Die Presse am Sonntag

Wallfahrt durch den Wienerwald

Es muss nicht immer ©er JŻkoãsweg sein. Ein Buch erschließt ©ie WŻllfŻhrso­rte ©es WienerwŻl©s mit einem eigenen Pilgerweg.

- VON ERICH KOCINA

Noch muss man die Schilder suchen. In Schwechat, bei der Brücke auf der Ried, steht einer der wenigen Wegzeiger. „Jakobsweg Österreich, Wien Zentrum. 11,5 Kilometer.“

Das Schild am Weg entlang der Schwechat weist entweder direkt nach Wien, oder auf einen Abstecher zur Ja- kobskirche Schwechat. Nimmt man die 2,4 Kilometer zur Kirche auf sich, findet man hier die nächsten Schilder mit den Jakobsmusc­heln. Eines, das den Pilgern den Weg zur Stempelste­lle weist. Draußen, am Vorplatz der Kirche, wacht der Heilige Jakobus als Statue. Hier, kurz hinter der Stadtgrenz­e, beginnt offiziell der Jakobsweg Wien. Das war nicht immer so. Lange endete der berühmtest­e Der Jakobsweg ist nur ein, zugegeben sehr populärer, Rahmen für Wallfahrte­n. Doch es gibt auch Pilgerwege abseits der Jakobswegr­outen. Rund um Wien, zum Beispiel. Die Wienerwald­region beherbergt zahlreiche Stätten, die dafür geeignet wären. Autor Otto Kurt Knoll hat dazu auch ein eigenes Buch verfasst, das dafür als Grundlage dienen kann. „Wallfahrts­weg Wienerwald“versammelt die Beschreibu­ngen zahlreiche­r Orte rund um Wien – und liefert Wegbeschre­ibungen von Ort zu Ort, die auch längere Touren für Pilger erschließe­n.

Mit dem Reliquiens­chrein des heiligen Leopold in der Klosterneu­burger Leopoldska­pelle liegt etwa ein Ort der Heiligenve­rehrung vor den Toren Wiens. Anlässlich des 800. Todestages des Landespatr­ons wurde 1936 ein der Romanik nachempfun­dener Reliquiens­chrein angefertig­t, der über dem Verduner Altar angebracht wurde. Seit damals befinden sich dort die Reliquien des heiligen Leopold – allerdings mit Ausnahme der Schädelrel­iquie, die in der Schatzkamm­er aufbewahrt wird.

Der von Knoll vorgeschla­gene Weg führt über Leopoldsbe­rg, Kahlenberg, Kalksburg, Brunn am Gebirge über Heiligenkr­euz, Berndorf, Klein Maria- Pilgerweg der Welt, der Camino de Santiago, der auf unzähligen Routen durch Mitteleuro­pa und schließlic­h durch Spanien nach Santiago de Compostela führt, vor Wien. Die Pilger querten stets die Stadt, aber eine offizielle Route gab es zwischen Jakobskirc­he Schwechat und Jakobskirc­he Purkersdor­f nicht, sagt Stephan Aigner.

Er ist den Camino vor drei Jahren zum ersten Mal gegangen. Seit ihm auffiel, dass es in Wien keinen ausgeschil­derten Weg gibt, hat er sich (mittlerwei­le als Obmann des Vereins Jakobsweg Wien) daran gemacht, eine offizielle Route zu erarbeiten – und diese um Schilder und Pilgerherb­ergen zu ergänzen. Vorigen Sommer wurde der Wiener Jakobsweg schließlic­h offiziell eröffnet, am Stephanspl­atz, vor dem Manner-Shop, wurde der erste Wegweiser mit der Jakobsmusc­hel, dem Symbol des Pilgerwege­s, aufgestell­t.

100 Schilder sollen es in Summe werden, die nächsten, sagt Aigner, kommen im Mai. Schließlic­h seien die

„WŻllfŻhrts­weg WienerwŻl©“

von Otto Kurt Knoll. KralVerlag 2015; 24,90 Euro. Bei der Jakobskirc­he in Schwechat (links) beginnt offiziell der Jakobsweg Wien, er führt zum Wiener Stephansdo­m und von dort weiter in Richtung Westen. Bei der Jakobskirc­he Purkersdor­f (rechts) mündet der Jakobsweg Wien in den Abschnitt Purkersdor­fGöttweig. zell, erreicht Alt- und Neulengbac­h, das benachbart­e Maria Anzbach, und landet am Ende in Maria Gugging mit der bekannten Lourdesgro­tte.

Zu allen Stationen werden historisch­e Infos geliefert, über Architektu­r und Entstehung­sgeschicht­e der Kirchen, über Statuen und Gnadenbild­er – und auch passende Gebete für die jeweilige Station sind angeführt. Am Ende ist ein Abschnitt über Wallfahrts­gasthäuser enthalten – und auch ein Kulinarium. WŻllfŻhrt Żuf ©em Pfer©. Der Autor gibt Routenvors­chläge von einem beschriebe­nen Ort zum nächsten, sowohl für die Fahrt mit dem Auto als auch mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und zu Fuß. Aber auch eine kurze Beschreibu­ng ist enthalten, worauf geachtet werden muss, wenn man eine Wallfahrt zu Pferde bewältigen will. Was mittlerwei­le auch schon organisier­t angeboten wird. So findet am 24. und 25. Juni die sechste niederöste­rreichisch­e Rosswallfa­hrt statt – erstmals bundesländ­erübergrei­fend auch mit Abschnitte­n in Oberösterr­eich. Nähere Infos dazu gibt es unter www.noe-rosswallfa­hrt.at. Wie gesagt, es muss ja nicht immer der Jakobsweg sein. Beamten zwar, als es um die Beschilder­ung durch die Stadt ging, freundlich und kooperativ gewesen – aber dennoch dauert es, bis alle Genehmigun­gen beieinande­r sind. Noch sucht mŻn ©en Weg selbst. Einstweile­n muss man sich den Weg selbst suchen. Die erste Etappe beginnt wie gesagt bei der Jakobskirc­he Schwechat, hier geht es erst entlang der Schwechat, vorbei an der Raffinerie, an Getreidesi­los, durch den Alberner Hafen, schließlic­h über die Freudenaue­r Hafenstraß­e und auf die Donauinsel. Nun immer gerade aus, vorbei an einer Wasserstel­le, vorbei an Steinsporn­brücke und Autobahnbr­ücke, erst auf der Schleusenb­rücke Wehr 1 geht es über die Neue Donau. Wir folgen dem Weg, queren die Donauufera­utobahn und kommen zu einem Pilgerdenk­mal, das an den Heiligen Koloman erinnert.

Der war der Legende nach ein irischer Pilger auf dem Weg ins Heilige Land, den man in Stockerau für einen Spion hielt und 1012 hingericht­et hat. Vom Denkmal geht es weiter am Uferweg der Alten Donau, zum Schnitterw­eg und zum Ende der ersten Etappe: die Herz-Jesu-Kirche in Kaisermühl­en.

Etappe zwei führt schließlic­h in Richtung Innenstadt: Schüttaust­raße, Wagramer Straße, Reichsbrüc­ke, immer geradeaus geht es vorbei an der Pfarrkirch­e zum Hl. Franz von Assisi am Mexikoplat­z, der Lassallest­raße entlang, vorbei an Prater, Praterster­n, entlang der Praterstra­ße, zum Donaukanal, über Marienbrüc­ke, Schwedenpl­atz und Rotenturms­traße zum Stephanspl­atz. Dort kommt man, neben dem Manner-Shop, ins Pilgerbüro „Quo vadis?“. Im Stephansdo­m bekommen Pilger ihre Stempel im Domshop oder im Beichtzimm­er neben dem Eingang. Hier sind täglich Priester anwesend, die gern den Pilgersege­n spenden.

Vielleicht gibt er Kraft für die nächsten Kilometer: Etappe drei führt in Richtung Westen. Graben, Kohl- Schloß Schönbrunn markt, Michaeler Platz, Hofburg, Heldenplat­z, Ringstraße, Mariahilfe­r Straße, wir queren den Gürtel, vorbei am Technische­n Museum, zur Schönbrunn­er Schlossall­ee, am Haupteinga­ng des Schlosses Schönbrunn vorbei – hier endet die dritte Etappe.

Nicht zufällig führt die Route durch Wien entlang großer Sehenswürd­igkeiten. Sie wurde, sagt Aigner, schon so gelegt, dass es attraktiv ist, durch Wien zu gehen. Zuvor war dem nicht so, da sind die Pilger etwa über die Simmeringe­r Hauptstraß­e in Richtung Innenstadt gegangen. Nun ist diese attraktive­r – und das ist wohl ein Grund, dass sich Pilger mitunter mehr Zeit lassen: Rund 35 Kilometer lang ist der Weg von Schwechat in die Stadt und nach Purkersdor­f – das schafft ein geübter Pilger an einem Tag. Ein Anfänger gehe eher nur 25 Kilometer am Tag. Für Wien empfehle es sich aber, sagt Aigner, sich zwei oder drei Tage Zeit zu lassen. 500 gehen ©urch Wien nŻch SŻntiŻgo. Bald können Pilger, die einen Pilgerpass (den gibt es gegen freiwillig­e Spende) haben, vielleicht auch in einer offizielle­n Pilgerherb­erge nächtigen. Dort zahlen Pilger nur zehn bis 15 Euro pro Nacht – aktuell berät der Verein mit einem Wiener Orden, ob dieser seine Tore künftig öffnet und zur Jakobsweg-Herberge wird. Bedarf gibt es offenbar: Immerhin 500 Pilger, die weiter bis Santiago gehen, hätten Wien zuletzt etwa pro Jahr passiert.

Viele aber gehen den Weg nur etappenwei­se. In Wien führt die vierte Etappe von Schönbrunn über die Hietzinger Hauptstraß­e und die Auhofstraß­e, schließlic­h hinunter zum Wienfluss, dem wir bis Purkersdor­f folgen. Dort angekommen, geht es zum Hauptplatz, an dessen Ende sieht man die Jakobskirc­he schon. Der Wiener Weg ist geschafft! Hinter der Kirche wartet eine Statue des Hl. Jakobus – und ein Schild, das den Weg weiter in Richtung Göttweig zeigt. Buen Camino! Stephans†om Basilika Kaisermühl­en Auf †er Rie† 1, Schwechat

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