»Erfolg nur ohne Sicherheitsnetz«
In »The Greatest Showman« spielt Hugh Jackman den amerikanischen Zirkuspionier P. T. Barnum, der nie das Risiko scheute – eine Rolle, die den Schauspieler auf Anhieb faszinierte und ihn etwas wehmütig zurückblicken lässt, was er selbst früher anders mache
Ihr neuer Film „The Greatest Showman“ist ein opulentes Musical über die Geburt des Showbusiness. Das klingt nach einem Film, der wie für Sie gemacht ist, oder? Hugh Jackman: Tatsächlich ist es schon sieben Jahre her, dass mir Produzent Larry Mark zum ersten Mal vom Projekt erzählte. Ich war auf Anhieb begeistert, denn Rollen dieser Art, mit Tanz und Gesang, hatte ich zwar auf der Bühne schon gespielt, aber nicht fürs Kino. Damals war ja sogar „Les Miserables“´ noch Zukunftsmusik. Mich faszinierte aber auch der Mann, den ich verkörperte. P. T. Barnum war ein Show- und Geschäftsmann, der diesen legendären Zirkus gründete. Ein spannender Typ, der Möglichkeiten in Menschen und Situationen sah, die niemand anderes zu erkennen schien. Und der nie das Risiko scheute. Was war eigentlich das größte Risiko, das Sie im Showgeschäft je eingegangen sind? Vom subjektiven Gefühl her war es, als ich 2009 die Oscar-Verleihung moderierte. Klar, ich war schon auf Bühnen gestanden. Aber das Wissen, dass ein Milliarden-Publikum zuschaut, war schon heftig. Zumal ich kein Billy Crystal bin, keiner dieser Komiker, die sonst meist durch den Abend führen. Ich hatte das Gefühl, dass ich mit diesem Job mehr zu verlieren als zu gewinnen habe. Aber wie schon P. T. Barnum wusste: Echter Erfolg kann sich nicht einstellen, wenn man sich die ganze Zeit auf ein Sicherheitsnetz verlässt. Obwohl „The Greatest Showman“im 19. Jahrhundert spielt, hören sich die Songs sehr modern an. Ist das nicht unpassend? Ich glaube, dass das in Barnums Sinn gewesen wäre. Der war ja seiner Zeit weit voraus. Er war Populist und Geschäftsmann mit dem richtigen Riecher. Dem ging es darum, ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Er wäre der erste gewesen, der gesagt hätte: verwendet bloß keine Musik von 1850. Will doch keiner hören. Womit er ja recht hat. Ich kann garantieren, dass meine elfjährige Tochter sich nur deshalb für den Film begeistert, weil die Songs auf Pop setzen. Alles andere hätte „The Greatest Showman“wie ein Museumsstück wirken lassen. Welcher musikalischen Ära fühlen Sie selbst sich denn am nächsten? Wie die meisten Menschen werde ich die Musik meiner Schulzeit nicht los, also in meinem Fall Pop aus den Achtzigern. Das war die Zeit der ersten Par-
Hugh Jackman
(geb. 1968) ist vor allem durch seine Rolle als Wolverine in der „X-Men“-Filmreihe bekannt, daneben spielte er auch erfolgreich in Musicals wie „Les Mis´erables“.
Aktueller Film:
Im Musicalfilm „The Greatest Showman“spielt der Australier den Zirkuspionier P. T. Barnum. Der Film startet am 1. Jänner in Österreichs Kinos. tys, der ersten Joints, der ersten Liebschaften. Davon abgesehen entspricht mein Musikgeschmack oft dem von elfjährigen Mädchen. Wenn meine Tochter Songs aus Musicals wie „Wicked“mitsingt, stimme ich jedenfalls mit ein. Singen, tanzen, Musicals – dem Klischee nach ist das unmännlich. Haben Sie jemals damit angeeckt? In den Siebzigern entdeckte ein Lehrer mein Talent fürs Tanzen und empfahl mir, eine entsprechende Schule zu besuchen. Als ich meinem Vater davon erzählte, beschimpfte mein großer Bruder mich als „verweichlicht“. Für mich war damit klar, dass ich das mit dem Tanzen lieber lasse. Sieben Jahre später war ich mit den beiden im Musical „42nd Street“– und meinem Bruder fiel ein, was er damals gesagt hatte. Er entschuldigte sich und meinte, es sei dumm von mir gewesen, dass ich mich davon hatte beeinflussen lassen. Am nächsten Tag habe ich mich zum Tanzunterricht angemeldet. Haben Sie es bereut, den Schritt nicht schon sieben Jahre früher gegangen zu sein? Klar. Sieben Jahre machen einen Unterschied. Das ist wie beim Tennis: Man kann nicht mit 18 Jahren anfangen und noch Profi werden. Sicher, ich stand am Broadway auf der Bühne und habe getanzt. 2003 habe ich sogar den Fred Astaire Award gewonnen. Aber ich habe mich zeitlebens nie als echter Tänzer gefühlt und hatte auch nie das Gefühl, dass es sonst jemand tat. Das wäre sicher anders, wenn ich als Zehnjähriger mit dem Tanzen angefangen hätte. Aber Sie haben doch auch schon damals nicht daran gezweifelt, dass es Sie mal ins Showgeschäft verschlagen würde, oder? Es war etwas diffuser. Mein Vater ist Anhänger dieser evangelikalen Erweckungsbewegung und nahm mich als Jugendlicher immer mal wieder mit zu deren Gottesdiensten. Das waren ja im Grunde auch Shows auf einer großen Bühne, und irgendwie hatte ich damals das Gefühl, dass ich eines Tages auch vor Publikum stehen würde. Wobei ich nicht ans Predigen dachte, sondern Rockstar werden wollte. Ich dachte, dass mein eher dürftiges Gesangstalent dafür reichen dürfte.