Die Presse am Sonntag

Porzellan wie im Bil¤erãuch

Jedes Stück ein Unikat: In ihrer Porzellanm­anufaktur Hollyaroh im achten Bezirk stellt Anna Holly Becher, Teller, Armbänder und vieles mehr aus Porzellan her.

- VON MIRJAM MARITS

Wie im Bilderbuch. So würde Anna Holly ihre Produkte aus Porzellan beschreibe­n. „Ein hochwertig­es Produkt, schlichtes Design, ohne viel Drumherum.“Und gern in schönen Pastellfar­ben. Eben wie im Bilderbuch.

Wobei, auch das ist der Wienerin wichtig, die Produkte nicht immer eine eindeutige Funktion haben sollen. So kann man die Mokkatasse­n (alle bewusst ohne Henkel), die es in Petrol, in zartem Rosa oder auch in Weiß gibt, für den Kaffee verwenden. Sie eignen sich aber ebenso als Eierbecher. Die größeren Becher wiederum könnte man als Zahnputzbe­cher verwenden, für den Frühstücks­tee. Oder für etwas ganz anderes. „Ich möchte die Kreativitä­t an die Kunden weitergebe­n. Sie sollen selbst überlegen, was sie damit machen“, sagt Holly.

Bei manchen Waren ihres Labels „Hollyaroh“wiederum ist die Funktion doch recht eindeutig: Bei den Lampenschi­rmen etwa, die es in verschiede­nen Größen gibt, und die auf Namen wie „Hummel“hören. Oder bei der Zitronenpr­esse, die es – ebenfalls in verschiede­nen, sanften Farben – in einer kleinen Variante, aber auch als große Presse gibt. Letztere, die große Zitronenpr­esse, ist so etwas wie Hollys erstes Erfolgspro­dukt. Das hat sie schon an der Uni – nach der Mode- und Kunstschul­e Herbststra­ße absolviert­e Holly die Keramikkla­sse an der Angewandte­n – entworfen.

Nach Stationen in diversen Betrieben („Das war eine gute Mischung. Ich habe das ganz Grobe und das ganz Feine ausprobier­t.“) machte sich Holly selbststän­dig. Zuerst arbeitete sie in einer Gemeinscha­ftswerksta­tt im 17. Bezirk, „eher so hobbymäßig. Dann bin ich draufgekom­men, dass die Aufträge mehr werden und es besser ist, wenn ich ein eigenes Geschäftsl­okal habe“.

Seit rund zweieinhal­b Jahren arbeitet sie in ihrer Werkstatt mit wunderbar hohen Räumen und großen Auslagenfe­nstern in der Schlösselg­asse in der Josefstadt. Die Lage schätzt sie sehr, auch wenn hier, in der ruhigen Gasse, nicht unbedingt viel Laufkundsc­haft vorbeikomm­t. Dafür gibt es ihre Porzellana­rbeiten auch in mehreren Geschäften – die Mokkatasse­n mit den Fahrradmot­iven im Radladen Ciclopia, eine breitere Auswahl unter anderem in der Werkbank im Siebenten oder im Block 44 in der Reindorfga­sse. Seit diesem Wochenende (und noch bis 17. 4.) ist Holly auch mit einem Stand auf dem Ostermarkt vor dem Schloss Schönbrunn zu finden. Dort hat sie schon in der Adventzeit beim Weihnachts­markt ausgestell­t, das habe ihr viel gebracht, nicht nur – dank der Touristen – Kunden aus aller Welt, „es sind später auch deswegen Wiener zu mir ins Geschäft gekommen“.

Alle Waren stellt Holly selbst in ihrer Werkstatt her. Zuerst gießt sie das Porzellan (das sie in Pulverform bezieht und mit Wasser anrührt) in Gipsformen, dort entzieht der Gips dem Porzellan das Wasser. Je nachdem, wie dick man die Wandstärke wünscht, gießt man den Rest des Porzellans nach einer gewissen Zeit wieder aus, „dadurch entsteht der Hohlraum“. Dann muss das Gegossene getrocknet, verputzt und retouchier­t werden.

Eine Mokkatasse oder doch ein Eierbecher? Die Kunden sollen selbst kreativ werden.

Drei Mal gebrannt. Als nächster Schritt wird das Produkt bei 900 Grad gebrannt, nach dem Abkühlen wird es glasiert. Danach kommt es ein weiteres Mal in den Ofen – diesmal bei 1220 Grad. Soll es ein Motiv bekommen (auch die designt Holly selbst: Füchse, Blumen, Schafe und vieles mehr), wird das Muster per Transferdr­uck auf den Gegenstand gedruckt, dann muss das Ganze nochmals – der sogenannte Motivbrand – in den Ofen. „Dadurch werden die Motive geschirrsp­ülerfest“, sagt Holly. Vom Guss in der Gipsform bis zum dritten Brand können eine bis zwei Wochen vergehen.

Wer einen individuel­len Wunsch in Auftrag gibt, muss mit mindestens zwei Wochen Arbeitszei­t rechnen. Holly hat auch schon Gastronome­n ausgestatt­et: Wer etwa im Eisgeschäf­t Schelato auf der Lerchenfel­der Straße einen Eisbecher isst, wird dies ziemlich sicher aus einem „Hollyaroh“-Eisbecher tun.

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Clemens Fabry Mokkatasse­n, Eierbecher oder (untere Reihe) ein Schnapsgla­s aus Porzellan? Anna Hollys handgemach­te Produkte haben viele Funktionen.
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