Der lange Lauf ins Glück
Teresa Stadlober, 24, ist Österreichs größtes Loipenversprechen, die Ankunft in der Weltspitze mit Podestplätzen ist für die Langläuferin nur ein Etappenziel. Sie will Vorbild sein und ihre eigene Erfolgsgeschichte schreiben.
Teresa Stadlober ist der Stern in Österreichs Loipen. Erstmals seit 1999 ist wieder eine ÖSVLäuferin in der Weltspitze unterwegs, im Rahmen der Tour de Ski sogar auf dem Podest gelandet. Die Salzburgerin, 24, feierte Top-10-Platzierungen in Serie, in diesem Olympiawinter ist sie im Gesamtweltcup Fünfte. An ihr laufen nur noch die Weltstars vorbei. Der Radstädterin macht Langlauf Spaß, sie beherrscht und liebt jede Technik. Sie besitzt das zwingend nötige Geschick, sich mental auf Rennen vorzubereiten, „ich weiß, dass Schmerz, Qual oder Anstiege kein Problem für mich darstellen“. Auch ist ihr der Begriff der Nervosität vollkommen fremd: „Wieso denn, ich freu mich doch, wenn es ein Rennen gibt.“
In ihrer Familie genießt Sport großen Stellenwert. Die Liebe zur Bewegung kam von ihren Eltern, beide einst erfolgreiche Athleten. Mutter Roswitha war Slalomfahrerin, gewann zweimal den Disziplinenweltcup. Vater Alois ist eine Langlauf-Ikone, war der „Klassiker“des Ramsau-Dreamteams von 1999, das WM-Gold gewann. Er ist ihr Trainer, zeigt Tricks, gibt Tipps. Läuft ein Rennen, steht er immer irgendwo an der Loipe, fiebert mit, schreit, telefoniert oder hält einem anderen einen Ersatzstock parat. Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten oder Loipengespräche am Esstisch sind für Teresa
Familie
Teresa Stadlober (*1. Februar 1993) ist die Tochter von Roswitha Steiner und Alois Stadlober. Seit 2000 ist sie auf Langlaufskiern unterwegs.
Gold
Bei der Junioren-WM in Liberec 2013 lief sie über 5 km Skating zu Silber, im Skiathlon gewann sie Gold.
Weltcup
Seit November 2013 läuft sie in der Elite mit, 2018 stand sie erstmals auf dem Podest und wurde Fünfte der Tour de Ski.
Olympia
In Korea ist sie nach Sotschi 2014 zum zweiten Mal bei Winterspielen dabei. kein Problem. Sie sagt, dass die Beziehung „perfekt funktioniere“, und wenn es nicht so wäre, sie doch längst einen anderen Betreuer hätte. Auch in die Wiege wollte sie nichts gelegt bekommen haben bis auf die Genetik. Sie hat sich ihre Position selbst erarbeitet.
Dass Stadlober senior trotzdem parallel dazu seinen Weg geht, zum Wohl der Tochter auch mit dem Verband aneckt, sind Anekdoten, die neben dieser Erfolgsgeschichte auch zum Schmunzeln anregen. „Bei uns dreht sich wirklich alles um Sport.“ Jedes Rennen ein Genuss. Schwimmen, Tennis, Judo, Skifahren, sie hätte alles ausprobiert, ehe sie sich 2000 für Langlauf entschied. Bezirksrennen und Heerscharen von Freunden, die beim Klub auftauchten, hätten den Ausschlag gegeben. Bereut habe sie diesen Entschluss nie. „Warum denn“, fragt sie und erklärt, durch den Langlauf die Welt gesehen und sehr viele Menschen getroffen zu haben. Obwohl ihr kaum Freizeit („ein Tag pro Woche“) bleibt, sei sie mit der Situation, allen voran aber ihren Fortschritten in diesem Olympiawinter, „maximal zufrieden“.
Rennen wären kein stures In-denWald-laufen mehr. Sie verlangen Taktik, Wachs, Schliff, Kraft, Ausdauer sowie das Wissen, welche Passagen entscheidend sein könnten für Antritte. Langlauf sei auch kein Bürojob, man müsse es nicht nur können, sondern vor allem auch wollen. Mitunter hört man bei ihren Ausführungen ein paar der motivierenden Loipenvokabel heraus, die vor zwei Jahrzehnten schon der Vater bemüht hatte. Glauben, Wollen, Spaß, Verlangen – Teresa Stadlober aber läuft für sich. Für ihren Vater, der darauf achtet, dass nur das beste Material herangekarrt wird, muss weiterhin jedes Rennen ein Genuss sein.
Weng, Björgen, Pärmäkoski etc. – Stadlober weiß, dass die anderen die Superstars und Top-Favoriten sind. Auch läuft Respekt einher, wenn sie neben ihr in der Spur auftauchen. Doch die Salzburgerin hat mit ihren Leistungen gezeigt, dass sie Können, Gabe und Willen besitzt, nicht nur mitzulaufen. An Ausdauer oder nötiger Kraft für Langdistanzen („Sprints mag ich nicht“) mangelt es nicht, jetzt entscheiden Form, Tagesverfassung und Material. Auch Ortskenntnis oder Zeitverschiebung, wie ihr Vater einwirft, seien in der Vorbereitung essenziell.
Was sich mit Gold bei der Junioren-WM 2013 als Versprechen angekündigt hatte, ist in der Olympiasaison zur Podestplatzhoffnung herangereift. Dass sie in Pyeongchang – die Winterspiele beginnen am 9. Februar – eine Medaille gewinnen könnte, ist möglich. Es zu erwarten, wäre „vermessen. Es fehlt noch immer bisserl Konstanz“.
Korea ist Neuland für sie. Wie ist der Schnee, sind die Anstiege („Auf der 3,75-km-Schleife liegen sie mir gut“), welches Wachs muss her? Am 3. Februar steigt die Loipenfamilie ins Flugzeug, beginnt das Abenteuer. Bei der WM 2017 in Lahti merkte sie, dass sie in der Weltspitze angekommen war. Jetzt hat es Stadlober geschafft, dort Fuß zu fassen. In Korea erfolgt der erste Anlauf, die Loipenwelt auf den Kopf zu stellen und als erste Österreicherin nach Maria Theurl 1999 auf das Podest zu laufen. Wenn es misslingt, waren es höchst lehrreiche Kilometer für ihr geplantes Ziel: „Bei der WM 2019 in Seefeld will ich eine Medaille gewinnen.“
Die Geschichte ist in Wahrheit vorgeschrieben. 20 Jahre nach dem Papa Edelmetall auf heimischem Boden zu gewinnen, wäre einzigartig. Den Namen empfand sie nie als Belastung, diese Medaille würde aber alles umdrehen. „Dann fragen die Leute nicht mehr, ob ich die Tochter von dem und der bin, dann fragen sie Papa, ob er der Vater der tollen Langläuferin ist . . .“