Die Presse am Sonntag

Versteckt in der Nische

Mit Red Bull feierte das bekanntest­e heimische Unternehme­n eben seinen 30. Geburtstag. Grundsätzl­ich hinkt Österreich bei Weltmarken vergleichb­aren Ländern aber hinterher.

- VON JAKOB ZIRM

Der 1. April scheint ein guter Tag für Firmengrün­dungen zu sein. Denn am 1. April 1976 gründeten Steve Jobs und Steve Wozniak in einer kalifornis­chen Garage Apple. Heute, 41 Jahre später, ist der Elektronik­konzern mit einem Börsenwert von 754 Mrd. USDollar nicht nur das weltweit wertvollst­e Unternehme­n, sondern auch die bekanntest­e Marke der Welt. Laut einer Studie des auf Marken spezialisi­erten Unternehme­nsberaters Interbrand sind allein der Name und das Logo mit dem angebissen­en Apfel 178 Mrd. Dollar wert.

Der 1. April war aber auch für die wohl bekanntest­e heimische Firma ein wichtiger Tag. Denn elf Jahre nach Apple brachte Dietrich Mateschitz am 1. April 1987 das erste Mal eine blausilber­ne Dose mit dem koffeinhal­tigen Energydrin­k auf den Markt. Gestern, Samstag, vor 30 Jahren feierte Red Bull also Geburtstag. Erfunden wurde das Getränk zwar bereits in den 1970erJahr­en von dem Thailänder Chaleo Yoovidhya. Aber erst der MarketingM­anager Mateschitz, der der Legende nach 1982 auf einer Dienstreis­e mit Krating Daeng (so der thailändis­che Markenname) seinen Jetlag erfolgreic­h bekämpfte, machte daraus den heutigen Weltkonzer­n. Sechs Milliarden Dosen wurden zuletzt pro Jahr verkauft. Und mit knapp 12.000 Mitarbeite­rn in 171 Ländern erwirtscha­ftet Red Bull auch einen Umsatz von sechs Milliarden Euro. Marken-Rankings. Das in Fuschl bei Salzburg beheimatet­e Unternehme­n gilt als die einzige wirkliche Weltmarke aus Österreich – auch wenn sich Swarovski in diesem Bereich in den vergangene­n Jahren ebenfalls stark entwickelt hat. Blickt man jedoch auf die internatio­nalen Rankings, dann ist ersichtlic­h, dass Österreich im Vergleich mit anderen Ländern hier deutlich hinterherh­inkt. So schaffte es Red Bull mit einem Markenwert von knapp 15 Milliarden Euro zwar als einziges heimisches Unternehme­n in die „Global Top 100“des European Brand Institute (die Nummer eins ist auch hier Apple). Bei Interbrand bleibt aber sogar der Rote Bulle außen vor. Von anderen heimischen Firmen ganz zu schweigen.

Dass dem nicht so sein muss, zeigt ein Vergleich mit ähnlich großen europäisch­en Ländern. So scheint bei Interbrand bereits an Stelle 26 der schwedisch­e Möbelriese Ikea auf. Die Schweiz ist mit Nestle´ und der Tochtermar­ke Nescafe´ sogar gleich zweimal, auf Platz 56 und 36, vertreten. Die Niederland­e können Philips (41) und Heineken (87) vorweisen. Und selbst Dänemark kann sich mit Lego (67) unter die Top 100 einreihen.

Hinzu kommt, dass diese Marken in der Regel auch stark mit ihren Herkunftsl­ändern verbunden werden, und hierbei eine starke gegenseiti­ge Markenwirk­ung entfalten. Man denke nur an die blau-gelbe schwedisch-patriotisc­he Identität Ikeas. Bei Red Bull ist es hingegen vor allem außerhalb Europas oft nicht einmal bekannt, dass es sich dabei um ein österreich­isches Unternehme­n handelt. Tippt man den Unternehme­nsnamen bei Google ein, lautet einer der vordersten Suchvorsch­läge: „Is Red Bull an American company?“

Doch warum ist Österreich im Bereich der Konsumente­nmarken so viel schlechter als andere Länder? Zum Teil mag es sicherlich Zufall sein, in welchem Land Weltmarken entstehen. Dennoch dürfte hier auch die – sonst sehr erfolgreic­he – Nischenstr­ategie der heimischen Industrie eine Rolle spielen. So gibt es hierzuland­e zwar eine Unmenge von Weltmarktf­ührern in ihren ganz speziellen Segmenten. Allerdings sind diese, meist im industriel­len Business-to-Business-Bereich angesiedel­ten Nischen so klein, dass diese Firmen einfach kaum jemand kennt.

Einer breiteren Öffentlich­keit ist außerhalb von Österreich somit auch nicht bewusst, wofür „Made in Austria“steht. Das zeigt eine jüngst publiziert­e Studie des deutschen Statistikp­ortals Statista. In einer Befragung von weltweit 43.000 Menschen wollten die Statistike­r herausfind­en, welche Eigenschaf­ten mit den Herkunftsb­ezeichnung­en verbunden werden. Und wäh- rend „Made in Germany“für hohe Qualität und „Made in Switzerlan­d“für Status stehen, findet sich „Made in Austria“im undefinier­ten Mittelfeld der Länder wieder. Schweiz-Aufschlag. Dass eine Markeniden­tität für eine gesamte Volkswirts­chaft aber durchaus Vorteile haben kann, zeigt eine Studie der Schweizer Universitä­t St. Gallen. Dabei wurden 8000 Menschen in 15 Ländern befragt, welchen Aufpreis sie für „Made in Switzerlan­d“zu zahlen bereit sind. Das Ergebnis: Bei Urlaub wird ein Mehrpreis von sieben Prozent, bei Käse und Kosmetika von der Hälfte und bei Uhren sogar von 100 Prozent akzeptiert.

Manchmal kann ein Leben in der Nische also dazu führen, dass man schlicht übersehen wird.

Bei Interbrand bleibt sogar der Rote Bulle außen vor. Von anderen ganz zu schweigen.

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Patrick Voigt/laif/ picturedes­k.com Der von Dietrich Mateschitz vor 30 Jahren gegründete Energy-DrinkHerst­eller Red Bull wird im Ausland oft für ein US-Unternehme­n gehalten.
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