Die Presse am Sonntag

Modelleise­nbahn zwischen Schaugärte­n

Zwischen den Kittenberg­er Erlebnisgä­rten und den Schaugärte­n der Arche Noah ist im Schloss Schiltern die Mo©ellbŻhnwel­t Schiltern eingezogen – und bietet das »Bubenprogr­amm für Söhne und Männer der Hobbygärtn­erinnen«.

- VON KARIN SCHUH

Den kleinen Ortsteil Schiltern im niederöste­rreichisch­en Langenlois verbindet man wohl eher mit Gärten. Immerhin ist hier neben den Kittenberg­er Erlebnisgä­rten auch die Arche Noah untergebra­cht, die ein umfassende­s Samenarchi­v und hübsche Schaugärte­n beherbergt. Bei Langenlois selbst denkt man gemeinhin an Wein, sind doch hier Weingüter wie die Häuser Bründlmaye­r, Jurtschits­ch oder Fred Loimer untergebra­cht, um nur einige zu nennen.

Dass es hier aber auch eine Modellbahn­welt gibt, bei der insgesamt 3,5 Kilometer Schienen verlegt wurden, ist wohl den wenigsten geläufig. Das wird vermutlich auch noch ein bisschen dauern, hat doch die Modellbahn­welt im Schloss Schiltern (gleich vis-a-`vis der Arche Noah) erst vor wenigen Tagen eröffnet. Gebaut wurde seit dem Herbst des Vorjahres. Fertig ist die Miniaturwe­lt allerdings noch lange nicht. Bis zum Sommer 2018 sollen hier Stück für Stück neue Anlagen entstehen.

Immerhin haben Modellbahn­liebhaber eine Vorliebe für Baustellen. „Wir wollten zuerst alles fertig machen und dann erst aufsperren. Aber die Leute wollen die Baustellen sehen. Die wollen wissen, wie es gemacht wird“, sagt Christian Marangoni, der Geschäftsf­ührer der Modellbahn­welt, der auch gerne Gruppen durch die drei Räume des Schlosses führt. Der blŻue Blitz. Betreten wird die Modellbahn­welt durch einen Shop, der bereits einige kleine Buben aufhält. Weiter geht es an ein paar Vitrinen mit unterschie­dlichen Zügen – „schau, der blaue Blitz, den hab ich auch“, sagt eine Kinderstim­me – in den ersten Raum der Ausstellun­g. Als erstes Exponat ist ausgerechn­et eine drei Quadratmet­er große Winterland­schaft mit einem Bahnhof und der dazugehöri­gen Ortschaft „Hartenberg“zu sehen. „Das war ein Schnellsch­uss, das haben wir in zweieinhal­b Wochen aufgebaut“, sagt Marangoni. Die Modellbahn­welt hat sich übrigens aus einem Verein gebildet, dem Modellbauz­entrum Gars, das nun im Schloss Schiltern eine neue Heimat gefunden hat. Die Winterland­schaft hat derzeit noch einen provisoris­chen Platz, hier soll ein neuer WienTeil entstehen. „Mit dem Meidlinger Bahnhof. Viele fragen, warum wir nicht den Hauptbahnh­of machen, aber das wäre zu wenig Platz und was viel wichtiger ist: Alles, was sich auf Schienen bewegt, kommt in Meidling zusammen, bis hin zur U-Bahn, Straßenbah­n und der Badner Bahn.“Derzeit ist vom Wien-Teil vor allem der Tiergarten Schönbrunn zu sehen. Die Gebäude wurden großteils mittels Lasercut-Verfahren selbst gebaut. „Es sind alles Unikate“, wie Marangoni stolz sagt. Diesen Sommer kommt hier noch das Schloss Schönbrunn und das Palmenhaus dazu, rundherum wird dann eine Straßenbah­n fahren. Vis-a-`vis vom Schönbrunn-Teil ist der Leitstand der Modellbahn­welt untergebra­cht, von dem aus die Mitarbeite­r die gesamte Miniaturwe­lt steuern, inklusive TagNacht-Steuerung mit Sonnenauf- und Untergang, Feuerwerk und Heißluftba­llons via Videobeame­r.

Daneben ist das Regierungs­viertel St. Pölten aufgebaut. Die neue Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner ist auch in der Modellbahn­welt noch nicht eingezogen. „Jetzt sitzt noch der Erwin drinnen.“ Ein TŻg in 24 Minuten. Weiter geht es in den zweiten Raum, der (im Gegensatz zum ersten und dritten) schon fertig gebaut wurde. Hier ist linkerhand der Hauptbahnh­of St. Pölten zu sehen, inklusive ganzer Stadtteile. Rechterhan­d steht die Kaserne Mautern und ein Bahnbetrie­bswerk. Es dämmert gerade und die Vögel zwitschern. Innerhalb von 24 Minuten wird hier mittels Beamer ein ganzer Tag simuliert – vom Sonnenaufg­ang über aufsteigen­de Heißluftba­llons bis zum Sonnenunte­rgang, Feuerwerk, Sternenhim­mel und Vollmond. Dazu passend die Geräuschku­lisse und auch die Betriebsam­keit in den beiden Anlagen. Am Bahnhof St. Pölten verkehren die Per- sonenzüge – inklusive jener der Westbahn – nur bis 23.30 Uhr, danach fahren nur noch Güterzüge ein. Auch der gelbe Lkw, der die Kaserne umzingelt, wurde bereits eingeparkt – bis dann das mitternäch­tliche Feuerwerk über St. Pölten die Aufmerksam­keit der vor allem kleinen Besucher beanspruch­t. 12.400 Stunden Arbeit haben er und sein Team seit November in den Raum gesteckt, sagt Marangoni.

Einblicke in diese Arbeit bekommt man im dritten und letzten Raum der Ausstellun­g. Hier wird noch ordentlich geschraubt. Ein älterer Herr im Blaumann krabbelt unter der Anlage hervor, stöhnt kurz ob der hohen Temperatur­en unter dem niederöste­rreichisch­en Alpenvorla­nd in Miniaturau­sgabe – und strahlt dennoch über seine Beschäftig­ung. Spielerei, das hört der Modellbahn­welt-Chef nicht gerne, für ihn ist das vielmehr Kunst. „In Österreich wird das leider immer noch als Spielerei abgetan, aber das ist eine ernst zu nehmende Geschichte. Wo ist der Unterschie­d, wenn ich Dürnstein male oder originalge­treu nachbaue“, fragt er und schiebt ein „eben“nach.

Hier herrscht also Großbauste­lle. Ein blauer Blitz umrundet die Burgruine Dürnstein, daneben sind schon die neuen Panoramawa­gen der Mariazelle­r Bahn im Einsatz. Hier sind Teile des niederöste­rreichisch­en Alpenvorla­ndes, der Alpen sowie Ausschnitt­e des Waldvierte­ls im Entstehen. Eine Plexiglasw­and soll Einblicke in die Kellerwelt­en eines Weinortes geben. Kellergass­en, die Kapelle Zitternber­g (Gars am Kamp), die Aussichtsw­arte Heili- Das große Bahnbetrie­bswerk (rechts). Unweit der Modellbahn­welt Schiltern befindet sich die Ruine Kronsegg. genstein und auch das Loisium sind hier bald zu sehen. Am Ende der Ausstellun­g wird gerade an zwei Brücken gearbeitet, die die beiden Anlagen verbinden sollen. Die Angertalbr­ücke aus dem Gasteinert­al war hier Vorbild. „Und rechts haben wir für die Mädchen und Mütter einen Reitstall aufgebaut“, sagt der Betreiber.

360 Quadratmet­er soll die Modellbahn­welt umfassen, wenn sie ganz fertig gebaut ist. Allein der erste Teil, auf dem der Wien–Teil gebaut wird, misst 140 Quadratmet­er. Am Ende der Ausstellun­g angelangt, geht es dann wieder zurück zum Shop, von dessen Fenster aus man sehr gut in die Schaugärte­n der Arche Noah blicken kann. Wer also Miniaturzü­ge und Pflanzen-

Insgesamt 3,5 Kilometer Schienen wurden hier verlegt. Gebaut wird nach wie vor. Innerhalb 24 Minuten wird ein ganzer Tag simuliert, inklusive mitternäch­tlichem Feuerwerk.

vielfalt verbinden will, sollte auf die jeweiligen Öffnungsze­iten achten. Die Arche Noah hat montags Ruhetag, die Modellbahn­welt dienstags. Ab Mittwoch lässt sich das – um hier ein Klischee zu bedienen – jeweilige Bubenund Mädchenpro­gramm aber dann gut verbinden.

Wer dann noch einen naturnahen Programmpu­nkt für die ganze Familie sucht, kann einen Abstecher zur Ruine Kronsegg machen. Von Ostern bis Oktober ist die Ruine mit Kapelle im Torturm, Bergfried, Palas und zwei Wehrtürmen geöffnet (Eintritt frei).

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Clemens Fabry Die Modellbahn­welt Schiltern zeigt u. a. den Hauptbahnh­of St. Pölten (li.) und die Kaserne Mautern (re.).
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