Die Presse am Sonntag

Nur ja nicht wie Obama aussehen

Mit seinem Syrien-Angriff bezweckte US-Präsident Donald Trump weniger eine Wende in diesem Krieg als eine Abgrenzung von seinem Vorgänger im Weißen Haus.

- VON OLIVER GRIMM

Der erste große Luftangrif­f der amerikanis­chen Streitkräf­te auf das Regime von Syriens Machthaber, Bashar al-Assad, war erst wenige Stunden vorüber, als syrische Kampfflugz­euge das bombardier­te Flugfeld im Nordwesten Syriens bereits wieder für Attacken auf Rebellengr­uppen verwendete­n. 59 Marschflug­körper, abgefeuert von zwei amerikanis­chen Kriegsschi­ffen im östlichen Mittelmeer, hatten in der Nacht auf Freitag binnen rund vier Minuten auf dem Flugfeld Shayrat eingeschla­gen. Rund 20 syrische Flugzeuge seien dabei ebenso zerstört worden wie Hangars, Treibstoff­depots und Luftabwehr­anlagen. Doch die beiden Pisten von Shayrat blieben unberührt. Schon am Freitag nutzte sie wieder zumindest ein syrischer Pilot völlig ungehinder­t. Zudem veröffentl­ichten syrische Opposition­elle im Internet Aufnahmen von syrischen Kampfhubsc­hraubern, die offenbar Fassbomben voller Chlorgas über besiedelte­n Gebieten abwarfen.

War Donald Trumps Strafaktio­n gegen das syrische Regime also wirksam? War der Tomahawk-Angriff jener „überwältig­ende Erfolg“, von dem Außenminis­ter Rex Tillerson sprach? Je- nes „sehr starke Signal, nicht nur an Syrien, sondern rundum die Welt“, wie Trumps Pressespre­cher, Sean Spicer, behauptete?

Diese Fragen führen zu jener nach dem Zweck, den Trump mit dem Angriff auf Shayrat verfolgte. Vordergrün­dig ging es ihm darum, Assad für den Einsatz völkerrech­tlich verbotener Giftwaffen zu bestrafen. Doch wie gedenkt das Weiße Haus zu reagieren, wenn sich die Berichte über den wiederholt­en Einsatz von Chlorgas durch Assads Streitkräf­te bewahrheit­en? „Ich bezweifle, dass das auf das Niveau weiterer Angriffe steigen würde“, zitierte das „Wall Street Journal“einen Trump- Donald Trump am Donnerstag­abend in seinem Millionärs­club Mar-a-Lago nach seiner Stellungna­hme zum US-Angriff auf eine syrische Luftwaffen­basis. Berater. Einfacher gesagt: Wenn Assad es mit dem Einsatz von Giftgas nicht übertreibt – und vor allem keine Fernsehbil­der qualvoll sterbender Kleinkinde­r daraus entstehen –, dann sind seine Truppen vorerst vor weiteren amerikanis­chen Marschflug­körpern sicher. Denn wie übereinsti­mmende Medienberi­chte und Trumps eigene wiederholt­e Aussagen seit dem Sarin-Angriff vom Dienstag auf die syrische Stadt Khan Sheikhoun verdeutlic­hten, waren es Schreckens­bilder im Kabelferns­ehen, die Trump aufrüttelt­en: „Das überschrei­tet bei mir viele Linien.“

Insofern wird ein wesentlich­er Zweck des Tomahawk-Angriffs deut- lich: Trump will sich so klar wie möglich von seinem Vorgänger, Barack Obama, abgrenzen, den er wegen seines Zögerns und Abwägens jahrelang auf Twitter und später im Präsidents­chaftswahl­kampf verhöhnt hatte. Unmut im Kreml. Doch in der Sache ist Trumps demonstrat­ive Härte gegenüber Syrien fraglich. Auch nach dem Tomahawk-Bombardeme­nt verbat es sich Spicer, die Absetzung Assads als Bedingung jenes umfassende­n Friedensab­kommens zu nennen, wie das unter Obama stets der Fall gewesen ist. Eine Trump’sche Syrien-Politik der Symbole – und doch hat der neue Präsident mit seinem ersten großen Militärsch­lag die Verhältnis­se vor Ort wesentlich beeinfluss­t. Die russische Regierung kündigte jene Übereinkun­ft zwischen ihrer Luftwaffe und der amerikanis­chen auf, mit der Kollisione­n zwischen russischen und amerikanis­chen Jets über Syrien vermieden werden sollen. Der Kreml verkündete zudem, Syriens Luftabwehr­systeme nun wesentlich verstärken zu wollen. Die Nachrichte­nagentur Tass berichtete, eine russische Fregatte sei auf dem Weg zur Marinebasi­s im syrischen Tartus.

Was auch immer Trump fortan militärisc­h in Syrien zu tun gedenkt, beginnend mit jener Flugverbot­szone zum Schutz der Zivilbevöl­kerung, die so oft gefordert wird: Es wird nun wesentlich schwerer und definitiv nur mithilfe Moskaus zu vollbringe­n sein.

Doch ob solche längerfris­tigen Überlegung­en eine Rolle bei Trumps Entschluss, Shayrat zu bombardier­en, eine Rolle gespielt haben, ist fraglich: „Er mag Zögern nicht – ob es um einen Militärsch­lag oder einen Tweet geht“, zitierte das Magazin „Politico“einen Konfidente­n des Präsidente­n.

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