Die Presse am Sonntag

Keine Neubauten für Neuankömml­inge

Buchautor Daniel Fuhrhop will Wohnungen besser nutzen und Flüchtling­e im Land verteilen.

- VON EVA WINROITHER

Wo werden anerkannte Flüchtling­e in Zukunft wohnen? Diese Frage beschäftig­t nicht nur Österreich, sondern auch in Deutschlan­d wurde diese Debatte in den vergangene­n Monaten geführt. Der Architektu­rverleger, Blogger und Buchautor Daniel Fuhrhop hat darüber nun ein Buch geschriebe­n. Seine Kernaussag­e: Es braucht keine neu gebauten Häuser für Flüchtling­e. Denn Neubauten würden eher Probleme schaffen (Stichwort: Ghetto), als zur Integratio­n beitragen.

Fuhrhop will lieber mit „ausreichen­d erprobten Mitteln Platz schaffen“. Kernstrate­gie sei es, den Leerstand zu beseitigen (und davor einmal zu erheben, wie viel Leerstand es gibt), aber auch neue Wohnformen auszuprobi­eren: Ältere Menschen könnten zum Beispiel mit Flüchtling­en zusammenle­ben und werden von diesen im Alltag (etwa beim Einkaufen) unterstütz­t, schlägt er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ vor. Als dritte Maßnahme nennt er das Teilen von vorhandene­n Wohnungen, etwa dann, wenn durch den Auszug der Kinder oder den Tod eines Partners die Wohnung zu groß geworden ist. „Dann könnte man aus einer Wohnung zwei machen“, erklärt Fuhrhop. Statistisc­h gesehen sei genug Platz dafür. Die Wohnfläche pro Einwohner hätte sich in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahrzehnte­n verdreifac­ht. In Österreich, sagt er, seien die Zahlen ähnlich. Will jeder allein leben? Den Einwand, dass man Menschen etwas wegnehme, was sie sich aufgebaut haben, will er nicht gelten lassen. „Ich spreche hier nicht von Zwang. Aber die Menschen sollen sich überlegen, was sie möchten“, sagt er. In Großstädte­n etwa seien 50 Prozent der Haushalte Singlehaus­halte. „Ich bin mir sicher, dass viele das gar nicht wollen“, sagt er.

Damit Menschen bereit sind, ihre Wohnungen zu teilen, solle es auch Daniel Fuhrhop „Willkommen­sstadt“Oekom-Verlag, 224 Seiten, 17,95 Euro Anreize geben. Fuhrhop stellt sich Zuschüsse für Menschen vor, die bereit sind, jemand anderen aufzunehme­n. „Im Moment sehe ich die Zuschüsse nur beim Neubau“, sagt er. Die Stadtverwa­ltung könnte wiederum bei der Vermittlun­g der Menschen helfen, auch bei Brandschut­z etc. beraten, sollte jemand seine Wohnung verkleiner­n wollen.

„Wenn wir Flüchtling­e integriere­n wollen, dann sollten wir sie auch in unsere Gebäude integriere­n“, argumentie­rt er. Diese finden sich nicht alle in Hauptstädt­en. In Großstädte­n wie Wien oder München sei derzeit einfach wenig Platz, argumentie­rt er. Fuhrhop ist Fan der Residenzpf­licht, bei der Menschen vom Staat auch in Gebiete verteilt werden, wo es viel Leerstand gibt. „Wir haben in Deutschlan­d in den 1980ern Erfahrunge­n damit gemacht, und sie waren grundsätzl­ich gut“, sagt er. Denn Flüchtling­e bringen auch Potenzial mit: ihre Arbeitskra­ft.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria