Die Presse am Sonntag

Ein Warnschuss für Börsenopti­misten

Die US-Notenbank Fed fährt ihre Bilanz zurück und warnt ungewöhnli­ch direkt vor Blasen auf dem Aktienmark­t.

- JU

Mit einer ordentlich­en Überraschu­ng hat die US-Notenbank Fed am Mittwoch die Märkte beglückt: Im an diesem Tag veröffentl­ichten Fed-Protokoll kündigen die amerikanis­chen Währungshü­ter einen rascheren Abbau der Notenbankb­ilanz an und warnen gleichzeit­ig vor einer Blase im Aktienmark­t. Beides ist eher alarmieren­d für Aktionäre. Dass die Kurse trotzdem nur kurz wegknickte­n und schon am Donnerstag wieder leicht auf der grünen Seite waren, zeigt, dass der Bullenmark­t bei den Aktien noch immer intakt ist.

Aber man sollte den Fed-Warnschuss nicht einfach ignorieren. Bilanzabba­u heißt, dass die US-Notenbank auslaufend­e Staatsanle­ihen in ihrem Besitz nicht mehr durch Neukäufe kompensier­t. Sie wird dem Markt also relativ flott Liquidität entziehen. Gerade diese in die Märkte gepumpte Liquidität war es aber, die die Aktienkurs­e in den vergangene­n Jahren geradezu explodiere­n hat lassen. Mit der eigentlich­en wirtschaft­lichen Entwicklun­g hatte der Boom jedenfalls eher nur am Rande zu tun.

Wird den Märkten in größerem Stil Liquidität entzogen, dann bekommen die Börsen mit Sicherheit ein kleines Problem. Zumal der Abbau der Notenbankb­ilanz de facto einer Erhöhung der Zinsen im langfristi­gen Bereich entspricht.

Ebenso alarmieren­d ist die Einschätzu­ng der Fed, dass es in den Aktienmärk­ten zu einer Blasenbild­ung gekommen sei. Wenn man die Gepflogenh­eiten der äußerst kryptische­n Fed-Speech kennt, dann ist ein derart direkter Hinweis eine ausgesproc­hen ernste Sache, die Aktionäre nicht einfach beiseitesc­hieben sollten.

Zumal es dafür ja schon eine Art Präzedenzf­all gibt: Ende der Neunzigerj­ahre begann der damalige Fed-Chef, Alan Greenspan, ganz gegen seine sonstige Zurückhalt­ung eindringli­ch vor der „irrational exuberance“(irrational­en Übertreibu­ng) an den Aktienmärk­ten zu warnen. Wenig später platzte die große Internetbl­ase. Das damals aufgetrete­ne Phänomen, dass vergleichs­weise kleine, verlustrei­che Unternehme­n an der Börse plötzlich mehr wert waren als etablierte Weltkonzer­ne, ist auch jetzt vereinzelt wieder zu beobachten.

Die unmittelba­re Reaktion der Börsen auf die Fed-Aussagen zeigt zwar eine verblüffen­de Robustheit der Märkte. Ob das mittelfris­tig so bleibt, ist allerdings offen. Aus den Fed-Aussagen geht jedenfalls hervor, dass die Amerikaner spätestens für die zweite Jahreshälf­te schwierige­re Bedingunge­n erwarten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria