Die unerträgliche Leichtigkeit des (Aus-)Schlafens
Er ist bei vielen gestört und zu kurz: der Schlaf. Experten sind sich einig: Wer leistungsfähig sein will, sollte regelmäßig sieben bis acht Stunden schlafen. Noch wichtiger ist nur, sich keinen Stress mit der Nachtruhe zu machen.
Acht Gruppen von Schlafstörungen kennt die Weltgesundheitsorganisation. Dazu gehören allgemeine Schlaflosigkeit ebenso wie Schlafwandeln oder organische Ursachen wie Atmungsstörungen und das Restless-Leg-Syndrom. Wer auf Dauer nicht oder nicht gut schlafen kann, ist nicht zu beneiden.
Wobei die Einstellung zum Schlaf und wie wir ihn gestalten im Lauf der Geschichte einem großen Wandel unterliegt und heute von Trends beeinflusst wird. Die alten Ägypter glaubten, dass im Schlaf die Götter durch Träume mit den Menschen kommunizierten; Sigmund Freud sah darin als Begründer der Traumdeutung einen Weg zur Psyche der Menschen. Das eigene Bett und das Phänomen des Alleinschlafens und Paarschlafens sind sehr jung, vielleicht 150 Jahre alt. Auch die Ansicht, dass man „gut schlafen“muss, ist relativ neu. Jüngst wird der Schlaf zum Lifestyle erklärt. Was Betten- und Matratzenhersteller, Lampen- und Tee-Erzeuger zu nutzen wissen. Die Schlafberatung ist ein weites Feld, von den Babys bis zu den Erwachsenen. Notorische Schlechtschläfer. Was viele dabei vergessen: „Wie es mir untertags geht, wird nur zu einem Teil von meinem Schlaf beeinflusst“, sagt Schlafmediziner Seidel. Was notorischen Schlechtschläfern gleich etwas Druck nehmen könnte. Auch der Schlafrhythmus war früher ein anderer als heute. Der US-Historiker Roger Ekirch vertritt die These, dass Menschen früher in zwei Phasen zu jeweils vier Stunden schliefen. Weil man dazwischen etwa das Feuer wieder anzünden musste. Wer also in der Nacht aufwacht, sollte sich darüber nicht ärgern. Durchschlafen ist offenbar etwas, was der Körper nicht unbedingt kennt und braucht. Jeder wacht in der Nacht mehrmals auf, auch Babys – nur erinnern wir uns daran selten.
Die größte Zäsur erlebte das Schlafen ohnehin mit der Erfindung der Glühbirne. War früher der Alltag durch Sonnenauf- und -untergang bestimmt, war nun das Arbeiten auch nach der Dunkelheit, also rund um die Uhr, möglich. Mittlerweile gilt jemand, der wenig schläft, als leistungsfähig. Eigentlich sollte das umgekehrt sein. Zuletzt fanden wieder Schlafforscher Gehör, die das Gegenteil propagieren. Nur wer ausreichend schläft, ist auch leistungsfähig. Wobei sich die Forschung über das „Wie lang“noch nicht ganz einig ist. Für Stefan Seidel ist das Wichtigste, „eine gewisse Stabilität im SchlafWach-Rhythmus“. Es zähle also weniger, wie viel man schläft, und mehr, dass man stets gleich viel schläft. Und wie steht er zum Langschlafen? „Aus- schlafen ist schon gescheit. Am Wochenende, aber nicht täglich.“Wenn Menschen ein- bis zweimal in der Woche ihr Schlafdefizit nachholen, sei das gut. Gibt es so etwas wie ein Überschlafen? „Manche Menschen berichten, dass sie sich nicht wohlfühlen, wenn sie länger schlafen. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass sie gegen den eigenen Rhythmus arbeiten und etwa drei, vier Stunden länger im Bett sind als notwendig.“Der Arzt rät daher, sich gleich nach dem Aufstehen körperlich zu betätigen und nicht stundenlang im Bett herumzuliegen.
Ein durchschnittlicher Erwachsener braucht sieben bis acht Stunden Schlaf, lautet die Empfehlung der meisten Experten. Wobei sich manche mit weniger zufriedengeben. Am wichtigsten sei es jedenfalls, dem Körper zu geben, wonach er verlangt. Denn wer seinen Schlaf unterdrückt, dem geht
Durchschlafen ist offenbar etwas, was der Körper nicht unbedingt kennt und braucht.