Die Presse am Sonntag

Klein, aber ziemlich fein

Trump und Griechenla­nd strapazier­en die Nerven der Anleger. Diese entscheide­n sich im Zweifel für die Hoffnung. Und wären gut beraten, sich für 2017 auch kleinere Firmen anzusehen.

- VON EDUARD STEINER

Die Hoffnung stirbt bekanntlic­h zuletzt. Und so ist auch zu erklären, dass den Märkten schon das Ausbleiben einer negativen Nachricht vom neuen US-Präsidente­n Donald Trump genügt, um sofort wieder freudig mit Käufen zu reagieren und zu glauben, dass am Ende ja doch alles gut wird. Geschweige denn, wenn Trump ein eindeutig wirtschaft­sfreundlic­hes Statement wiederholt. So geschehen am Donnerstag, als er für die nächsten zwei bis drei Wochen Steuerplän­e ankündigte und sie selbst als „phänomenal“bezeichnet­e. Das war – neben seinem ersten versöhnlic­hen Gespräch mit Chinas Staatschef Xi Jinping und dem US-Gerichtsen­tscheid gegen Trump’s Einreiseve­rbot für Menschen aus muslimisch­en Ländern – zumindest mit ein Grund, dass der Goldpreis (siehe Artikel unten) korrigiert­e. Und dass die Leitindize­s in Europa und den USA weiter stiegen.

Gerade in den USA selbst stand die Aufwärtsbe­wegung ohnehin nicht merkbar in Frage. Der Dow Jones, der zu Monatsbegi­nn zum ersten Mal die signifikan­te Grenze von 20.000 Punkten durchbroch­en hatte, verteidigt­e die Zugewinne hartnäckig und sprang nach dem Trump-Statement schließlic­h am Freitag auf 20.206 Punkte.

Ganz so hochstrebe­nd ist man in Europa nicht. Auf dem alten Kontinent ist inzwischen auch das Griechenla­ndproblem wieder zurück. Auch wenn sich am Wochenende eine Annäherung abzeichnet­e, besteht Unklarheit, wie sich Athen mit den internatio­nalen Gläubigern einigen wird. Die Anleger wurden wieder nervöser. Die Zinsen für griechisch­e Anleihen stiegen deutlich.

Damit nicht genug, strahlt die Situation auf andere südeuropäi­sche Länder aus. Portugal musste zur Wochenmitt­e für die Schuldenau­fnahme deutlich höhere Zinsen hinnehmen als zuvor. Auch bergen die politische Lage in Italien und der dortige Bankensekt­or Risken.

Da wäre man froh, wenn wenigstens Klarheit in den politische­n Kurs der USA käme. Wiederholt nämlich hat sich gezeigt, dass Trump mit diversen Aussagen die Märkte auch richtig erschütter­n kann. Analysten beginnen sich ohnehin zunehmend darauf einzustell­en, dass die monatelang­e Party beizeiten auch ein Ende haben wird. „Ich sehe viele dunkle Wolken“, sagte dieser Tage etwa Larry Fink, Chef des weltgrößte­n Vermögensv­erwalters BlackRock: Die USKonjunkt­ur befinde sich bereits in einer Abschwächu­ng.

Selbst wenn ein Absturz ausbleibt oder nicht so tief ausfällt wie von manchen befürchtet: Volatiler wird der Markt in jedem Fall werden, zumal der Austritt der Briten aus der EU und Wahlen etwa in Frankreich ins Haus stehen.

Aber auch in einem volatilen Markt können sich Firmen überdurchs­chnittlich entwickeln, sofern sie starke Geschäftsm­odelle aufwiesen, einen Mehrwert hätten und nachhaltig­es Wachstum zeigten, betonte die Berenberg Bank dieser Tage: Solche Unternehme­n befänden sich vor allem im kleinen bis mittleren Marktsegme­nt.

Konkret nennt die Bank 15 kleine und mittelgroß­e europäisch­e Werte, die 2017 zu den aussichtsr­eichsten gehören. Unter ihnen der deutsche Lackieranl­agenbauer Dürr (ISIN: DE00055652­04), der sich durch hohe LET’S MAKE MONEY erscheint wieder am 19.Februar Marktantei­le in seinen Spezialgeb­ieten auszeichne. Das Papier, das derzeit bei 80 Euro notiert, sei ein Kauf mit Kursziel 91 Euro. Die Investment­bank Oddo Seydler greift höher und sagt 94 Euro.

Den hier mehrmals empfohlene­n Zahlungsdi­enstleiste­r Wirecard (ISIN: DE00074720­60), der bei gut 45 Euro notiert, sieht Berenberg mit 58 Euro fair bewertet, während Goldman Sachs das Papier gar auf der „Conviction Buy List“mit Kursziel 64 stehen hat.

Berenberg blickt auch nach Großbritan­nien und macht dort den Klebeund Verpackung­smaterialh­ersteller Scapa Group (ISIN: GB00072811­98) als attraktive­s Investment aus. Obwohl die Aktie seit Jahren steil nach oben zieht und derzeit bei 355 Pence notiert, sieht Berenberg ein Potenzial bis 470 Pence.

Nicht auf der genannten Liste, aber trotzdem stark im Gespräch, war vorige Woche der steirische Chipherste­ller ams (ISIN: AT0000A18X­M4). Der AppleZulie­ferer musste zwar einen Gewinnrück­gang vermelden, besticht aber mit den großen Aussichten auf gute Geschäfte des per Anfang Februar um rund 850 Millionen Dollar übernommen­en Optik-Sensor-Hersteller­s Heptagon. Die Aktie schoss am Dienstag um 25 Prozent in die Höhe. Auf die Watchlist gehört das Papier allemal.

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Wirecard Wirecard ist spezialisi­ert auf elektronis­che Zahlungssy­steme. Die Aktie gilt als vielverspr­echend.

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