Stadt-Land unterm Hammer
Die Auktionswoche im Kinsky versteigert Stimmungsimpressionisten, Werke von Rudolf von Alt und eine Sammlung eines Antiquitätenhändlers.
Rudolf von Alt ist derzeit auf dem Kunstmarkt viel zu sehen. Auf den Kunst- und Antiquitätenmessen ebenso wie im Dorotheum und im Auktionshaus im Kinsky. Letzteres hat bei der Auktionswoche, die vom 25. bis 27. April stattfindet, gleich drei Werke von ihm im Angebot. Rudolf von Alt war schon zu Lebzeiten ein hoch geachteter Künstler und seine Landschaften und Stadtansichten erfreuen sich noch heute großer Beliebtheit. Ludwig Hevesi, bekannter Kunstkritiker zu Alts Zeit, nannte den Künstler den „modernsten Meister, den Österreich im 19. Jahrhundert hervorgebracht hat“.
Rudolf von Alt ist in einer Kunstwerkstatt aufgewachsen. Sein Vater Jakob Alt stellte topografische Lithografien und Radierungen her. Der Vater erkannte sehr schnell das Talent seines Sohnes. 1832, Rudolf von Alt war damals gerade zwanzig Jahre alt, entstand das Mappenwerk „Wiens Plätze und Umgebungen“, das Rudolf als den „künstlerisch erfindenden“und Jakob als den „lithografisch ausführenden“Teil der gemeinsamen Arbeit ausweist. In diese Zeit fällt auch der Auftrag des Thronfolgers und späteren Kaisers Ferdinand, Guckkastenbilder herzustellen. In den 1840er Jahren konnte sich Alt von den Zwängen dieses Auftraggeber-Künstler-Verhältnisses befreien: Lichtdurchflutete, farbenprächtige Landschaften waren die Folge. Ab den 1870er Jahren wurde Alt mit Auszeichnungen überhäuft, schließlich geadelt.
Ein Höhepunkt seines Lebens war, dass ihn die junge Avantgarde 1897 ersuchte, die Ehrenpräsidentschaft der Wiener Secession zu übernehmen. In der späten Phase seines künstlerischen Schaffens sind seine Bilder von der freien Umsetzung in reiner Farbe und Form gekennzeichnet. Der greise Rudolf von Alt fand eine neue Sprache, die es in der Aquarellmalerei bis dahin nicht gegeben hatte. Keine Höhenflüge. Preislich hat Rudolf von Alt in den letzten fünf Jahren keine neuen Höhenflüge gehabt. Das mag auch daran liegen, dass keine außergewöhnliche Ware auf den Auktionsmarkt gekommen ist. Der Rekord datiert ins Jahr 1997, erzielt von Christie’s für das Aquarell „Die Eisengießerei in der Skodagasse“mit umgerechnet 290.379 Euro. Zweithöchster Preis ist ein weiteres Aquarell der Eisengießerei in der Skodagasse, verkauft 2010 von Hassfurther für 235.000 Euro. Den letzten hohen sechsstelligen Zuschlag gab es 2012 im Kinsky mit 180.000 Euro für eine Ansicht von „Salzburg mit der Salzach“. In den 1970er Jahren kosteten Alts Bilder um 200.000 bis 300.000 Schilling, zehn Jahre später hat sich das Niveau auf eine halbe Million Schilling hochgeschraubt. Den preislichen Höhepunkt erreichte Alt in den 1990ern.
Im Kinsky kommt eine Innenansicht des Stephansdoms von 1883 zur Versteigerung. Der Stephansdom in Wien war ein beliebtes Motiv für Rudolf von Alt. Von keinem anderen Bauwerk hat er über die Jahrzehnte verteilt so viele Ansichten gemalt. Vereinzelt beschäftigte er sich auch mit dem Innenraum. Das Aquarell wird auf 35.000 bis 70.000 Euro geschätzt. Erwähnenswert ist zudem ein zweites Werk von Alt, „Der Hohe Markt in Wien“, das den Platz noch mit seinen Barockbauten zeigt. Hier liegt die Taxe bei 10.000 bis 20.000 Euro.
Neben Werken von Alt hat die Auktion wieder eine größere Auswahl an Stimmungsimpressionisten zu bieten, allen voran von Olga Wisinger-Florian. Sie hat eine sonnige Szene am Strand von Etretat an der normannischen „Alabasterküste“eingefangen. Der kleine Ort wurde schon im 19. Jahrhundert vom Fischerdorf zum beliebten Seebad und zog zahlreiche Touristen an. Daneben war er auch bei Künstlern ein begehrtes Motiv. Vor allem Eug`ene Boudin, einer der ersten Freilichtmaler, und seine Künstlerfreunde Corot, Troyon und Courbet malten ab 1850 regelmäßig in der Normandie. Der Strand von Etretat gehörte neben jenem von Trouville auch zu Wisinger-Florians beliebtesten Motiven. Die Arbeit wird mit einem Schätzpreis von 18.000 bis 36.000 Euro aufgerufen. Mit einer noch weit höheren Taxe geht Wisinger-Florians Werk „Der Fürstenweg in Raitz“an den Start. Laut Tagebuchaufzeichnungen verbrachte sie den Herbst 1906 in Südmähren und malte vom sogenannten Fürstenweg mehrere Fassungen zu unterschiedlichen Tageszeiten und in verschiedenen Größen. Das zur Auktion gelangende Werk stammt aus dem Nachlass von Olga Russbacher und ist auf 50.000 bis 100.000 Euro geschätzt. Altmeisterzeichnungen. Im Segment Alte Meister kann das Auktionshaus diesmal mit rund 70 Zeichnungen in Bleistift oder Tusche aus der Renaissance und dem Barock aufwarten. Zu den Höhepunkten zählt die Zeichnung „Kampf der Titanen“aus dem Umkreis Michelangelos, die an seine Szenen in der Sixtinischen Kapelle erinnert. Zu den ältesten Blättern gehört eine Darstellung Marias mit dem Kind, die Hans Springinklee zugeschrieben wird, einem Schüler Albrecht Dürers.
Bei den Altmeistergemälden kommen historisch interessierte Sammler auf ihre Kosten. Zum Aufruf gelangt nämlich die Darstellung einer Sitzung im Zuge des Trientiner Konzils von einem unbekannten Maler der venezianischen Schule. Die Debatte zur Beilegung der Kirchenspaltung durch die Reformation fand in drei Tagungen zwischen 1545 und 1564 statt. Der Maler hat die angespannte Situation und die unterschiedlichen Charaktere le- bensnah eingefangen. Das Bild soll 35.000 bis 70.000 Euro einbringen. Martin Johann Schmidt, besser bekannt unter dem Namen Kremser Schmidt, ist mit zwei Gemälden vertreten, die sich ehemals im Verbund eines Sakristeischrankes befanden. Das eine stellt die Ermordung Cäsars dar und das andere die Blendung Samsons. Letzteres ist mit 35.000 bis 70.000 Euro taxiert.
290.379 Euro ist der Rekordpreis für Rudolf von Alt. Erzielt wurde er 1997. Die Altmeisterauktion bietet 70 Zeichnungen aus Renaissance und Barock.
Eine barocke Alabaster-Figurengruppe, „Die Errettung der Hagar in der Wüste“von Josef Bergler, ist das mit 50.000 bis 100.000 Euro geschätzte Toplos im Antiquitätenangebot der Auktionswoche. Laut Losbeschreibung erwarb Fürst Rudolf Kinsky 1823 zwei kleine Alabastergruppen von Josef Bergler. Die eine war die Darstellung des „Opfers Abrahams“, die sich heute in der Sammlung Liechtenstein befindet, die andere die „Errettung der Hagar in der Wüste“. Sie blieben bis 1986 in Kinsky’schem Eigentum und wurden später von einem Wiener Antiquitätenhändler gekauft, dessen Sammlung nun im Kinsky versteigert wird. Neben der Alabastergruppe kommt ein Habaner Keramikkrug zum Aufruf, der die hohe Kunst der Fayence zeigt. Weitere herausragende Stücke werden mit einem Silberbecher aus Siebenbürgen (15.000 bis 30.000 Euro) sowie einem flämischen und einem Egerer Kabinettschrank des 17. Jahrhunderts angegeben.
Ein Meisterwerk der Porzellantechnik wiederum ist ein Uhrengehäuse von Claudius Innocentius du Paquier. Claudius du Paquier, seines Zeichens Hofkriegsagent, gründete 1718 die erste Wiener Porzellanmanufaktur. Nach der Schließung 1864 erfolgte die Wiederaufnahme 1923 mit der heutigen Porzellanmanufaktur Augarten. Die Uhr kommt mit einem Schätzpreis von 10.000 bis 20.000 zum Aufruf.