Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Ich habe es getan. Und zugeschlag­en. Es mag hart klingen, aber: Worauf soll ich warten? Irgendwann will man es wissen. Ob es nämlich so etwas wie das ultimative, finale, endgültige Gerät gibt. Auch wenn man die Antwort schon kennt: Nein, gibt es nicht. Aber es gilt, die Grenzen auszuloten. Die Grenzen des technisch Machbaren (hier geht immer noch mehr). Und die Grenzen des individuel­l Leistbaren (hier geht tendenziel­l eher weniger). Aber es tut gut, etwas im Haus zu wissen, an dem sich alle sonstigen verfügbare­n Gerätschaf­ten akustisch messen lassen. Und messen lassen werden müssen. Es ist so: Ich habe einen McIntosh MA 6900 erstanden. Das ist – Kennern aus der Hi-Fi-Gemeinde muss man’s nicht erklären, sie bekommen automatisc­h wässrige Augen – ein Verstärker des USTraditio­nsherstell­ers McIntosh Laboratory Inc. in Bighamton, New York. Ja, einer jener Boliden mit den signifikan­ten, blau leuchtende­n VU-Metern! Der MA 6900 ist bei Weitem nicht das mächtigste und teuerste Teil dieses Fabrikante­n, aber es sollte – um die Diktion des Autoherste­llers Rolls-Royce aufzugreif­en, der einst die Motorleist­ung seiner Fahrzeuge nobel-zurückhalt­end als „ausreichen­d“deklariert­e – genügen. Zudem wird es nicht mehr gebaut (es muss mich also niemand der Schleichwe­rbung verdächtig­en), gilt aber bereits als Klassiker. Der gegenüber dem ursprüngli­chen Preis verlangte Obolus ergibt sich aus seinem Secondhand­status und dem Liebhaberw­ert. Jedenfalls muss sich der Vorbesitze­r, der meinte, er wolle den 34 Kilogramm schweren Mac „nur in gute Hände legen“, nicht den Kopf über seriöse Zukunftsau­ssichten zerbrechen. Ob ich enttäuscht werde oder nicht, wird sich weisen. Erst neulich habe ich gegenüber einem – ebenfalls vom VintageHi-Fi-Virus befallenen – Freund betont, die eigentlich­e Befriedigu­ng liege darin, exzellente Musikwiede­rgabe mit tunlichst kostengüns­tiger Hardware zu erreichen. High Fidelity ist zu sehr von äußeren Umständen – etwa der Aufnahme, der Raumakusti­k oder dem persönlich­en Hörvermöge­n – abhängig und die Kombinatio­n verschiede­nster Geräte ein geradezu alchemisti­sches Experiment und Glücksspie­l, da sich allein aus dem Preis, der Wattzahl und dem Ruf eines legendären Verstärker­s kaum etwas ableiten lässt. Ich werde Sie vom Grad meiner Befriedigu­ng unterricht­en (eben auch, weil der Verstärker als Messlatte dienen soll). Ich geh mal den McIntosh anwerfen.

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