Culture Clash
FRONTNACHRICHTEN AUS DEM KULTURKAMPF
Stolze Amerikaner. Eine detaillierte Studie zeigt das beeindruckende Ausmaß der Integration von Muslimen in den USA. Es wäre gut, die Grundlagen und Grenzen dieses Erfolgs zu studieren.
Das Pew Research Institute bemüht sich als einer der renommiertesten Meinungsforscher der USA um professionellste Standards bei seinen Umfragen zu Religion und Gesellschaft. Die soeben veröffentlichte Studie zu Muslimen in den USA kann daher als sorgfältig gemacht gelten. Sie gibt zu denken: 92 Prozent der Muslime in den USA sind stolz darauf, Amerikaner zu sein. Damit sind sie ebenso patriotisch wie die Gesamtbevölkerung. Dieser Wert ist seit 2007 gleich geblieben, obwohl heute deutlich mehr Muslime von Anfeindungen aufgrund ihrer Religion berichten oder meinen, dass es für ihre Minderheit in den USA schwerer werde (die 3,25 Millionen Muslime machen rund ein Prozent der Bevölkerung aus).
Natürlich zeigt die Studie auch Problemfelder. Sechs Prozent sind nur stolz darauf, Muslim, aber nicht Amerikaner zu sein. Und es sind eher Frauen als Männer, die sich als angefeindet wahrnehmen. Und sie sind auch deutlich traditioneller als die Männer, wenn es darum geht, was wesentlich für das Muslimsein ist, etwa das Tragen sittsamer Kleidung. Doch in vielen Details zeigt sich, dass so etwas wie ein kultureller Sog auf die Muslime wirkt: Nur 36 Prozent sagen, dass alle oder die meisten ihrer Freunde ebenfalls Muslime seien. Vor zehn Jahren waren es noch 47 Prozent. 53 Prozent der USMuslime sind für die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexualität – ihre Zustimmung wächst so schnell, dass bei gleichbleibendem Trend in zehn Jahren kein Unterschied zum amerikanischen Mainstream mehr zu erkennen sein wird. Politische Gewalt lehnen die Muslime eindeutiger ab als der US-Durchschnitt. Und dabei sind sie mehrheitlich ernsthaft gläubig und praktizieren ihre Religion ähnlich intensiv wie die Christen in den USA (was hierzulande manchmal schon reicht, um als fundamentalistisch klassifiziert zu werden).
Wie immer bei Umfragen muss das Gesagte nicht exakt dem tatsächlich Gefühlten entsprechen. Trotzdem würde es sich auszahlen, die in der Studie offenbar werdenden Zeichen gelingender Integration wahrzunehmen und ihre Bedingungen und Gefährdungen eingehend zu analysieren. Auch wenn es nicht Narren davon abhalten wird, Attentate zu begehen, wie etwa Omar Mateen, der in einem Nachtclub in Florida, Orlando, 49 Menschen erschossen hat. Aber das gelingt der Mehrheitsgesellschaft auch in den eigenen Reihen nicht. Wie das Beispiel Anders Breivik in Norwegen zeigt. Oder das des Briefbombers Franz Fuchs, der mit vier Todesopfern und 15 Schwerverletzten in Österreich mehr angerichtet hat als je ein Islamist. Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.