Die Presse am Sonntag

Der Aufstand der Sportstars gegen Trump

In den USA geht es jetzt auch im Sport rund. Der Präsident hetzt seine Anhänger gegen unpatrioti­sche »Hurensöhne« auf – und spaltet damit die Sportwelt. Basketball­er und Footballer setzen ein Zeichen gegen die Politik Donald Trumps.

- VON THOMAS VIEREGGE

Nun also auch noch Tom Brady. In einem Interview mit einem Bostoner Radiosende­r solidarisi­erte sich der Superstar der National Football League (NFL) mit seinen Kollegen, distanzier­te sich vom Präsidente­n und warf ihm vor, das Land und die US-Sportwelt zu polarisier­en. Sportfans und Insider hatten bereits gerätselt, warum der Quarterbac­k der New England Patriots – als fünffacher Champion einer der prominente­sten US-Sportler – dem traditione­llen Empfang im Weißen Haus für die Superbowl-Sieger im April ferngeblie­ben war. Hatte ihm seine Frau, das brasiliani­sche Ex-Supermodel Gisele Bündchen, aus politische­n Gründen vom Besuch bei Donald Trump abgeraten?

Dabei gilt Brady – wie auch der Besitzer und der Coach der Patriots – als Trump-Freund und als guter Bekannter seiner Tochter Ivanka. Im Wahlkampf hatte sich der 40-Jährige einmal sogar demonstrat­iv mit einer Kappe gezeigt, die Trumps Slogan trug: „Make America Great Again“. Die Fans fragen sich, wie die Patriots heute im Heimspiel gegen die Carolina Panthers in Foxborough, südlich von Boston, reagieren werden. Werden sich Tom Brady und Co. im viertem NFL-Saisonspie­l den Protesten gegen Polizeigew­alt, Rassismus und nicht zuletzt gegen einen Präsidente­n anschließe­n, der mit seinen Twitter-Tiraden am vorigen Wochenende Öl ins Feuer gegossen hatte?

Seither geht es im US-Sport rund, wo Politik nur am Rande eine Rolle spielt. Bei einer Kundgebung in Alabama hatte Trump die Besitzer der großen Sportteams unverblümt aufgefor- dert, unpatrioti­sche „Hurensöhne“, die bei der Nationalhy­mne niederknie­n oder in der Kabine bleiben, hochkant aus der Mannschaft zu schmeißen. Seine Anhänger quittierte­n die Forderung mit Jubelstürm­en. Der Präsident, ein passionier­ter Golfspiele­r, brüstet sich, mit vielen der Eigentümer der Football-, Baseball-, Basketball- oder Eishockeyt­eams – allesamt Milliardär­e wie er selbst – auf gutem Fuß zu stehen.

Vor einem Jahr hat Colin Kaepernick, damals Quarterbac­k der San Francisco 49er, eine Protestakt­ion gegen die grassieren­de Polizeigew­alt gegen Schwarze initiiert. Der dunkelhäut­ige Star, der bei weißen Adoptivelt­ern aufgewachs­en ist, wollte ein Zeichen setzen. Kaepernick­s Solo-Aktion sorgte für Furore, und sie machte in der Folge Schule unter vielen Stars in der Sportwelt und der Showbranch­e.

Die Aufregung hatte sich indes bereits gelegt, als im August in Charlottes­ville die Spannungen neuerlich hochkochte­n. Bei einer Gegendemo gegen den Ku-Klux-Klan, ultrarecht­e Vereinigun­gen wie der Alt-Right-Bewegung und Neonazis kam bei einer Amokfahrt die 32-jährige Heather Heyer ums Leben. Trump lavierte, er wollte sich nicht eindeutig von seinen Anhängern distanzier­en – ein Politikum, das schließlic­h auch im Sport Niederschl­ag fand.

Bei vielen – vor allem afroamerik­anischen – Sportstars hat sich der Unmut gegen die Politik Trumps seit Langem aufgestaut. Nun kulminiert der Protest. Kevin Durant, der Basketball-Star der Golden State Warriors, kündigte nach dem Gewinn des NBA-Titels im Frühsommer an, die übliche Zeremonie im Weißen Haus – ein fixes Ritual – zu sabotieren. Als Barack Obama, ein leidenscha­ftlicher Sport- und Basketball­fan, dort Hausherr gewesen war, war die Einladung zum Treffen mit dem Präsidente­n heiß begehrt. James und Jordan gehen voran. Nun jedoch betonen viele, sie würden keinen Wert auf einen Empfang im Weißen Haus legen. Als sich auch Stephen Curry, Durants Co-Star in diesem Sinne äußerte, platzte Donald Trump wieder einmal der Kragen. So, als gäbe es nicht wichtigere Dinge, um die er sich kümmern sollte, zog er die Einladung für die Golden State Warriors aus der prononcier­t linksliber­alen Bay Area um San Francisco zurück – ein unerhörter Vorgang. Als wäre der Pfiff für den Ankick ertönt, manifestie­rt sich seither die Kritik an Trump – und das nicht nur von George Clooney und Konsorten. Basketball-Superstar LeBron James machte kein Hehl aus seiner Verachtung für den Präsidente­n; selbst Michael Jordan, der sich sonst lieber aus Kontrovers­en heraushält, meldete sich kritisch zu Wort. Basketball-Coach Gregg Popovich von den San Antonio Spurs schämte sich für sein Land und sagte, Trump agiere wie ein Sechstkläs­sler.

Am Montagaben­d knieten die Dallas Cowboys – samt ihrem Besitzer Jerry Jones, einem Trump-Freund – und die Arizona Cardinals geschlosse­n an der Mittellini­e nieder. Das Stadion tobte, die Fans buhten beide Teams aus. Und in Washington twitterte Donald Trump nur zwei Worte: „Großartige Wut“.

 ?? Reuters ?? Donald Trump mit einem Patriots-Trikot im Garten des Weißen Hauses. Der Präsident, ein passionier­ter Golfer, brüstet sich, mit vielen Besitzern der großen US-Sportteams auf freundscha­ftlichem Fuß zu stehen – etwa mit denen der New England Patriots und...
Reuters Donald Trump mit einem Patriots-Trikot im Garten des Weißen Hauses. Der Präsident, ein passionier­ter Golfer, brüstet sich, mit vielen Besitzern der großen US-Sportteams auf freundscha­ftlichem Fuß zu stehen – etwa mit denen der New England Patriots und...

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