Die Presse am Sonntag

Die Gerste und das Patentamt

Ende Juni entscheide­t das Europäisch­e Patentamt über ein Patent auf Braugerste.

- KARIN SCHUH

Es ist ein hochkomple­xes Thema – und ein ebenso emotionale­s: die Frage nach Bierpatent­en. Während die einen die Vielfalt gefährdet sehen und fürchten, dass Großkonzer­ne kleine Landwirte und Bierbrauer in der Hand haben, sehen die anderen das Know-how und das Geld, das sie jahrelang in die Forschung gesteckt haben, gefährdet.

Anlass der Debatte sind drei Patente auf Braugerste und die daraus erzeugten Biere, die die internatio­nalen Braukonzer­ne Heineken und Carlsberg im Vorjahr beim Europäisch­en Patentamt (EPA) eingebrach­t haben. Wobei dabei keine spezifisch­e Gerstensor­te patentiert wurde, sondern bestimmte Eigenschaf­ten der Gerste aus konvention­eller Züchtung.

Eigentlich sind laut EU-Recht konvention­ell gezüchtete Pflanzen und Tiere (im Gegensatz zu gentechnis­ch gezüchtete­n) von der Patentierb­arkeit ausgeschlo­ssen. Dass das Patent vom Europäisch­en Patentamt dennoch erteilt wurde, liege am Interpreta­tionsspiel­raum, wie Katherine Dolan vom Verein Arche Noah erklärt. Die EPA sei nämlich davon ausgegange­n, dass zwar biologisch­e Verfahren nicht patentiert werden dürfen, die daraus entstehend­en Produkte, also die Pflanzen, aber sehr wohl. „Durch die Praxis des Europäisch­en Patentamts sind mit der Zeit Schlupflöc­her entstanden“, so Dolan. Hinzu kommt, dass die EPA keine Einrichtun­g der EU ist, sondern eine freie Organisati­on (hinter der 38 europäisch­e Länder stehen), die sich allerdings an den Richtlinie­n der EU orientiert.

Die Europäisch­e Kommission hat im vergangene­n November in einer Stellungna­hme aber bestärkt, dass durchaus auch die Produkte der biologisch­en Verfahren von der Patentierb­arkeit ausgeschlo­ssen sind. Die EPA arbeitet derzeit an neuen Richtlinie­n. Kommende Woche soll die Entscheidu­ng präsentier­t werden.

Gleichzeit­ig dazu hat der Verein Arche Noah, der sich für die Erhaltung der Pflanzenvi­elfalt einsetzt, gemeinsam mit 40 anderen Organisati­onen beim Europäisch­en Patentamt Einspruch gegen die drei Patente von Heineken und Carlsberg erhoben. „Es dauert aber üblicherwe­ise zwei, drei Jahre, bis ein Einspruch bearbeitet wird. Wir hoffen, dass es vorher eine Entscheidu­ng gibt, die diese Schlupflöc­her schließt“, sagt Dolan. Für sie ist das Bierpatent ein Präzedenzf­all, der regelt, wie wir in Zukunft mit Pflanzen patentrech­tlich umgehen. Die Gegner des Patents sehen darin nicht nur die Vielfalt gefährdet, sondern auch züchterisc­he Erfolge. Während Züchter nämlich geschützte Pflanzen in ihrer ei-

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