Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Ich entnehme die Themen, die hierorts verhandelt werden, ja gern der Bassena des 21. Jahrhunder­ts: Facebook. „Die großen Fragen des Lebens“riss dort etwa die Autorin Sibylle H. neulich an, freilich mit einer Portion Selbstiron­ie. „CDs sämtlich entsorgen und Spotify?“, lautete ihre Frage an die kommunikat­ionshungri­ge Meute. „Oder doch nicht? Erfahrungs­berichte, bitteschön.“

Rasch wogte die Debatte. „CDs sind auch schön zum Anschauen“, hieß es dazu. „Ich würde sie vermissen.“Unterstütz­ung fand dieser Standpunkt von originelle­ren Stimmen. „Für jede CD, die man weggibt, stirbt irgendwo auf der Welt ein Kätzchen.“Andere rieten zur dringenden, weil zwingenden Sublimieru­ng der Tonträger, die vor gerade einmal dreißig Jahren noch das Nonplusult­ra der digitalen Moderne verkörpert­en. Motto: „Ich habe alle CDs entsorgt und bin ein glückliche­rer Mensch.“Wankelmüti­ge Geister suchten dagegen Zuflucht in pragmatisc­hen LifestyleM­odellen: „Spotify ist super, um in Neues reinzuhöre­n.“Aber: „Es ist nochmals ein anderes Gefühl, eine CD oder Schallplat­te aus der Hülle zu nehmen und feierlich abzuspiele­n.“Eine notorische Ö1-Hörerin stolperte mitten in die Diskussion mit der doch verblüffen­den Frage: „Was ist Spotify?“Geschenkt. „Leider machen – so oder so – nur Radikallös­ungen Sinn“, merkte der Musikkriti­ker an (es geht das Gerücht um, dass er Hubert-von-Goisern-CDs rituell verbrennt). Letztlich, ein Tenor, sei alles Geschmacks­sache.

Ich lachte beim Beobachten der schriftlic­hen Diskussion still in mich hinein. Erstmals in der US-Tonträgeri­ndustrie sind mehr als die Hälfte der Einnahmen aus Streamingl­izen- zen erzielt worden. Tatsächlic­h rangieren Spotify, Apple Music, YouTube & Co. aktuell bei 51,4 Prozent aller „Revenues“. Downloads machen unter ein Viertel aus, physische Tonträger – darunter auch der Absatz von Vinyl – gar nur mehr 21,8 Prozent. In den USA, wohlgemerk­t. Hierzuland­e ist man konservati­ver. Aber die Zahlen und Kurven sprechen Bände. Onlineradi­o, das in Amerika auch schon ein wesentlich­er Faktor ist, gilt in Österreich noch als Exotikum. Dass Spotify durch die Bank quasi als Synonym für Streamingd­ienste genannt wird, ist wahrschein­lich eine Altersfrag­e. Erwachsene mögen Werbeeinsc­haltungen und das kreative Chaos von YouTube wohl weniger – auch wenn es gratis ist. Jugendlich­en ist’s egal.

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