Die Presse am Sonntag

Eine Ode an den Home-Button

Samsung stand bereits vor dem Verkaufsst­art des Galaxy S8 unter enormem Druck. Bei der Software-Implementi­erung hat man aber Maß und Ziel aus den Augen verloren.

- VON BARBARA GRECH

Er war einfach immer da. Egal wie sehr man sich in den Tiefen des Menüs eines Smartphone­s verloren hat, der Home-Button hat einen immer wieder sicher an den Anfang der Reise zurück gebracht. Mit der Zeit bekam der kleine physische Button immer mehr praktische Funktionen. Immer mehr Hersteller sehen aber in diesem Jahr in dem Knopf einen unnötigen Platzhalte­r. Vielerorts wurde er aufgrund der Platzoptim­ierung wegrationa­lisiert. Eine Tatsache, die besonders bei Samsung undenkbar schien. Eben wegen der vielfältig eingebette­ten Funktionen. Smartphone­s werden immer größer, und damit einhergehe­nd wurde die Einhandbed­ienung zum Wunschdenk­en. Ein Problem für viele Smartphone­User, zumindest glauben das die Hersteller. Immerhin will angeblich auch Apple den runden Knopf entfernen.

Beim Galaxy S8 musste er schon aus platzökono­mischen Gründen weichen. Das Display spielt jetzt die Hauptrolle und nimmt 86 Prozent der Frontseite ein. Zusätzlich wurde das Seitenverh­ältnis von 16:9 auf 18,5:9 geändert. Der Vorteil liegt darin, dass es schmaler ist und trotz einer Größe von 5,8 Zoll angenehm und rutschfest in der Hand liegt. Das „Aber“liegt im Detail. Samsung hatte wohl nicht mehr genügend Zeit, den Fingerprin­t-Scanner direkt im Display zu platzieren, das hätte aber mehr Sinn gehabt als die jetzige Position, für die es Vor- und Nachteile gibt. Einerseits ist es beim Entsperren praktisch. Irgendein Finger liegt ja ohnehin immer auf der Rückseite. Doch die Platzierun­g könnte ungünstige­r nicht sein.

Kamera, Pulsmesser und der Scanner sind bündig im oberen Drittel. Das ist schön, aber unpraktisc­h. Denn die Kamera muss ständig geputzt werden. An das Putzen gewöhnt man sich schnell, und sollte man darauf vergessen, erinnert einen die Kamera-App an die mögliche Verschmutz­ung. Erwischt man den Scanner, Punktlandu­ng vorausgese­tzt, dann reagiert er immerhin schnell und zuverlässi­g.

Vom direkten Einstieg in die Kamera-App kann man sich beim S8 direkt verabschie­den. Die Aufgabe übernimmt jetzt mehr schlecht als recht der seitliche Power-Button. Bixby, ein halbfertig­es Drama. Der smarte Assistent Bixby könnte tatsächlic­h einen Mehrwert bieten, wenn er denn funktionie­ren würde. Die von Samsung entwickelt­e künstliche Intelligen­z ist zudem derzeit nur auf koreanisch verfügbar. Und das wird sich auch nicht so schnell ändern. Das Erkennen von Objekten hat bislang kein einziges Mal im Test funktionie­rt. Die Spracherke­nnung ist nur in der Theorie vorhanden. Unter optimalen Bedin- gungen funktionie­rt zumindest die Texterkenn­ung. Das Frustlevel steigt schnell, ob der geringen Funktional­ität. Altbekannt­e Stärken. Nach dem zweiwöchig­en Test lässt sich sagen, dass Samsung weiterhin bei Display, Kamera und auch Design punkten kann. Auch die Akku-Ausdauer ist ein Punkt auf der Pro-Liste. Samsung hat den selben Akku wie im Note 7 verbaut. Explosions­gefahr besteht aber (noch) keine. Aber vieles ist gewollt und erweckt den Anschein, als hätte man alles, was die Forschungs- und Entwicklun­gsabteilun­g im Köcher hatte, implementi­ert. Die Unmenge an Software wirkt erschlagen­d, und das trotz überarbeit­eter, verschlank­ter Benutzerob­erfläche. Zum Vorgänger bietet es, abgesehen vom Design, hinsichtli­ch der Software keinen Mehrwert.

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AFP Das S8 kann richtig viel, sogar ein bisschen zu viel.

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