Die Presse am Sonntag

Merkel will mit Tunesien über Auffanglag­er reden

Die deutsche Bundeskanz­lerin möchte mit dem tunesische­n Premier die Einrichtun­g möglicher Flüchtling­slager in Nor©ŻfrikŻ besprechen.

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Berlin. Die deutsche Bundeskanz­lerin, Angela Merkel, will in der kommenden Woche mit ihrem tunesische­n Amtskolleg­en, Youssef Khahed, über eine Errichtung von Flüchtling­slagern verhandeln. Das erklärte die CDU-Chefin in ihrer am Samstag veröffentl­ichten wöchentlic­hen Videobotsc­haft.

„Was die Frage von Auffanglag­ern anbelangt, so müssen wir das hier – im gegenseiti­gen Respekt voreinande­r – ruhig besprechen, welche Möglichkei­ten da sind“, sagte Merkel. Sie wies darauf hin, dass die Zahl der Flüchtling­e aus Afrika sehr hoch sei. In der CDU gibt es seit Längerem die Forderung nach Auffanglag­ern für Flüchtling­e in Nordafrika. Zuletzt hatte Anfang Februar auch SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann für die Schaffung von Flüchtling­slagern dort plädiert.

Alle 28 EU-Staaten hatten jüngst bei ihrem Treffen auf Malta die Notwendigk­eit einer engeren Kooperatio­n mit nordafrika­nischen Staaten, vor allem mit Libyen, bekräftigt. Wie beim Flüchtling­sabkommen mit der Türkei müssten auch Absprachen mit diesen Ländern gefunden werden, die sowohl der EU, den Staaten und den Flüchtling­en nutzten, so Merkel damals. Experten befürchten, dass in der milderen Jahreszeit wieder Tausende versuchen, über das Mittelmeer in die EU zu drängen.

Tunesiens Premiermin­ister Youssef Khahed wird am Dienstag in Berlin erwartet. Merkel kündigte an, sie werde mit ihm auch über Rückführun­gen sprechen. Der Berliner Weihnachts­markt-Attentäter, Anis Amri, war Tunesier. Er sollte in seine Heimat abgeschobe­n werden, was aber scheiterte, da die tunesische­n Behörden zunächst keine Passersatz­papiere ausstellte­n. Die Einstufung Tunesiens als sicherer Herkunftss­taat wird im deutschen Bundesrat derzeit blockiert.

In Tunesien konnten, anders als speziell in Syrien, nach den Protesten im sogenannte­n Arabischen Frühling 2011/11, demokratis­che Strukturen geschaffen werden. Beim Besuch Khaheds soll auch die zwischen beiden Ländern vereinbart­e „Sicherheit­spartnersc­haft“eine wichtige Rolle einnehmen. Schließlic­h sei der für Tunesien wichtige Tourismus von der Sicherheit­slage extrem abhängig.

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