Wenn die Mäuse flinker sind als die Katze
Der Ölpreis kennt seit fünf Wochen nur eine Richtung: nach unten. Die Opec allein kann das Ruder nicht herumreißen.
In diesem Ausmaß hatte das so gut wie niemand erwartet. Marktbeobachter hatten vielmehr damit gerechnet, dass der Ölpreis nach der Einigung der Opec-Staaten und mehrerer Nicht-Opec-Förderländer Ende Mai, die im Dezember zum ersten Mal beschlossene Förderkürzung bis nächstes Jahr zu verlängern, im Bereich von 50 bis 55 Dollar je Fass der Nordseesorte Brent pendeln werde.
Es kam gänzlich anders. Letztlich fällt der Ölpreis bereits fünf Wochen in Folge. Unterm Strich sackte die Notierung für Brent um über 15 Prozent auf 45,4 Dollar, nachdem sie zur Wochenmitte zum ersten Mal in diesem Jahr sogar unter 45 Dollar gelegen hatte. Für die US-Sorte WTI wurden im Laufe der Woche zeitweise sogar nur noch gut 42 Dollar gezahlt.
Die Abwärtsspirale drehte sich zuletzt derart konsequent, dass sogar Nachrichten, die den Preis eigentlich stützen sollten, wirkungslos blieben: Das US-Energieministerium nämlich hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass die Bestände bei Rohöl aber auch bei Benzin stärker als erwartet geschrumpft sind. Ständig war auf dem Ölpreis zuvor ja auch die Befürchtung gelastet, dass die Nachfrage in den USA schwächle.
Am meisten wird die Ölnotierung freilich von der Angebotsseite gedrückt. Konkret davon, dass die US-Produzenten seit der Preiserholung nach der ersten Opec-Einigung vom Dezember ihre zuvor preisbedingt stillgelegte Förderung aus Schiefergestein wieder in Windeseile hochgefahren haben und nun Öl produzieren, was das Zeug hält. Die Zahl der Bohrungen hat sich seit Jahresbeginn auf 747 mehr als verdoppelt. Nach Angaben der USRegierung ist die Fördermenge auf den höchs- ten Stand seit August 2015 gestiegen. Diese Überproduktion kann auch das Bündnis der Opec- und Nicht-Opec-Länder nicht ausgleichen, obwohl es dieser Tage bekannt gab, dass es das freiwillige Produktionslimit im Mai zu 106 Prozent erfüllte, also übererfüllte.
Die Opec und ihre Verbündeten strampeln sich ab, um die Notierungen nach oben zu treiben. „Zwischen der Opec und den Schieferölproduzenten entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel“, bringt es Eugen Weinberg, Chef-Rohstoffstratege der Commerzbank, gegenüber dem deutschen „Handelsblatt“auf den Punkt. Die Amerikaner würden nur lauern, um weitere Teile ihrer Produktion über Monate abzusichern. Weinberg: „Das Problem für die Katze ist, dass die Mäuse einfach zu flink sind und dass es zu viele von ihnen gibt.“