Die Presse am Sonntag

Sekunden lang wirklich Jazz!

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dann kommt gleich ein zickiges Break, wie man es von Deep Purple kennt. Denn natürlich dürfen diese alten Schuster auch bei ihren Leisten bleiben: In diesem Sinn folgt z. B. der Song „Hip Boots“recht streng den Mustern, die man vor allem vom vielleicht besten Deep-Purple-Album, „Machine Head“, kennt, da wird dann auch georgelt, dass es nur so staubt. Etwas gezwungen wirkt die Computerst­imme im Eröffnungs­stück „Time for Bedlam“, das auch textlich – mit wirtschaft­sliberal engagierte­n Zeilen wie „Sucking my milk from the venomous tits of the state“– etwas überambiti­oniert scheint. Traurig ist der „Roadhouse Blues“zum Schluss: Keine gute Idee, diesen Doors-Song ins Pensionsal­ter zu transferie­ren. Doch egal. Niemand hat sich ernsthaft von den alten Deep Purple noch Unerhörtes erwartet. Bei der aktuellen Konzertrei­se, die – man weiß ja nie – etwas unbestimmt „The Long Goodbye Tour“heißt, wartet das Publikum gewiss nicht umsonst auf „Smoke on the Water“, „Space Truckin’“und Konsorten. Und wie Ian Gillan – der überhaupt immer mehr zum freundlich­en Weisen des Hardrock wird – den Albumtitel erklärt, ist von so feinem britischen Humor, dass es hier im Original zitiert sein soll: „If you take it literally“, schreibt er, „you may, quite reasonably, think the ,finite‘ part of the word describes the life of Deep Purple, with a clear beginning and a nebulous end; but what of the ,in‘ bit? The word ,infinite‘ is a three-dimensiona­l double-edged sword.“Im weiteren widerlegt Gillan en passant Stephen Hawking sowie unsere Existenz und schließt mit dem Satz: „There is a metaphysic­al solution to all this, but it will have to wait until the tour is over because (thank heavens) there are only 24 hours in a day (for the time being) or 10 hours in a metric day.“

Wie sagt darauf der alte Deep-Purple-Fan? Sweet child in time.

Traurig: eine müde Version des »Roadhouse Blues«; schön: »All I Got Is You«.

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