Markttag wie damals mit der Logistik von morgen
Ein Viehanhänger reiht sich an den nächsten an diesem sonnigen Dienstagvormittag im sonst so ruhigen Greinbach. Für Insider ist klar, was da los ist: Es ist Rindermarkt in der Greinbachhalle. Die idyllische Stille auf dem Parkplatz steht im Gegensatz zum Inneren der Halle: Schon beim Öffnen der Tür schallt einem die Stimme des Auktionators entgegen. Durch die Sägespäne in den Ställen riecht es nach Zirkus. Und auch die Stimmung ist ähnlich aufgekratzt. Es wird fachgesimpelt und begutachtet, über den Milchpreis diskutiert und trotzdem gelacht. Ruhig und gelassen sind eigentlich nur die Tiere. „Die Rinder sind so an die Menschen gewöhnt, die bringt der Markt nicht aus der Fassung“, erklärt Reinhard Pfleger, Geschäftsführer der Rinderzucht Steiermark.
Bewegungsfreiheit
Bei der Ankunft begutachtet der amtliche Tierarzt jedes Rind, nimmt stichprobenmäßig Blutproben und bei jeder Kuh Milchproben. Erfahrene Bauern bringen nur Tiere zum Markt, die in hervorragender Verfassung sind, denn das ist für das Tier besser, verhindert, dass sich eventuelle Krankheiten ausbreiten, und macht einen guten Eindruck beim Käufer. Denn die Kälber, Kalbinnen, Kühe und Mastrinder werden genau unter die Lupe genommen.
Die Tiere können von den Landwirten schon vorab im großen Stall begutachtet werden, der große Auftritt erfolgt dann eher unspektakulär: Ein Spaziergang über die „Bühne“, alle Daten zum Tier scheinen auf einer Leinwand auf und das Bieten kann losgehen. Die Kälber sind während der Versteigerung nirgendwo angebunden, ein wohldurchdachtes System aus Gängen lenkt sie in die richtige Bahn. Reinhard Pfleger sagt: „Gerade bei Tieren aus der Mutterkuhhaltung, die viel Zeit auf der Weide verbringen, wirkt sich das positiv aus. Sie werden unruhig, wenn sie in ihrer Freiheit eingeschränkt sind oder irgendwo alleine stehen müssen.“Darum werden diese Freigeister unter den Kälbern meist als Gruppe vors bietfreudige Publikum gelassen.
Der Rindermarkt in der Greinbachhalle findet alle zwei Wochen statt, abwechselnd mit dem Rindermarkt in Traboch bei Leoben. Die Käufer kommen aus der Ostund Weststeiermark sowie aus nahen Gemeinden in Niederösterreich und dem Burgenland. Die Transportzeit der Tiere liegt im Schnitt unter zwei Stunden. Warum es eigentlich nur Rinder-, aber keine Schweine- oder Hühnermärkte gibt, erklärt Pfleger: „Hintergrund sind die Biologie und unsere landwirtschaftlichen Strukturen. Eine Sau wirft um die 30 Ferkel pro Jahr, bei der Kuh ist es nur ein Kalb. Dazu kommt, dass die Rinderbauern in der Steiermark durchschnittlich nur rund 30 Rinder halten, wenn ein Mäster 25 Tiere auf einmal kaufen möchte, geht das eben am effizientesten über den Rindermarkt.“
Logistische Leistung
Der Rindermarkt bietet auch kleinen Betrieben die Möglichkeit, ihre Tiere unkompliziert zu verkaufen und sich mit Jungtieren zu versorgen. Wie klein ein Betrieb auch sein mag, die Nachvollziehbarkeit des Rindertransfers ist auf dem Rindermarkt stets gewährleistet. Reinhard Pfleger: „Alle Rinder sind in der zentralen Rinderdatenbank der AMA erfasst. Dort wird auch jeder Ortswechsel angegeben. Bevor die Verkäufer ihre Tiere zu uns bringen, melden sie diese bei uns an. 80 Prozent machen das online. Wir melden die Tiere nach dem Ver- kauf beim jeweiligen Landwirt ab und der neue Besitzer lässt sie dann wieder registrieren. Vergisst dieser darauf, bekommen wir eine automatische Meldung und erinnern den Bauern.“„So weiß man immer ganz genau, wo sich die Tiere gerade befinden“, sagt Pfleger.
Auch die Käufer müssen sich für diese Auktion offiziell anmelden, erst dann bekommen sie ihren gelben „Winker“, mit dem sie bieten können. Bei der Registrierung gibt der Käufer alle Daten an, unter anderem auch die Nummernschilder seines Fahrzeuges und seines Anhängers. Der Käufer bekommt schließlich Transportpapiere mit, aus denen hervorgeht, wann die Tiere verladen wurden. Was auf den ersten Blick unnötig kompliziert und bürokratisch erscheint, kommt letztendlich den Tieren und damit auch dem Konsumen- ten zugute: Kurze Transportwege sowie Fleisch und Milch aus der Region. Die Tierkennzeichnungsvorschriften sind gesetzlich geregelt. Die Größe der Ohrmarken ist EU-weit einheitlich festgelegt, damit man die Nummer auch von weitem in einer Herde gut ablesen kann. Die doppelte Kennzeichnung ist notwendig, weil die Tiere immer wieder Ohrmarken verlieren. In diesem Fall werden sie vom Landwirt nachbestellt und die Rinder wieder damit gekennzeichnet. Da es auch vorkommt, dass in einer Rinderherde mehrere Tiere die Ohrmarken verlieren, wäre ohne doppelte Kennzeichnung keine eindeutige Zuordnung mehr möglich. Darüber hinaus ist auch die Ablesbarkeit bei einer Doppelkennzeichnung wesentlich besser. In der Landwirtschaft geht der Trend ganz klar in Richtung Qualitätsproduktion, die Betriebe spezialisieren sich und die Kalbinnenmast gewinnt in Österreich an Bedeutung. Das ist im Sanktionskatalog genau geregelt, es gibt verschiedene Stufen. Leichte Abweichungen, zum Beispiel, wenn ein Dokument nicht abgelegt wurde, müssen behoben werden. Ist die Abweichung schwerwiegender, gibt es eine Frist, bis zu der der Fehler behoben sein muss. Danach kommt nochmals ein Kontrollor. Auch diese Kosten für diese Nachkontrolle muss der Landwirt bezahlen. Manchmal werden auch finanzielle Strafen verhängt, die Sanktionen gehen bis hin zum völligen Ausschluss des Betriebes aus dem AMA-Gütesiegel.