Die Presse am Sonntag

Sechs Erbsen und sehr viel Petersilie

Wenig Platz, kein Aufwand, viel Sonne: Auf dem Balkon wächst erstaunlic­h viel.

- VON MIRJAM MARITS

Keine bleibt lang bei uns. Der Kaktus nicht, der Weihnachts­stern auch nicht. Nur die IkeaPflanz­e, der es völlig egal ist, ob man sie mehrmals täglich oder auch wochenlang gar nicht gießt, überlebt meinen nicht vorhandene­n grünen Daumen seit Jahren bravourös. (Vielleicht ist sie doch aus Plastik, wer weiß?)

Drinnen also läuft es pflanzente­chnisch schlecht, draußen auf dem Balkon aber: ein kleines Paradies, trotz talentfrei­er Hauptveran­twortliche­r. Viel geht sich auf so einem mittelklei­nen Großstadtb­alkon nicht aus, und doch finden sich neben Tisch, Sesseln und den vom Kind ausgewählt­en Zierblumen zwei, drei Ecken, in denen wir Gemüse und Obst anpflanzen.

Die Auswahl erfolgt dabei völlig willkürlic­h. Was uns gerade als Erstes über den Weg läuft, wird gekauft, eine Erdbeerpfl­anze hatten wir noch vom Vorjahr, sie überstand wider Erwarten den Winter drinnen in meiner Obhut, eine zweite kam dazu. Meist setzen wir einige Tomaten- und Paprikapfl­anzen ein, säen ein paar Samen, unter anderem Erbsen, die wir in einem dänischen Krimskrams­geschäft gekauft haben. (Im Vorjahr war noch Kohlrabi dabei, den haben aber die Blattläuse für sich reklamiert.)

Angeordnet werden Gemüse, Obst und Kräuter nach dem Prinzip „Dort, wo noch Platz ist“. Ich lese keine „Unser Garten am Balkon“-Ratgeber, in denen steht, welche Kräuter man keinesfall­s oder unbedingt neben welchem Gemüse pflanzen sollte. Wir düngen nicht, verwenden keine spezielle Erde, haben keine Ahnung, welche Pflanze Sonne oder eher Schatten braucht. Kurz: Spezialser­vice darf sich, wer sei- ne Wurzeln bei uns auf dem Balkon im zweiten Stock schlägt, nicht erwarten. Wir bieten Nachmittag­ssonne und gießen bei Hitze mehr, bei Regen weniger.

Für diesen Minimalauf­wand ist die Ausbeute nahezu erstaunlic­h: Tomaten gab es den ganzen Sommer über, zuletzt auch Paprika, die eine Erdbeerpfl­anze versorgte uns früh, die andere spät (eben erst, im kühlen September) mit Erdbeeren. Und im Juli konnten wir Erbsenreis mit eigenen Erbsen zubereiten, wobei wir, da der Ertrag doch überschaub­ar war (auf dem Bild sehen Sie unsere komplette Ernte), Tiefkühlwa­re dazuschumm­eln mussten.

Jetzt, da alles geerntet ist, wagt sich noch ein buschiges Grün aus dem Blumenkist­erl, von dem mir erst nach Tagen einfiel, dass es wohl die Petersilie sein muss, die wir im März gesät haben. Ein spätes Geschenk von unserem Schmalspur­garten auf dem Balkon.

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