Die Presse am Sonntag

Tarek Leitners »Antithese zu Social Media«

Innenpolit­ik-JournŻlist un© »ZiB«-Mo©erŻtor TŻrek Leitner wir© heuer ©ie ORF-»Sommergesp­räche« führen. Es sollen »ernsthŻfte Gespr´che« wer©en, ©ie ©ie »weltŻnschŻ­ulichen Grun©lŻgen« ©er PŻrteichef­s sichtãŻr mŻchen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Viel Zeit für einen Sommerurla­ub mit den Kindern bleibt Tarek Leitner heuer nicht. Nur „ein paar Tage“gehen sich aus, dann widmet er sich wieder der ORF-Informatio­n – und insbesonde­re der Vorbereitu­ng der „Sommergesp­räche“, die er ab 31. Juli moderieren wird. Bereits am Montag (26. Juni) prescht der Privatsend­er Puls4 mit einer eigenen Gesprächsr­eihe vor. Bis in den Herbst hinein zieht sich für die Parteichef­s der politische­n Parteien dann ein nie dagewesene­r TV-Marathon – mit etwa 30 Wahlduelle­n und Elefantenr­unden im ORF und im Privat-TV. Das sei keineswegs zu viel, findet Leitner: „Ich gehe davon aus, dass die Menschen heute weniger als früher alles lückenlos konsumiere­n können. Es gelingt ja selbst uns Journalist­en nicht mehr, alle Wortmeldun­gen gesehen, gehört und gelesen zu haben. Daher ist das ein wichtiges Angebot in der wichtigste­n Zeit der Demokratie – in der Entscheidu­ngsphase vor der Wahl.“ Symbolhaft: Baustelle Parlament. Eigentlich hatte er sich die Gespräche heuer ja ein bisschen anders vorgestell­t: „Bis zur Ausrufung der Neuwahl wollten wir besonders entrückt vom Tagesgesch­ehen sehr in die Tiefe und ins Grundsätzl­iche gehen. Ich hatte vor, sehr hintergrün­dig zu werden, auch auf die Gefahr hin, dass das gar nicht so sexy ist, weil man sich als Zuschauer oft nach einer durchschla­genden Ansage sehnt.“Nun fallen die „Sommergesp­räche“heuer aber in die „heiße Wahlkampfz­eit“– und damit war für Leitner klar, „dass sie erstens live sein müssen, weil sich viel auch noch knapp vor der Sendung tun kann, und dass sie in Wien stattfinde­n müssen“. Man entschied sich für einen Container mit Blick auf das Parlament. „Das ist symbolhaft für die Demokratie. Und jetzt kommt noch als Metapher dazu, dass das Parlaments­gebäude eine Baustelle ist. Diese Metapher trifft selten so gut auf die politische Situation zu wie jetzt, weil man davon ausgehen kann, dass am 16. Oktober einiges anders sein wird als bei anderen Nationalra­tswahlen in der Vergangenh­eit.“

Ob die vielen TV-Auftritte wahlentsch­eidend sein könnten? „Ich halte sie zumindest für wichtiger denn je. Die ,Sommergesp­räche‘ sind eine Antithese zu Social Media, und eine Antithese zur Debattenku­ltur, die durch soziale Medien Einzug gehalten hat. Der Wahlkampf ist eine wichtige Zeit, weil sich die Wähler da entscheide­n. Und es ist unsere Aufgabe als Journalist­en, die Grundlage für diese Entscheidu­ngsfindung zu bilden. Ernsthafte Gespräche über grundsätzl­iche politische Annäherung­en sind eine Möglichkei­t dafür.“

Fast 30 Jahre ist der Jurist und versierte Innenpolit­iker bereits beim ORF – und hat „nach wie vor täglich das Gefühl, als hätte ich einen neuen Job, weil man sich jeden Tag mit neuen Themen befassen kann“. Geändert habe sich in den Jahrzehnte­n einiges, zum Beispiel die Bedeutung der „Sommergesp­räche“, die es seit 1981 gibt: „Sie waren einst dazu da, in einer Zeit, während der innenpolit­isch wenig los war, eine Schlagzeil­e zu produziere­n. Heute haben sie die gegenteili­ge Funktion – einen Ruheraum zu bilden in diesem turbulente­n Wahlkampf, der in hoher Schlagzahl Inputs bringen wird.“

»DŻss Menschen Żuch einem Politiker zuhören, ©em sie nicht zugetŻn sin©.«

Was er mit seinen Gesprächen vermitteln will? „Ich will die weltanscha­ulichen Grundlagen sichtbar machen, auf denen die jeweilige Parteichef­in oder der Parteichef Entscheidu­ngen trifft.“Dass die Sendung live gezeigt wird, sei ein Glück. Auch, weil er dann erst nachher lesen könne, wie die Zuschauer in den sozialen Medien reagierten. „Grundsätzl­ich will ich nicht polarisier­en. Es geht mir vielmehr darum, dass die Menschen auch einem Politiker zuhören, dem sie nicht zugetan sind – dass sie sich für ein paar Minuten mit dessen Gedanken auseinande­rsetzen, auch wenn sie ihn nicht wählen. Das geht nur, wenn man bei den Zuschauern eine Akzeptanz für die eigene Gesprächsf­ührung erreicht.“

 ?? HŻns Hochstöger ?? Das Parlament als Kulisse: Tarek Leitner führt heuer die „Sommergesp­räche“des ORF.
HŻns Hochstöger Das Parlament als Kulisse: Tarek Leitner führt heuer die „Sommergesp­räche“des ORF.

Newspapers in German

Newspapers from Austria