Die Presse am Sonntag

Burli sucht nach Adolf

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Bernd Fischeraue­r, Grazer Regisseur, schafft mit »Burli« eine Erzählung über die Nachkriegs­zeit in Österreich: kindlich fragend, direkt und ziemlich gulaschget­ränkt. Eigentlich findet er seinen Vornamen ja ganz schön: Adolf. Warum ihn niemand je so nennt und er immer nur „Burli“gerufen wird, ist dem Teenager schleierha­ft. In den Küche-Zimmer-Bad-Wohnungen, zwischen Theaterpro­ben und Lateintest­s, bei den Dopplern und Nussschnäp­sen der Großväter entspinnt sich Bernd Fischeraue­rs Erzählung über das Österreich der Nachkriegs­jahre, und Burli führt den Leser durch die Gassen seiner Heimatstad­t Graz, an die Badehütte an der Wiener Alten Donau, an Seen in Kärnten und mitten hinein in die Lügen und Geheimniss­e seiner Eltern und derer Bekannten, die nicht darüber sprechen wollen, dass sie Nazis waren – oder sind. In Szenen durchsetzt von Gulasch-, Backhendlu­nd Gurkensala­tgeschmack geht es recht rasant durch Episoden aus Burlis (noch recht kurzem) Leben. Seine Mutter ist streng und still, sein Vater immer „auf Reisen“. Seine Eltern mag Burli wahrlich nicht gern: Nach dem Buch versteht man, dass in den 1950er-Jahren die Großväter wirklich die größeren Väter waren. Die, die man lieben konnte.

Burlis Sprache ist kindlich, vielleicht manchmal ein bisschen zu gewollt; das liest sich einfach, und die Erlebnisse des Jungen – von (recht direkt beschriebe­nen) ersten sexuellen Gehversuch­en über Urlaube am Land bis hin zum Zigaretten­rauchen am Schulweg – liefern einen nostalgies­chwangeren Rahmen für die Geschichte über eine Zeit, in der niemand offen politisch war – und die Menschen manchmal nach Angst rochen. (epos) Bernd Fischeraue­r: „Burli“, Picus, 288 Seiten, 24 Euro.

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