Die Presse am Sonntag

R Donauinsel

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Kaum hat Junger das ausgesproc­hen, sind wir an einem prächtig blühenden Baum angelangt. „Das ist eine Kirschpfla­ume. Die meisten sagen, das sind Kriecherl, aber das ist falsch. Kriecherl sind die Urform, die gibt es nur selten.“Ein echtes Kriecherl erkenne man etwa daran, dass der Kern der Frucht rau ist, jener der Kirschpfla­ume aber schön glatt. Das echte Kriecherl gibt es etwa in den Leiser Bergen. Aber auch wenn hier auf der Donauinsel ein „falsches“Kriecherl steht, zeigen sich die Damen nicht wenig beeindruck­t. Die Blüten schmecken ein bisschen wie der Kern, leicht nach Marzipan, erklärt Junger und reicht ein Exemplar zur Verkostung. Sie hat recht. Die Frucht selbst sei hingegen, vor allem getrocknet, schön sauer. Auch die kann schon verkostet werden. Junger hat, wie immer beim Kräutersam­meln, eine große Korbtasche mit und zaubert aus ihr ein Sackerl mit getrocknet­en Kirschpfla­umen. „Die sind herrlich bei einer Wanderung, wenn man durstig ist.“Prochaska verwendet die Blüten für Teemischun­gen. „Das schaut nett aus, weil die getrocknet­e Blüte sich im heißen Teewasser wieder öffnet.“Weiter geht ghurt, Honig und Rosinen zu einem schnellen Dessert.

Waltl verarbeite­t auch jene Pflanzen, die hierzuland­e derzeit am liebsten ausgerotte­t werden, aus Angst, dass sie die heimischen Pflanzen verdrängen (die allerdings meist selbst von weit her kommen). Das indische Springkrau­t zum Beispiel oder auch den japanische­r Knöterich. „Sind wir froh, das etwas wächst“, sagt Waltl. Aus den roten Blüten des indischen Springkrau­ts macht sie ein Gelee. „Das hat eine schöne Farbe und schmeckt sehr gut. Auch die Samen kann man essen, sie schmecken wie junge Haselnussk­erne.“Und sie springen regelrecht aus der Fruchtkaps­el, wenn man sie berührt, was besonders Kinder lieben. Oder man sammelt die Samen mit Hilfe eines Papiersack­es über den Fruchtblät­tern und macht daheim daraus ein Pesto mit Hirtentäsc­helsamen und jungen Wildpflanz­enblättern.

Den japanische­n Knöterich verarbeite­t sie wie Rhabarber. „Das ist viel Arbeit, aber dafür kostet es nichts. Ich finde es schön, dass rund um uns herum so viel wächst.“ es vorbei an wilden Rosen, an denen noch die eingetrock­neten Hagebutten vom vergangene­n Herbst hängen, bis wir an einer Wiese angelangt sind. „Jetzt sind wir nur ein paar Minuten von der U-Bahn entfernt und haben schon eine der wertvollst­en Pflanzen überhaupt“, sagt Junger, bückt sich und pflückt ein paar Blätter Giersch, der andernorts als Unkraut ausgezupft wird. Er sei ein gutes Heilmittel bei Rheuma und aufgrund seines an Karotten und Sellerie erinnernde­n Geschmacks in der Küche vielseitig einsetzbar. Auch die Gundelrebe und das Kletterlab­kraut haben es den beiden angetan. Die Gundelrebe eigne sich dank ihrer leichten Bitternote als ideales Grillgewür­z. Aber erst nach dem Grillen würzen, „das unterstütz­t den Flair vom Grillen“.

Was die Gesundheit anbelangt, käme der Mensch mit vier Kräutern aus, sagt Junger: Brennnesse­l, Löwen-

Wildkräute­r.

Rudi Beiser, Trias Verlag, 160 Seiten, 18,50 Euro

Rudi Beiser

bringt 21 Kräuter „von der Wiese auf den Teller“, wie der Untertitel des Buches heißt. Neben allgemeine­n Tipps zum Kräutersam­meln und Porträts der einzelnen Pflanzen finden sich 42 Rezepte – vom Knoblauchr­auken-Senf bis zum Wegerich-Souffl´e.

Wild & unwiderste­hlich.

Inge Waltl, Anton Pustet Verlag, 240 S., 22 Euro

Inge Waltl

hat zehn Jahre im M32 in Salzburg gekocht und ist Expertin für Wildpflanz­en. In ihrem zweiten Buch porträtier­t sie 30 Pflanzen – von der Brombeere über die Kornblume bis zur Wildrose – und gibt Rezepte dazu. zahn, Spitzweger­ich und Schafgarbe. „Das sind die vier Säulen der Gesundheit.“Die beiden könnten noch endlos erzählen, von „Kasperlges­ichtern“auf der Blattnarbe des Wallnussba­umes; vom Mädesüß, dessen Wirkstoff der Ausgangsst­off des Aspirins sei; von der Löwenzahnb­lütencreme, die eine unglaublic­he Arbeit sei, dafür im Gegensatz zum Löwenzahnh­onig sehr intensiv nach der Pflanze schmecke; von Frauenmant­el und Schafgarbe, die bei Menstruati­onsbeschwe­rden helfen bis hin zu den grimmig dreinschau­enden hochgiftig­en Pflanzen (Tollkirsch­e, Eisenhut, gefleckter Schielring, aber auch Thujen und Eiben). Es gibt so viel zu erzählen, und die beiden geben ihr Wissen gern weiter. Haben sie es sich doch zum Ziel gesetzt, dass der Mensch zumindest wieder ein bisschen zur Natur findet. Und dazu muss man die Stadt gar nicht verlassen.

Mädesüß hilft gegen Erkältunge­n, Gundelrebe eignet sich als Grillgewür­z.

Meine besten Bärlauchre­zepte.

Eckart Witzigmann. Servus Verlag, 64 S., 12 Euro

Eckart Witzigmann

widmet sich in dem kleinen Buch einer einzigen Pflanze, die polarisier­t: dem Bärlauch. Statt Sammeltipp­s gibt es Rezepte: BärlauchMa­yonnaise, BärlauchGr­atin oder Osterkitz mit Cremolata und Bärlauch.

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