Nur ja nicht wie Obama aussehen
Mit seinem Syrien-Angriff bezweckte US-Präsident Donald Trump weniger eine Wende in diesem Krieg als eine Abgrenzung von seinem Vorgänger im Weißen Haus.
Der erste große Luftangriff der amerikanischen Streitkräfte auf das Regime von Syriens Machthaber, Bashar al-Assad, war erst wenige Stunden vorüber, als syrische Kampfflugzeuge das bombardierte Flugfeld im Nordwesten Syriens bereits wieder für Attacken auf Rebellengruppen verwendeten. 59 Marschflugkörper, abgefeuert von zwei amerikanischen Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer, hatten in der Nacht auf Freitag binnen rund vier Minuten auf dem Flugfeld Shayrat eingeschlagen. Rund 20 syrische Flugzeuge seien dabei ebenso zerstört worden wie Hangars, Treibstoffdepots und Luftabwehranlagen. Doch die beiden Pisten von Shayrat blieben unberührt. Schon am Freitag nutzte sie wieder zumindest ein syrischer Pilot völlig ungehindert. Zudem veröffentlichten syrische Oppositionelle im Internet Aufnahmen von syrischen Kampfhubschraubern, die offenbar Fassbomben voller Chlorgas über besiedelten Gebieten abwarfen.
War Donald Trumps Strafaktion gegen das syrische Regime also wirksam? War der Tomahawk-Angriff jener „überwältigende Erfolg“, von dem Außenminister Rex Tillerson sprach? Je- nes „sehr starke Signal, nicht nur an Syrien, sondern rundum die Welt“, wie Trumps Pressesprecher, Sean Spicer, behauptete?
Diese Fragen führen zu jener nach dem Zweck, den Trump mit dem Angriff auf Shayrat verfolgte. Vordergründig ging es ihm darum, Assad für den Einsatz völkerrechtlich verbotener Giftwaffen zu bestrafen. Doch wie gedenkt das Weiße Haus zu reagieren, wenn sich die Berichte über den wiederholten Einsatz von Chlorgas durch Assads Streitkräfte bewahrheiten? „Ich bezweifle, dass das auf das Niveau weiterer Angriffe steigen würde“, zitierte das „Wall Street Journal“einen Trump- Donald Trump am Donnerstagabend in seinem Millionärsclub Mar-a-Lago nach seiner Stellungnahme zum US-Angriff auf eine syrische Luftwaffenbasis. Berater. Einfacher gesagt: Wenn Assad es mit dem Einsatz von Giftgas nicht übertreibt – und vor allem keine Fernsehbilder qualvoll sterbender Kleinkinder daraus entstehen –, dann sind seine Truppen vorerst vor weiteren amerikanischen Marschflugkörpern sicher. Denn wie übereinstimmende Medienberichte und Trumps eigene wiederholte Aussagen seit dem Sarin-Angriff vom Dienstag auf die syrische Stadt Khan Sheikhoun verdeutlichten, waren es Schreckensbilder im Kabelfernsehen, die Trump aufrüttelten: „Das überschreitet bei mir viele Linien.“
Insofern wird ein wesentlicher Zweck des Tomahawk-Angriffs deut- lich: Trump will sich so klar wie möglich von seinem Vorgänger, Barack Obama, abgrenzen, den er wegen seines Zögerns und Abwägens jahrelang auf Twitter und später im Präsidentschaftswahlkampf verhöhnt hatte. Unmut im Kreml. Doch in der Sache ist Trumps demonstrative Härte gegenüber Syrien fraglich. Auch nach dem Tomahawk-Bombardement verbat es sich Spicer, die Absetzung Assads als Bedingung jenes umfassenden Friedensabkommens zu nennen, wie das unter Obama stets der Fall gewesen ist. Eine Trump’sche Syrien-Politik der Symbole – und doch hat der neue Präsident mit seinem ersten großen Militärschlag die Verhältnisse vor Ort wesentlich beeinflusst. Die russische Regierung kündigte jene Übereinkunft zwischen ihrer Luftwaffe und der amerikanischen auf, mit der Kollisionen zwischen russischen und amerikanischen Jets über Syrien vermieden werden sollen. Der Kreml verkündete zudem, Syriens Luftabwehrsysteme nun wesentlich verstärken zu wollen. Die Nachrichtenagentur Tass berichtete, eine russische Fregatte sei auf dem Weg zur Marinebasis im syrischen Tartus.
Was auch immer Trump fortan militärisch in Syrien zu tun gedenkt, beginnend mit jener Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung, die so oft gefordert wird: Es wird nun wesentlich schwerer und definitiv nur mithilfe Moskaus zu vollbringen sein.
Doch ob solche längerfristigen Überlegungen eine Rolle bei Trumps Entschluss, Shayrat zu bombardieren, eine Rolle gespielt haben, ist fraglich: „Er mag Zögern nicht – ob es um einen Militärschlag oder einen Tweet geht“, zitierte das Magazin „Politico“einen Konfidenten des Präsidenten.