Eine Kräuterwanderung auf der
Susanne Prochaska und Sylvia Junger sind Kräuterpädagoginnen in Wien – und finden dort Kirschpflaumenblüten, Giersch oder Labkraut. Ein Rundgang auf der Donauinsel.
Die eine kommt mit dem Auto, die andere mit dem Fahrrad. Die dritte, die den beiden Kräuterexpertinnen über die Schulter schauen darf, mit der U-Bahn. Wir sind mitten in Wien oder ein bisschen nordöstlich davon, bei der U-Bahn-Station Donaustadtbrücke.
Hier mag man vieles vermuten – ein Kräuterparadies wohl kaum. Natürlich, hier ist die Donauinsel, es gibt viele Grünflächen, viel Wasser. Dennoch rauscht parallel zur Donau die Donauufer-Autobahn. Auf der Donaustadtbrücke bremst sich gerade eine U-Bahn-Garnitur ein, und auf der Südosttangente herrscht Hochbetrieb.
Susanne Prochaska und Sylvia Junger haben dafür kein Auge. Ihr Blick ist nach unten gerichtet. Egal, wie klein der Wiesenstreifen auch sein mag, sie finden etwas, begutachten es und kosten auch gern. „Oh schau, wie hübsch, Gänsekresse“, sagt Junger und hat ein zierliches Exemplar in der Hand. Prochaska und Junger sind ausgebildete Kräuterpädagoginnen und bieten Kräuterwanderungen in der Seestadt Aspern an. Für die „Presse am Sonntag“haben sie eine Ausnahme gemacht und die Donauinsel inspiziert.
„Alle fahren für Kräuterwanderungen nach Salzburg oder in die Bucklige Welt. Aber das ist nicht notwendig, wir können hier stundenlang gehen und finden so viel“, sagt Junger. „Manches traut man der Stadt einfach nicht zu“, meint ihre Kollegin Prochaska, die hauptberuflich eine Firma für Fischimport betreibt und auch Genusswanderungen am Wiener Naschmarkt anbietet. „Dort wächst zwischen den Pflastersteinen der Vogelknöterich.“
Die beiden haben sich vor Jahren zufällig kennengelernt und, da sie die Leidenschaft für Wildkräuter verbindet, kurz darauf die Wiener Kräuterakademie gegründet. Auch wenn das Inter- esse für Kräuter generell steigt, müssen sie sehr oft erklären, dass Wildkräuter aus der Stadt per se nicht schlecht sind. Im Gegenteil, die Feinstaubbelastung sei in der Stadt nicht unbedingt höher. Und außerdem könne man in Wien mangels Landwirtschaft davon ausgehen, dass die Wildkräuter keine Spritzmittel abbekommen haben. Man müsse nur abseits der Pfade, wo keine Hunde hinkommen, sammeln. Während Junger das erzählt, hat ihre Kollegin wieder ein paar Pflänzchen gepflückt. „Alles mit drei Blättern ist immer essbar“, sagt Wiener Kräuterakademie Die Unternehmerin Susanne Prochaska und die Krankenschwester Sylvia Junger bieten Kräuterwanderungen in Wien an. Sie sind ausgebildete Kräuterpädagoginnen. Termine: Kräuterausbildung Basiskurs (21./22. April und 9./10. Juni; 235 Euro, Wien); Kräuterstammtisch (jeden 1. Do im Monat, Seestadt Aspern) www.kräuterakademie.at sie und reicht einen Bastard-Klee zum Kosten. „Er gehört zur selben Familie wie die Erbse, deshalb schmeckt man sie auch ein bisschen heraus.“
Jetzt ist die ideale Zeit, um Kräuter zu sammeln. Nicht nur, weil wir uns so lange danach gesehnt haben, endlich frisches Grün zu sehen. „Je älter die Pflanze ist, desto mehr Bitterstoffe hat sie. Aus Selbstschutz, damit sie nicht gefressen wird.“Deshalb sind sie jetzt noch besonders zart.
Auf der einen Seite rauscht die U-Bahn vorbei, auf der anderen wachsen Heilkräuter.
Falsche Kriecherl. Gepflückt werden darf natürlich nur das, was man kennt. „Nie etwas auf Verdacht pflücken, never, ever“, sagt Junger. Außerdem soll sauber und sortenrein gesammelt werden. Sonst kann es daheim schwierig werden, die eingetrockneten Pflanzen auseinanderzukennen. Und noch einen Tipp hat Junger: Um Pflanzen zu bestimmen, soll man in drei unabhängigen Medien nachschlagen. „Und sich nicht immer auf Google Picture verlassen, da kann bei drei Bildern schon ein falsches dabei sein.“Lieber in einem Pflanzenbuch nachschlagen und jemanden fragen, der sich auskennt.