben Mode und Interieur und verbringen wahnsinnig gern Zeit mit unseren Kindern“, sagt Brezovich. Ihr Partnerin Mia ist gebürtige Kroatin. Sie bringe südländisches Lebensgefühl und „die Leichtigkeit des Seins“in das Jungunternehmen. Die geschäftliche Zusammenarbeit habe bisher der Freundschaft keineswegs geschadet. Es sei ein Geschenk, dass sie zusammenarbeiten dürften.
Auch dass der Vorführraum von Tunibelle in ihrem eigenen Haus ist, schätzt Brezovich sehr. So kann sie bei ihren Kindern sein, wenn diese aus der Schule kommen. Die Zeit zwischen acht und zwölf reiche aber bei Weitem nicht aus, um alles Geschäftliche zu erledigen und neue Stücke zu entwerfen. Das Designen sei gar nicht so schwer, wie man sich das vorstellt, sagt sie. „Seien wir ehrlich, das ist bei einer Tunika ja nicht Rocket Science.“ Fliegen um die Welt. Für die Kinder war es ungewohnt, dass ihre Mutter plötzlich ständig nebenbei arbeitete. Das hatten sie zuvor nur von ihrem Vater gekannt. „Aber vielleicht ist es gar nicht schlecht für sie, wenn sie sehen, dass auch ihre Mutter das kann, vor allem für die Buschen“, sagt die Neo-Unternehmerin und lacht.
Vor dem Einstieg ins Modebusiness war sie insgesamt acht Jahre bei ihren Kindern zu Hause. Davor hatte sie einen ganz anderen Karrierepfad eingeschlagen. „Ich habe zwölf Jahre als Flugbegleiterin bei den Austrian Airlines gearbeitet“, erzählt Brezovich. „Da bin ich von New York bis Tokio viel unterwegs gewesen und habe mich geärgert, dass, egal, wo ich bin, die Mode immer überall gleich ausschaut. Man muss sogar in Tokio irgendwo in ein verstecktes Viertel, um noch wirklich einzigartige Stücke zu finden.“Auch das sei ein Grund dafür gewesen, dass sie sich selbst dem Design verschrieben habe.
Neben ihrer Tätigkeit als Stewardess studierte Brezovich Medizin, brach das Studium aber nach der Geburt ihres ältesten Sohnes ab. In der ersten Zeit nach der Geburt plante sie
»Wenn man sich gut fühlt, dann ist man gleich automatisch schöner.«
zwar, nebenbei noch weiter zu studieren, erkannte dann aber, dass sie sich entscheiden musste. „Ich hätte entweder nicht die Mutter oder nicht die Medizinerin sein können, die ich sein wollte“, sagt sie rückblickend. Lust auf Reisen in ferne Länder. Geblieben ist Brezovich die Liebe zu fernen Ländern, vor allem dem asiatischen Raum. Gemeinsam mit ihrer Partnerin plant sie nun eine Reise nach Thailand und Indonesien, um Stoffe für die neue Tunikenkollektion einzukaufen. In Wien arbeitet das Unternehmen mit einer Schneiderei zusammen, die die Tuniken dann den Entwürfen entsprechend anfertigt.
Obwohl die Tunika südländisches Flair vermitteln soll, ist es den Unternehmerinnen wichtig, ihr Produkt in Österreich fertigen zu lassen. „Der Nachhaltigkeitsgedanke spielt bei uns eine große Rolle“, sagt Brezovich. Eine Tunika für Erwachsene kostet je nach Material zwischen 59 und 75 Euro, für Kinder zwischen 39 und 45 Euro. „Wir haben eine recht spezielle Klientel“, sagt die Gründerin. „Es sind oft junge Mütter, aus unserem Bekanntenkreis, aber auch Frauen, die Beiträge über uns auf Modeblogs lesen.“
Derzeit verbuchen die Partnerinnen täglich mindestens ein verkauftes Produkt. Sie haben ihr Unternehmen privat vorfinanziert, ihr vorläufiges Ziel ist es, kostendeckend zu arbeiten. Für die Zukunft ist neben weiteren Tunikamodellen, Kleidern und Hüten eine Bademodenkollektion geplant. So zuversichtlich Brezovich und Volmut mit ihrem Jungunternehmen also in die Zukunft blicken – ein Plan ist nicht ganz aufgegangen. „Die Idee, einen Partnerlook für Mutter und Tochter anzubieten, wird nicht so gut angenommen, das habe ich ein bisschen überschätzt“, sagt Brezovich. Wenn aber
»Ich habe mich darüber geärgert, dass die Mode überall gleich aussieht.«
Mütter mit ihren Töchtern zusammen in den Vorführraum kommen und ein gemeinsames Outfit kaufen, dann steht zumindest eine Sache fest: Am Ende entscheidet die Tochter, und am Ende ist das Outfit rosa.