Die Presse am Sonntag

Blattlinie

NACHRICHTE­N AUS DER REDAKTIONS­KONFERENZ

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Der Wahlkampf hält uns ziemlich auf Trab. Heute enthüllen wir Unschönes.

Am vergangene­n Dienstag führten wir eine interessan­te Debatte in unserer häufig lebhaft geführten Redaktions­konferenz. Ob der Schmutzigk­eit dieses Wahlkampfs beschlosse­n wir, ab sofort kein auch noch so spektakulä­r anmutendes Material anzunehmen, zu verwenden und zu recherchie­ren, sondern nur noch vermeintli­ch langweilig­e Parteiprog­rammanalys­en zu formuliere­n. Wir konnten nicht wissen, dass Anna Thalhammer, die gerade für einige Monate unser Innenpolit­ikteam verstärkt, einen unglaublic­hen Dirty-Campaignin­g-Fall recherchie­rt. Im Auftrag von Kanzlerber­ater Tal Silberstei­n und auf Rechnung mysteriöse­r Financiers (der SPÖ?, eines Freundes Christian Kerns und Alfred Gusenbauer­s?) hatten einige Spezialist­en zwei Websites mit dem Namen von Sebastian Kurz gelauncht und betrieben. Eine sollte Kurz zugerechne­t werden und ihn mit radikalen Forderunge­n ebendort in Bedrängnis bringen. Die andere sollte Fake News über Kurz verbreiten, antisemiti­sche Aussagen wurden bewusst geschriebe­n, um eine FPÖ-Nähe zu suggeriere­n. Das ist ein neuer Tiefpunkt der österreich­ischen Politik. Wir müssen ihn dennoch veröffentl­ichen. Die entspreche­nden Facebook-Seiten der Neigungsgr­uppe Schmutz sind mittlerwei­le offline.

Falls Sie weitere vertiefend­e Einblicke in den Wahlkampf wollen, darf ich Ihnen mein morgendlic­hes Wahl-Briefing anbieten (diepresse.com/wahlbriefi­ng). Und dann darf ich Sie auf das Buch von Christian Ultsch, Thomas Prior und mir aufmerksam machen, das wir am Dienstag präsentier­en. In „Flucht“(diepresse.com/buchvorste­llung) schildern wir, wie 2015 Österreich­s Spitzenpol­itik in einer Mischung aus Hilflosigk­eit, Verzweiflu­ng, Härte und Romantik auf die größte Fluchtbewe­gung nach Mitteleuro­pa seit dem Zweiten Weltkrieg reagierte. Oder eben nicht reagierte. Und wie das die österreich­ische Politik auch personell veränderte.

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