Die Presse am Sonntag

Brother!«

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Und das Schlafzimm­er liegt bei uns etwas anders. Ansonsten ist es ziemlich nahe dran. Wir haben Schwarz-WeißFotos unseres Sets an den Giacometti­Experten Michael Peppiatt geschickt, er hielt sie für Aufnahmen des Originals. Sie spielen in Blockbuste­rn wie „Transforme­rs“mit und drehen einen Film über Giacometti. Wie lässt sich das vereinbare­n? Man kann bei jedem Job etwas lernen. Entweder, wie man etwas machen soll, oder wie nicht. Natürlich geht eine Großproduk­tion wie „Transforme­rs“nicht spurlos an einem vorüber, besonders, wenn jemand wie Michael Bay Regie führt. Seine filmtechni­schen Kenntnisse sind beeindruck­end. Dank der nicht mehr zu sehen waren. Für alle stand übrigens seine Frau Annette Modell, die er 1942 in Genf kennenlern­te und 1949 heiratete. 1993 starb sie, ihre gemeinsame Giacometti-Stiftung verwaltet das Werk seither. Postumes Dankeschön in der Tate. Der Stiftung gehören auch die sechs Gipsfigure­n, von denen nach ihrem venezianis­chen Auftritt Bronzen gegossen wurden, was ihre Oberfläche in Mitleidens­chaft zog. Just in dem Jahr, in dem die Abwesenhei­t Giacometti­s im Schweizer Pavillon thematisie­rt wird, auch von der Bildhaueri­n Carol Bove, die sich in ihren blauen Skulpturen im Pavillon ebenfalls auf Giacometti­s „Frauen von Venedig“bezieht, werden sie erstmals wieder ausgestell­t – und zwar in London, anlässlich der großen, noch bis 10. September laufenden Giacometti-Retrospekt­ive in der Tate Modern.

Die in einer strengen Reihe nebeneinan­der zu präsentier­enden sechs Gips-Frauen wurden eigens dafür restaurier­t. Für Frances Morris, die neue Direktorin der Tate Modern, ist das „der Budgets seiner Filme kann er so gut wie alles machen, was er will. Ich liebe seine Spontaneit­ät. In seiner Arbeit mit Schauspiel­ern ist er gar nicht so weit von mir entfernt, nur dass er mehr schreit als ich. Aber das liegt an seiner Begeisteru­ng für die Sache. Ein Beispiel? Michaels Gespür für Bildgestal­tung und Kameraführ­ung ist unglaublic­h. Mitten im Dreh sagt er: Gebt mir die Kamera. Dann kniet er sich hin, findet die Einstellun­g, passt alles an – und ruft Action. Später sieht man das Bild und staunt, weil es so prägnant ist und niemand auf dieselbe Idee gekommen ist. Das hat mich sehr inspiriert. Coup“dieser Schau, die sie gemeinsam mit Catherine Grenier, Direktorin der Giacometti-Foundation, kuratierte – wieder zwei Frauen also.

Die beiden haben sich vorgenomme­n, unseren so eingesehen­en Blick auf Giacometti wieder aufzufrisc­hen: Man soll ihn nicht nur als teuersten Bildhauer der Welt (seine Werke kosteten bisher auf dem Auktionsma­rkt bis zu 74 Mio. Euro), also als Schöpfer seiner charakteri­stischen gelängten Bronze-Figuren sehen. Sondern seine Vielfalt entdecken, vor allem seine Liebe zu Ton und Gips. Was mittels der 250 für diese Ausstellun­g zusammenge­tragenen Werke gelingen sollte. Zur Tate hatte Giacometti ein besonders intensives Verhältnis, er „liebte sie“, so Morris. Man begann auch früh, ihn intensiv zu sammeln, früher als es manche französisc­he Museen taten, was er mit großzügige­n Schenkunge­n vergalt. In der Tate fand 1965 auch die letzte Retrospekt­ive vor seinem Tod statt. Diese Ausstellun­g jetzt soll, so Morris, auch ein gewisses postumes Dankeschön für diese Verbundenh­eit sein.

 ?? Filmladen ?? Geoffrey Rush (re.) als Alberto Giacometti im Nachbau von dessen Pariser Atelier. Armie Hammer (li.) spielt den Freund, der ihm Modell steht.
Filmladen Geoffrey Rush (re.) als Alberto Giacometti im Nachbau von dessen Pariser Atelier. Armie Hammer (li.) spielt den Freund, der ihm Modell steht.

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